Kundgebung

Wertheim: Landrat sichert Unterstützung für Notfallversorgung zu

Rund 400 Menschen nahmen am Samstagmittag an einer neuerlichen Kundgebung zur medizinischen Versorgung in Wertheim teil.  Das Aktionsbündnis erneuert schwere Vorwürfe an die Landespolitik.

Von 
Kai Grottenthaler
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Kundgebung vor der Wertheimer Stiftskirche. Im Bild Mitte rechts Landrat Christoph Schauderneben Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez. © Kai Grottenthaler

Wertheim. Rund 400 Menschen hatten sich am Samstag auf dem Platz vor der Stiftskirche eingefunden. Doch im Vergleich zur ersten Demonstration vor genau zehn Wochen hatten sich die Vorzeichen grundlegend verändert. Der Erhalt der Rotkreuzklinik als Grund- und Regelversorger ist inzwischen vom Tisch. Ein zentrales Ziel des Aktionsbündnisses ist es nun, die Notfallversorgung am Standort Wertheim zu erhalten. „Sind wir noch zu retten?“ lautete daher das Motto der Kundgebung.

Die Hoffnung auf ein „Ja“ bleibt zumindest weiterhin am Leben. Wie Landrat Christoph Schauder deutlich machte, gebe es nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen der Stadt Wertheim und der Schwesternschaft noch exakt zwei Optionen: „Die Fachklinik-Lösung oder die Abwicklung des Krankenhausstandortes Wertheim“. Letzteres wäre das „Worst-Case-Szenario“. Ziel sei es daher, das Insolvenzverfahren zu einem „guten Abschluss“ zu bringen. Die derzeit laufenden Verhandlungen des Insolvenzverwalters mit dem Fachklinikbetreiber Oswald seien „auf einem guten Weg“. Noch seien allerdings keine Verträge unterzeichnet.

Der Demonstrationszug auf dem Wertheimer Marktplatz. © Kai Grottenthaler

Rollende Intensivstationen

Ausführlich ging Schauder auf die drei Säulen der Notfallversorgung und damit die zentralen Forderungen des Aktionsbündnisses ein. Beim Rettungsdienst sicherte der Landrat eine Aufstockung der Rettungswägen in Wertheim zu. Auch der Vorschlag zur Anschaffung eines sogenannten „Sonderrettungsmittels“ in Form eines Schlaganfallmobils sei „nicht nur gut, sondern sogar sehr gut“. Diese „rollenden Intensivstationen“ seien für den gesamten nördlichen Landkreis wichtig. Der Landkreis habe das Anliegen zur Aufstockung der Sonderrettungsmittel schon an die Krankenkassen herangetragen.

Für die ambulante Notfallversorgung habe der potenzielle Fachklinikbetreiber Oswald zugesagt, dass die Notfallpraxis im Falle einer Übernahme weiterhin an der Klinik angesiedelt werden darf. Dafür werde sich der Landkreis weiterhin einsetzen. Auch für die Zulassung einer stationären Notfallversorgung habe Oswald seine Bereitschaft in einem persönlichen Gespräch noch einmal „klar und unmissverständlich“ bejaht. „Wir werden mit ganzer Kraft daran mitarbeiten, dass es auch in Zukunft zu einer stationären Notfallversorgung kommt“, bekräftigte Schauder. Dafür stellte er auch finanzielle Unterstützung in Aussicht.

Kein harter Schnitt

Zunächst müsse jedoch das Insolvenzverfahren zu einem positiven Abschluss kommen. Derzeit sehe es nicht nach einem harten Schnitt zum 1. Juli, sondern nach einer längeren Transformationsphase aus. Dafür sagte der Landrat seine lösungsorientierte Begleitung zu. Jetzt gelte es, dem Investor eine „Willkommenskultur“ zu zeigen. „Der Landkreis steht jedenfalls an Ihrer Seite“, versicherte Schauder, der von den Bürgern trotz gelegentlicher Unmutsäußerungen auch oft, wenn auch eher zurückhaltend, ausgedrückte Zustimmung für seine Aussagen erhielt.

OB bemängelt fehlende Hilfe

Wertheims Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez drückte zunächst seine Enttäuschung über die Entwicklungen der letzten Wochen aus: „Wir haben alles dafür getan, um dieses Krankenhaus als Grund- und Regelversorger zu erhalten.“ Weder die Bürgerschaft noch Mitarbeiter, Landrat oder Gemeinderat trügen Schuld an dem Scheitern. Die Verantwortung wies Herrera Torrez besonders der Schwesternschaft zu. Aber auch die Politik hätte hier große Versäumnisse zu verantworten. Von der Landespolitik hätte er sich in einem solchen Fall mehr aktive Unterstützung für die Kommune gewünscht. „Das ist hier nicht passiert“, kritisierte der OB. Auch die Bundespolitik versage hierbei seit vielen Jahren.

Als Ziel nannte auch Herrera Torrez, die Fachklinik als Grundlage für die Notfallversorgung in Wertheim zu ermöglichen. Dafür formulierte er drei Erwartungen: Eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung, die Möglichkeit einer stationären Aufnahme und die Anpassung der Rettungsdienstkapazitäten. An den Landrat gewandt, verlieh er seiner Hoffnung zu einem gemeinsamen Miteinander Ausdruck: „Du hast uns eben dazu die Hand gereicht und die wollen wir gerne annehmen.“ Der Landkreis müsse nun „der Ermöglicher“ sein.

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Luchas Worthülsen

Als Vertreter des organisierenden Aktionsbündnisses hatte Dr. Axel Schmid zu Beginn seine scharfen Vorwürfe gegenüber Sozialminister Manfred Lucha erneuert. Von „Worthülsen“ und „Skandal“ war da zwischenzeitlich die Rede. Lucha sei der „Hauptverantwortliche“ für die aktuelle Situation, weil das Krankenhaus einst mit 27 Millionen Euro Fördergeld des Landes erbaut wurde. Eigentlich wäre laut Schmid ein Teil dieser Gelder nun zur Rückzahlung der Schwesternschaft an das Land fällig.

Diesem und weiteren von dem Bündnis in einem Pressegespräch Anfang der Woche geäußerten Vorwürfen hatte das Sozialministerium in einer Reaktion auf die Berichterstattung am Freitag vehement widersprochen (siehe nebenstehenden Bericht). Unter anderem die von dem Aktionsbündnis genannten „offenen Landeszuschüsse in Höhe von 17 Millionen Euro“ hatte das Ministerium in seiner Stellungnahme als „mutwillige Falschbehauptungen, die durch nichts zu belegen sind“ deutlich zurückgewiesen. Die Verantwortung für die „grundsätzlichen Finanzierungsprobleme der Krankenhäuser“ lägen beim Bund.

Landrat Christoph Schauder (links) bei der Kundgebung vor der Stiftskirche. © Kai Grottenthaler

„Schlag ins Gesicht“

Dieses Schreiben bezeichnete Axel Schmid auf der Kundgebung als „Schlag ins Gesicht der hiesigen Bevölkerung“ und logisches Ergebnis der Kommunikationspolitik des Gesundheitsministers. Dieser habe sämtliche Anfragen des Aktionsbündnisses unbeantwortet gelassen. Komplett offen sei laut Schmid zudem die Frage, wie der Minister den Standort Wertheim „so einfach aus dem Krankenhausbedarfsplan streichen und die Umwidmung in eine Fachklinik zulassen“ könne.

Ebenso deutlich, wenngleich weniger ausführlich, kritisierte Schmid das Verhalten der Schwesternschaft.

Über die Zukunft macht sich das Aktionsbündnis jedoch keine Illusionen: „Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Die Fachklinik wird kommen“, verdeutlichte Schmid. Wenigstens könne dadurch ein Teil der Arbeitsplätze gesichert werden.

Schnelles Handeln gefragt

Auch freue man sich nun über das Engagement des Landkreises. Jetzt sei jedoch schnelles Handeln gefragt – „und zwar eher heute als morgen“. Der Landrat applaudierte dazu.

Erfreut über dessen positive Signale zeigte sich auch der zweite Redner des Aktionsbündnisses, Dr. Oliver Kraus. Man müsse die Fachklinik willkommen heißen. Jetzt müsse zügig ein „maßgeschneidertes“ Konzept für die Akutversorgung ausgearbeitet werden, um das „einzigartige Ausmaß einer gerade entstehenden Unterversorgung“ abzufedern. Es brauche jetzt „aktiven, politischen Gestaltungswillen“. Akut müsse der Weggang des Personals verhindert werden. Daher seien schnelle Verhandlungen wichtig.

Als Hausherrin dankte Dekanin Wibke Klomp allen Beteiligten. Man habe zum ersten Mal gespürt, dass es ein Miteinander gibt und geben kann.

Sowohl die Polizei als auch Volker Mohr von der Stadtverwaltung sprachen von einer friedlichen Veranstaltung. Aus organisatorischen Gründen fand die Kundgebung mit einer derart großen Teilnehmerzahl dieses Mal an der Stiftskirche statt.

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Ein Fazit

Im Pressegespräch zog Tarek Nasser vom Aktionsbündnis im Nachgang ein positives Fazit. „Ich war positiv überrascht, wie weit sich der Landrat vorgewagt hat. Jetzt müssen diesen Worten auch schnelle Taten folgen.“ Und so lebt die Hoffnung weiter, in Wertheim wenigstens die stationäre Notfallversorgung am Leben zu erhalten.

Organisiert wurde die Kundgebung vom einem Aktionsbündnis aus Wertheimer Ärzteschaft und Frauenverein.

Das Aktionsbündnis hat eine Postkartenaktion an die zdf-Sendung „Frontal 21“ initiiert.

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