Rotkreuzklinik

Rotkreuzklinik Wertheim: Gemeinderäte "maßlos enttäuscht“

Die Hinhaltetaktik der Schwesternschaft sorgt für Fassungslosigkeit im Gemeinderat. Das "Taktieren" der Schwestern sei "maximal enttäuschend", heißt es aus dem Gremium. Was die Vorsitzenden dem Münchner Verein vorwerfen.

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Gerd Weimer
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Gekämpft und doch verloren: Wertheimer Demonstranten bei der Kundgebung am 6. März in Stuttgart. © Gerd Weimer

Wertheim. Die Vorsitzenden der Fraktionen im Gemeinderat äußern sich zum geplanten Verkauf der insolventen Rotkreuzklinik an einen privaten Fachklinikbetreiber und dem Verhalten der Schwesternschaft.

Axel Wältz (CDU): „Wir halten ein Krankenhaus der Grundversorgung mit Notfallversorgung für unverzichtbar. Deshalb sind wir sehr enttäuscht von der jetzigen Situation. Uns tut es leid für unsere Bevölkerung und die Angestellten, die alles gegeben haben.

Das Rote Kreuz verschwindet bald vor dem Eingang zur Klinik. © Gerd Weimer

Durch eine städtische Trägerschaft hätte das Haus als Grund- und Regelversorger eine Chance gehabt. Das war unsere Haltung von Anfang an, wir hätten diese Herausforderung im Sinne unsere Bevölkerung angenommen. Der Schwesternschaft hingegen ging es letztendlich nur ums Geld. Anders können wir uns ihr Vorgehen nicht erklären. Wie es mit der Notversorgung in Wertheim weitergeht, konnte uns bisher nicht dargelegt werden. Eine stationäre Notfallversorgung ist unverzichtbar.

„Zäsur für unsere Stadt“

Wenn 80 Prozent der Krankenhäuser rote Zahlen schreiben und zahlreiche Häuser insolvenzgefährdet sind, dann stimmt etwas nicht im System. Die Einführung der Fallpauschalen im Jahre 2003 sind die Wurzel allen Übels. Die Tatsache, dass die Wirtschaftlichkeit wichtiger bewertet wird als der medizinische Bedarf, macht einen nur fassungslos. Alles in allem ist die Entwicklung ein Rückschlag für den Standort Wertheim. Eine Zäsur für unsere Stadt.“

Patrick Schönig (SPD): „’Im Zeichen der Menschlichkeit’ lautet einer der Leitsätze des Roten Kreuzes und somit auch der Münchener Schwesternschaft. Dies klingt am jetzt nach blankem Hohn: Das Taktieren der verantwortlichen Schwestern rund um Generaloberin Dürr ist politisch, aber auch menschlich maximal enttäuschend. Die Entscheidung der Schwesternschaft, das Angebot der Stadt Wertheim zu ignorieren und nicht über eine kommunale Trägerschaft zu verhandeln, macht mich regelrecht sprachlos.

Sämtliche Bemühungen und Entscheidungen von Stadt und Gemeinderat sind nun irrelevant. Die Schwesternschaft spielte scheinbar seit Beginn des Insolvenzverfahrens auf Zeit, um letztendlich dafür zu sorgen, dass der Insolvenzverwalter nicht mehr anders konnte, als eine Entscheidung zugunsten der Fachklinik und auf Kosten der Stadt und unserer Gesundheitsversorgung zu treffen. Die Zeit der Rotkreuzschwestern in unserer Stadt endet in einem riesigen Scherbenhaufen. Der Blick in die Zukunft fällt schwer, ist aber ungemein wichtig: Die künftige Fachklinik soll auch die Notaufnahme organisieren. Wir müssen uns schnell mit dem neuen Träger, dem Landkreis und dem Sozialministerium politisch auseinandersetzen, damit dies nicht nur ein Türschild, sondern eine qualitativ hochwertige Notaufnahme wird und somit zumindest ein Stück Akutversorgung für unsere Bevölkerung bleibt.

Songrit Breuninger (Freie Bürger): „Völlig schockiert und maßlos enttäuscht mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass unser Krankenhaus in Kürze nicht mehr als Klinik der Grund- und Regelversorgung für unsere Bevölkerung zur Verfügung steht. Nach monatelangen Verhandlungen mit Insolvenzverwalter und der Schwesternschaft, zahlreichen Sitzungen und Gesprächen dachten wir noch vor kurzem, wir seien auf gutem Wege, die Rotkreuzklinik in kommunale Trägerschaft zu übernehmen.

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Dieses Vorhaben konnte leider nicht umgesetzt werden, obwohl seitens der Schwesternschaft die Schließung des Krankenhauses angeblich vermieden werden sollte. Der Gemeinderat hatte in einem einstimmigen Beschluss die Bereitschaft zur Übernahme signalisiert, trotz großer finanzieller Unwägbarkeiten, die der städtische Haushalt hätte schultern müssen. Letztendlich wurde uns das Heft des Handelns in einer Angelegenheit, für die wir gar nicht zuständig waren, aus der Hand genommen. Alle Bemühungen der Stadtverwaltung, an der Spitze OB Herrera Torrez, der gesamten Ärzteschaft und des Klinikpersonals, das seit Monaten keine zuverlässige Perspektive hatte, sind leider im Sande verlaufen.

Landrat und Minister in der Pflicht

Uns bleibt nur Danke zu sagen an all jene, die sich aktiv engagiert haben. Wir hoffen inständig, dass uns mit der Fachklinik wenigstens eine adäquate Notfallversorgung für unsere Bürgerinnen und Bürger erhalten bleibt. Hier sehen wir vor allen Dingen Landrat Schauder und Minister Lucha in der Pflicht.

Richard Diehm (Grüne): Nun ist das eingetreten, was alle befürchtet haben und keiner wahrhaben wollte: Wir haben in absehbarer Zeit kein Krankenhaus mehr. Obwohl die Schwesternschaft noch Ende Februar in einem Schreiben an den OB mitgeteilt hat, dass man die vorliegende Absichtserklärung der Stadt unterstützt, hat die Schwesternschaft getreu dem Motto „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“ eine Kehrtwende vollzogen und die Stadt vor vollendete Tatsachen gestellt.

Die Grünen-Fraktion hat sich für eine kommunale Lösung ausgesprochen, auch wenn das mit hohen finanziellen Belastungen und Risiken für die Stadt verbunden gewesen wäre.

Eventuell wäre es besser gewesen, nach München statt nach Stuttgart zur Demo zu fahren. Dass die Krankenhausreform zu spät für uns kommen wird, war zu befürchten. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass sich das gesamte Gesundheitswesen und in einem Strukturwandel befindet. Mit der immer stärker werdenden Ambulantisierung ist die Luft für Kliniken der Grund- und Regelversorgung dünner geworden.

Attraktivität geht verloren

Leidtragende sind alle Mitarbeiter der Klinik, die fast acht Monate unter dem Damoklesschwert der Schließung gearbeitet haben. Wir danken ihnen herzlich für ihren Einsatz. Für die Bevölkerung im nördlichen Main-Tauber-Kreis, aber auch im bayerischen Einzugsbereich ist das der Worst Case. Wertheim und die gesamte Raumschaft werden an Attraktivität verlieren. Eine Fachklinik mit einer Notaufnahme ist auf jeden Fall noch besser als eine endgültige Schließung des Krankenhauses. Für die Notfallversorgung ist der Kreis zuständig, und ich hoffe, dass sich der Landrat seiner Verantwortung bewusst ist.

Stefan Kempf (Bürgerliste): „Wir sind geschockt und enttäuscht von dieser überraschenden Entwicklung. Vom Gemeinderat und der Stadtverwaltung wurde in den vergangenen Monaten alles getan, was in unserer Macht stand, um mit der Rekommunalisierung eine andere Lösung für unser Krankenhaus zu finden. Teilweise sind wir sogar über unsere Grenzen hinaus gegangen.

Aber wenn die Schwesternschaft als Verhandlungspartner und Verkäufer der Klinik nicht weiter mit uns sprechen und offensichtlich eigentlich gar nicht an uns verkaufen möchte, können wir leider auch nichts mehr machen.

Besser als Schließung

Die jetzige Lösung ist auf jeden Fall besser, als die Schließung, die möglicherweise die Alternative gewesen wäre. Ganz nach dem Motto „besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“ gilt es jetzt die anstehende Lösung auch im Sinne der Mitarbeitenden zu unterstützen und alles daran zu setzen, dass wir eine vernünftige und zukunftsfähige Notfallversorgung hinbekommen. Ich werde mich im Kreistag dafür einsetzen, um die Gesundheitsversorgung, gerade in Notfällen für unsere Bevölkerung sicherzustellen.“

Redaktion Reporter Wertheim

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