Demonstration

Wertheim kämpft um Notfallversorgung

Das Aktionsbündnis, das sich zur Rettung des Wertheimer Krankenhauses formiert hatte, kämpft weiter für eine möglichst gute Gesundheitsversorgung in Wertheim.

Von 
Kai Grottenthaler
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Organisatoren einer Demonstration zur Notfallversorgung in Wertheim rufen die Bevölkerung dazu auf, am Samstag in der Wertheimer Innenstadt Gesicht zu zeigen. © Gerd Weimer

Wertheim. Für Samstag, 4. Mai, ruft das Bündnis erneut zu einer Kundgebung auf. Unter dem Motto „Sind wir noch zu retten?“ will es für den Erhalt der Notfallversorgung demonstrieren. „Wir werden offen Fragen stellen, auf deren Antwort wir seit Monaten warten“, machte Tarek Nasser als Anmelder der Demo gemeinsam mit seinen Mitstreitern im Pressegespräch am Montagabend deutlich. Angemeldet sind 500 bis 1000 Teilnehmer.

Der sogenannte „Gedenkmarsch“ startet um 11.35 Uhr am Kulturhaus und führt über die Brückengasse und den Marktplatz zur Stiftskirche. Um 12 Uhr sollen hier die Reden beginnen. Als Redner werden unter anderem Landrat Christoph Schauder, Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez, Dekanin Wibke Klomp und Vertreter der Ärzteschaft erwartet.

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Verärgert, in Teilen auch wütend zeigten sich die Verantwortlichen weiterhin darüber, dass ihre schriftlich gestellten Anfragen von den zentralen Akteuren nach wie vor gar nicht oder nur unzureichend beantwortet worden seien. Neben der Schwesternschaft gingen die Vertreter besonders mit Sozialminister Manfred Lucha hart ins Gericht. „Wir halten ihn für den Hauptverantwortlichen für das Scheitern“, machte Dr. Axel Schmid klar. Aber auch den Landrat Christoph Schauder nimmt das Bündnis nicht aus der Verantwortung. Dieser habe sich zwar bewegt, müsse seinen Worten jetzt aber Taten folgen lassen. „Jetzt sind Sie dran, Herr Schauder“, forderte Schmid.

Wo sind Fördergelder geblieben?

Die bereits schriftlich formulierten und zumeist unbeantworteten Fragen am Samstag noch einmal öffentlich zu stellen, ist ein zentrales Anliegen der Veranstaltung. Richtung Stuttgart sei besonders die Frage ungeklärt, warum Wertheim vor acht Jahren noch ein neues Krankenhaus mit 34 Millionen Euro Fördergeldern wert war und dies jetzt nicht mehr der Fall sein soll.

Von diesem Landeszuschuss seien 17 Millionen geblieben, deren Verbleib aus Sicht des Bündnisses bis heute unklar geblieben sei. „Wir wollen wissen, wo sie geblieben sind“, lautet Schmids Forderung. Denn unter diesen Bedingungen hätte sich die Stadt seiner Meinung nach leichter getan, das Krankenhaus zu übernehmen.

Auch die Motive für den plötzlichen Rückzug der Schwesternschaft lägen völlig im Dunkeln, ergänzte Tarek Nasser. Hinterfragt wurde auch, warum für Wertheim nicht wie bei jeder anderen Krankenhausschließung in Baden-Württemberg ein Gutachten erstellt wurde. So würde sich der Weg vom Einsatzort bis zum Krankenhaus, die sogenannten Prähospitalphase, auf bis zu 50 Minuten verdreifachen, und im hiesigen Landstrich ein Unterversorgungsgrad wie in Entwicklungsgebieten entstehen. Schmid verwies auf ein vor 22 Jahren erstelltes und 2019 bestätigtes Gutachten, wonach in Wertheim aufgrund der weiten Entfernung nach Bad Mergentheim eine Schlaganfalleinheit benötigt würde.

Die aus seiner Sicht „ruhige Hand“ der politisch Verantwortlichen wertete Dr. Oliver Kraus als Alarmsignal. Ein weiteres halbes Jahr Wartezeit bedeute den „Todesstoß für jede Akutversorgung in Wertheim“. So viel Bedenkzeit sieht das Aktionsbündnis schlicht und einfach nicht. Bis zum 1. Juli müsse es ein auf die Wertheimer Bedingungen „maßgeschneidertes Konzept“ geben. Die Öffentlichkeit müsse jetzt erfahren, welche Ideen es gibt, forderte auch SPD-Kreisvorsitzender Thomas Kraft.

Auf Wohlwollen stieß der Beschluss des Kreistages, einen jährlichen Zuschuss für die Notfallversorgung im Falle einer inzwischen allerdings ausgeschlossenen Rekommunalisierung zur Verfügung zu stellen. Der Landkreis müsse nun seinem Sicherstellungsauftrag nachkommen, indem er die Notfallversorgung nun mit einer Fachklinik gestaltet. Diese sei wegen der Abwanderung von Fachkräften schon jetzt „hochgefährdet“ und könne nicht rund um die Uhr aufrechterhalten werden.

Die Initiatoren betonten ihren Willen, die Übernahme durch Josef Sebastian Oswald nicht verhindern zu wollen. Vielmehr wolle man die Klinik gemeinsam mit ihm entwickeln. Laut Notärztin Sandra Rückert wolle man erreichen, dass Oswald die Ausstattung der funktionierenden Spange der Notaufnahme für die nächsten „ein bis zwei Jahre“ der Stadt zur Verfügung stellt. Die übrige Klinik könne Oswald in dieser Zeit in aller Ruhe entwickeln.

Personal Perspektive aufzeigen

Große Sorge, aber durchaus noch ein Hoffnungsschimmer gebe es beim Personal. Denn noch seien zentrale Personen in der Klinik vorhanden. Das Zeitfenster schließe sich jedoch mit jedem Tag etwas mehr. Noch im Mai müsse Klarheit herrschen, um dem vorhandenen Personal eine Perspektive aufzuzeigen. Schon jetzt habe sich das pflegerische und ärztliche Personal jedoch deutlich reduziert, wodurch sich inzwischen die ursprünglichen Konzepte von Seiten der Ärzte im Rahmen einer Rekommunalisierung zerschlagen hätten.

Um ein langsames Ausbluten zu verhindern, brauche man daher sofort ein konkretes „Umsetzungskonzept“. Die Politik müsse nun eine einzigartige Lösung als eine Art „Modellregion“ finden, wie man eine Notfallversorgung in einer Fachklinik etabliert.

Sollte dies nicht möglich sein, forderte Rückert die Anschaffung eines mobilen Stroke-Einsatz-Mobils. Dieses große Fahrzeug verfügt über einen Computertomographen und ein Notfalllabor und dient der fachgerechten Behandlung von Schlaganfallpatienten.

Zu den eineinhalb Millionen Euro für das Auto kämen die Kosten für das hoch qualifizierte Personal hinzu. Was aus Sicht des Bündnisses aber immer noch günstiger käme, als zwei weitere Rettungswägen vorzuhalten, die aufgrund der längeren Fahrtzeiten zusätzlich benötigt würden.

Genau zehn Wochen nach der ersten großen Demonstration auf dem Marktplatz („Rettet das Krankenhaus“) mit 2000 Teilnehmern erhoffen sich die Verantwortlichen am Samstag erneut eine breite Unterstützung aus der Bevölkerung. Denn deren Sorgen und Ängste rund um die aktuelle Situation würden in den Patientengesprächen gerade viel Zeit einnehmen.

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