Wertheim. In der Frage um die Zukunft der Wertheimer Rotkreuzklinik haben die niedergelassenen Ärzte der Main-Tauber-Stadt am Mittwochabend einen offenen Brief verfasst. Die „Stellungnahme zum Erhalt der stationären Akutversorgung“ ist an Minister Manfred Lucha, Landrat Christoph Schauder und Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez adressiert.
Die im Brief formulierten Forderungen behielten ihre Gültigkeit, auch wenn mittlerweile bekannt wurde, dass der am Kauf der Klinik interessierte Josef Oswald abgesprungen ist, betont Ärztesprecherin Christina Gläser gegenüber den Fränkischen Nachrichten am Donnerstag. „Unsere Forderungen an Kreis und Land ändern sich in keiner Weise“, so Gläser.
Bisher: Hervorragende Gesundheitsinfrastruktur in Wertheim
Im Brief schildern die Ärzte zunächst die Gesundheitsinfrastruktur der Stadt, die „hervorragend aufgestellt“ sei: „Ein hochmodernes, wohnortnahes Krankenhaus mit Notaufnahme, Bettenstationen, Stroke-Unit, Herzkatheterlabor, Intensivstation, Operationssälen, Labor und 24-Stunden CT-Bereitschaft, wodurch jährlich 6000 Patienten stationär und 11 000 Patienten ambulant behandelt werden. Der Bedarf wurde im Krankenhausbedarfsplan 2010 beschlossen, der Neubau mit 34 Millionen Euro zweckgebunden gefördert. Damit verbunden sind die neue Rettungswache mit Notarztstützpunkt, die KV-Notfallpraxis sowie die Ausbildung von Ärzten und medizinischem Fachpersonal.“
"Schlechteres Versorgungsniveau als entlegenste Regionen Mecklenburg-Vorpommerns"
Eine Schließung der Klinik würde diese Situation streichartig verändern: „Die Bevölkerung in der Stadt der Weltmarktführer befände sich damit auf einem schlechteren Versorgungsniveau als die entlegensten Regionen Mecklenburg-Vorpommerns. Mit dem Wegfall der Klinik würden sich nicht nur erheblich verlängerte Anfahrtszeiten für Notfälle ergeben. Bereits jetzt befinden sich sämtliche umliegenden Kliniken an ihrer Belastungsgrenze und müssen sich zeitweise von der Notfallversorgung abmelden“, warnen die Ärzte. Die resultierende Verlängerung der Transportzeit koste in Akutfällen Menschenleben und führe zu einer verlängerten Abwesenheit des Notarztes am Stützpunkt.
Schon heute sei für die niedergelassenen Ärzte die Organisation eines Krankenhausbettes für Notfallpatienten in den umliegenden Kliniken mit hohem zeitlichem Aufwand verbunden. „Der Wegfall eines 170-Betten-Akutkrankenhauses in Wertheim würde diese Situation dramatisch verschärfen“, heißt es in dem Brief weiter. Die 11 000 ambulanten Behandlungen des Krankenhauses könnten nicht von Haus- und Facharztpraxen kompensiert werden.
Die Forderungen der niedergelassenen Ärzte:
- Interdisziplinäre Basisversorgung: Am Standort der heutigen Rotkreuzklinik soll eine interdisziplinäre Basisnotfallversorgung erhalten werden. „Für diese gibt es definierte Kriterien. Auf der niedrigsten Stufe der stationären Notfallversorgung muss ein Krankenhaus folgende Strukturen sicherstellen: je eine Fachabteilung für Innere Medizin und Chirurgie, Anästhesie, eine Zentrale Notaufnahme, Intensivstation mit mindestens sechs Intensivbetten inklusive drei Beatmungsbetten, Labor und 24-stündige CT-Bereitschaft.
- Akut-Bettenanzahl: Ohne eine angemessene Akut-Bettenanzahl, könnten die zuvor genannten Strukturen organisatorisch nicht betrieben werden.
- Ausbildungsstätte: Die Klinik soll als Ausbildungsstätte für Pflegekräfte und Ärzte erhalten bleiben. „Nur so kann langfristig der Nachwuchs an medizinischem Personal in unserer Region gesichert werden.“
- Akutklinik: Das Weiterbestehen einer Akutklinik müsse gesichert werden.
- Gesundheitsversorgung: „Wir fordern die Landesregierung auf, ihrer Verantwortung für die Gesundheitsversorgung der Wertheimer Bevölkerung und der Bevölkerung des nördlichen Main-Tauber-Kreises nachzukommen. Dafür müssen das Land, der Landkreis und die Kommunen den Willen und die dafür erforderlichen Mittel aufbringen und die Finanzierung so lange garantieren, bis die Reform der Krankenhausfinanzierung ein kostendeckendes Wirtschaften ermöglicht“, schreiben die Ärzte. Die dafür vertraglichen Regelungen müssten vor einem Vertragsschluss eindeutig und rechtssicher geklärt sein. „Jeder zukünftige Klinikbetreiber muss dahingehend verpflichtet werden.“
- Transparenz: Die Ärzte erwarten „maximal mögliche Transparenz“. Die Bevölkerung und die Beteiligten des Gesundheitswesens müssten vor der Etablierung eines Konzepts über die Dimension der skizzierten Unterversorgung und die dafür vom Sozialministerium und dem Landkreis definierten Kriterien informiert sein. „Gleichermaßen bedarf es Klarheit darüber, welche Handlungsspielräume Land- und Landkreis im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrags haben, um Ihrer Verantwortung für die Daseinsvorsorge gerecht zu werden.“
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