Rotkreuzklinik

Wertheim: Dr. Seibold warnt OB und Gemeinderat mit Brandbrief

Dr. Stefan Seibold sieht die Qualität der medizinischen Versorgung in höchster Gefahr, wenn es keine Notfallversorgung mehr an der Rotkreuzklinik gibt. Mit einem Schreiben hat er sich an Gemeinderat und den OB gewandt.

Von 
Gerd Weimer
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Nierenfacharzt Stefan Seibold warnt vor den Folgen für die medizinische Versorgung in Wertheim, wenn die Akutversorgung entfällt. © Gerd Weimer

Wertheim. In einer Art Brandbrief an Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez und den Gemeinderat warnt der Wertheimer Nierenfacharzt Dr. Stefan Seibold vor den Folgen für die medizinische Versorgung in Wertheim, sollte in der Rotkreuzklinik keine Notfallversorgung mehr angeboten werden. Seibold betreibt in der Wertheimer Klinik und in Tauberbischofsheim in einer Gemeinschaftspraxis ein Nierenzentrum.

In dem Schreiben von Sonntagabend, das den Fränkischen Nachrichten vorliegt, begrüßt Stefan Seibold „uneingeschränkt“ die vorgesehene Ansiedlung einer Fachklinik für Amputationsmedizin und Schmerztherapie. Damit dürfe aber nicht das Ende des Wertheimer Akutkrankenhauses verbunden sein. Seibold fordert die Kommunalpolitiker vielmehr dazu auf, sowohl die Fachklinik zu etablieren als auch die Akutversorgung zu erhalten. Dies sei eine „einmalige Chance“.

Notwendige Finanzierung

„Die chirurgische Fachklinik ließe sich sicherlich vertraglich dazu verpflichten, dauerhaft eine angemessene Notfallversorgung der Wertheimer Bevölkerung aufrechtzuerhalten, wenn die öffentliche Hand die dafür notwendige Finanzierung zumindest so lange garantiert, bis die kommende Reform der Krankenhausfinanzierung eine kostendeckende Krankenhausfinanzierung ohne Zuschüsse gewährleistet“, schreibt Seibold. Vom Erhalt einer medizinischen Notfallversorgung vor Ort würde auch die chirurgische Fachklinik profitieren.

Oberbürgermeister und Gemeinderat sollten rasch direkte Gespräche mit den Betreibern der Fachklinik führen und sie dabei unterstützen, die wohnortnahe Notfallversorgung für die Wertheimer Bevölkerung in einem möglichst großen Umfang aufrechtzuerhalten. Dabei solle der medizinische Sachverstand von Ärzten vor Ort einbezogen werden, beispielsweise vom leitenden Notarzt und Ärztlichen Direktor Wilhelm von Lamezan sowie dem leitenden Oberarzt der Zentralen Notaufnahme, Jörg Henkel. Den Mitarbeitern der Rotkreuzklinik müsse schnell zugesichert werden, dass die Notfallversorgung weiter betrieben wird. „Die Kündigungswelle an der Rotkreuzklinik Wertheim hat nach der Ankündigung der Übernahme durch eine chirurgische Fachklinik begonnen“, so Stefan Seibold.

Seibold: Mindestmaß erforderlich

Seibold fordert die Kommunalpolitiker auf, mit dem Landkreis und dem Land über die Finanzierung der Defizite zu verhandeln, „die in der nächsten Zeit noch anfallen werden, bevor die Reform der Krankenhausfinanzierung greift und den dauerhaften Fortbestand des Wertheimer Krankenhauses auch wirtschaftlich sichert“. Die Landesregierung solle dazu bewegt werden, dem Verkauf an die Fachklinik nur dann zuzustimmen, wenn diese dauerhaft ein Mindestmaß an medizinischer Notfallversorgung vor Ort garantiert.

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Das „definierbare Mindestmaß an medizinischer Notfallversorgung vor Ort“ umfasse eine Rund-um-die-Uhr-Notaufnahme mit den Fachrichtungen Chirurgie, Anästhesie, Innere Medizin und Neurologie. Schon jetzt dauere es häufig mehrere Tage, einen Patienten in eine optimal passende Klinik zu verlegen. Nur wenn diese Fachrichtungen in Wertheim vorhanden seien, dürfe ein Rettungswagen solche Notfallpatienten in die Wertheimer Klinik bringen. Dort könne der Patient zunächst stabilisiert werden, bevor er in eine Klinik mit optimaler Versorgung weiterverlegt werde.

Zu der Ausstattung gehöre auch eine durchgehende Versorgung mit Röntgen und Computertomographie. Ohne diese Funktionseinheiten könne ein Unfallopfer oder ein Schlaganfallpatient nicht adäquat untersucht werden. Bei derartigen Krankheitsbildern sei die Zeit der wesentliche Faktor. Notwendig seien zudem stets zur Verfügung stehende Laboruntersuchungen. Der Zeitverlust durch den Transport von Blutproben in ein weit entferntes Labor sei bei der Notfallversorgung nicht hinnehmbar.

Intensivstation muss Teil der Akutversorgung sein

Teil der Akutversorgung müsse auch eine Intensivstation mit Beatmungsplätzen und Schlaganfalleinheit sein. Nur dort könne ein Notfall optimal behandelt werden, bis der Patient stabilisiert ist und die Verlegung in eine passende Klinik erfolgt. Weiter sei eine durchgehende OP-Bereitschaft erforderlich. „Dringend notwendige Eingriffe müssen nach optimaler Diagnostik sofort operativ versorgt werden können“, so Seibold. Es brauche auch stationäre Fachabteilungen für Chirurgie und Innere Medizin. „Kleine und einfache Eingriffe werden optimal vor Ort behandelt.“ Größere und spezialisierte Kliniken könnten sich dann auf die schwierigeren Krankheitsbilder konzentrieren.

Ärzteschwund an der Wertheimer Rotkreuzklinik

Seibold fordert auch den Erhalt der Klinik als Ausbildungsstätte für Pflegekräfte und Ärzte. Langfristig könne die Gesundheitsversorgung in Wertheim und Umgebung nur funktionieren, wenn Pflegekräfte und Ärzte vor Ort ausgebildet werden.

Die Ausbildung der Fachkräfte vor Ort sei für die medizinische Versorgung in der Region auch deshalb wichtig, weil beispielsweise die Arztsitze im Bedarfsplan sonst kaum zu besetzen wären, sagte Seibold im FN-Gespräch.

Es sei äußerst schwierig Ärzte von auswärts anzulocken. Wer hier schon wohne, sei eher bereit eine Praxis zu übernehmen oder zu eröffnen.

Die geplante Fachklinik werde keine der Anforderungen ohne finanzielle Absicherung durch die öffentliche Hand bereitstellen, räumt Seibold ein. Die Rotkreuzklinik Wertheim sei Teil des Krankenhausbedarfsplans Baden-Württemberg, zuständig für die Finanzierung der Versorgung vor Ort sei der Main-Tauber-Kreis.

„Was mit dem Krankenhaus in Wertheim passiert, ist letztendlich eine politische Entscheidung, die in Stuttgart, Tauberbischofsheim und in Wertheim getroffen wird – nicht vom Insolvenzverwalter“, so Seibold.

Der Nierenarzt warnt abschließend: „In meinen Gesprächen mit vielen Mitarbeitern der Rotkreuzklinik war in der vergangenen Woche immer wieder zu hören: Für den Fall, dass die Rotkreuzklinik ohne Notfallversorgung ausschließlich als Fachklinik fortbesteht, wird in einem Jahr keiner der jetzt dort tätigen Ärzte noch dort tätig sein! Keiner!“

Redaktion Reporter Wertheim

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