Weikersheim. Die Landesregierung will dafür sorgen, dass mehr Wohnungen entstehen, die sich gerade auch Familien mit normalen oder geringen Einkommen leisten können. Im Rahmen der „Wohnraumoffensive Baden-Württemberg“ startet ein bundesweit einmaliger Grundstücksfonds. Weikersheim will als eine der ersten Kommunen im Land auf den attraktiven Zug aufspringen und kann es auch – niedrige Leerstandsquote, steigende Einwohnerzahl, Bedarf und Finanzlage spielen hierbei eine Rolle.
Das ist bürgernah
Wer sich ein großes Haus leisten kann – gekauft oder gemietet – der denkt wahrscheinlich gar nicht über das Thema Wohnraum an sich nach. Vielleicht eher noch über die Lage oder die Bepflanzung des Gartens. Und wer die Standard-Entwicklung von Städten sieht, mit ihren Einfamilienhäuser-Reihen, denkt von ferne, dass das eben normal ist.
Doch die Mietpreise steigen, der Kaufpreis für Häuser auch. Und auf der menschlichen Seite der Medaille gibt es eine Vielzahl an Berufsgruppen, die sich weder den Kauf oder Bau eines Hauses, noch die Miete von Wohnraum in hippen Lagen leisten kann.
Es geht nicht darum, an den besser bezahlten Jobs herumzunörgeln oder an Menschen, die sich nach einem Erbfall plötzlich mehr leisten können.
Doch gerade die Pandemie-Krise zeigt, wie wichtig sie sind: Verkäuferinnen, Erzieherinnen, Altenpflegerinnen. Seltsam, dass genau die zu den Niedriglohngruppen gehören. Vernünftig und angemessen wohnen, das möchte jeder. Wenn es an der Miete scheitert: traurig.
Es ist eine Form des sozialen Wohnungsbaus, die da kommen wird. Man nennt sie nur nicht so, weil sonst nach „ganz unten“ gedacht wird.
In der aktuellen Krise müssen Menschen ums Einkommen bangen oder haben schon Verluste erlitten. Deshalb ist das Thema bezahlbarer Wohnraum brandaktuell. Wird Weikersheim vielleicht „Modellort“ im Land? Die Stadt ist früh dran, sozusagen Pionier. Es werden sich andere informieren und schauen wie’s läuft.
Für Weikersheimer: Schritt in eine Richtung, der zurecht das Etikett „bürgerfreundlich“ trägt.
„Der Markt allein kann es nicht richten“, sagt das Wohnbauministerium. Zentrale Akteure auf dem Wohnungsmarkt sollen dabei die Kommunen bleiben. Die Maßnahmen des Landes zielen darauf ab, den Kommunen bei dieser wichtigen Aufgabe „besser unter die Arme greifen zu können“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann über das Programm.
Mit einem Zwischenerwerb von Grundstücken durch das Land wird den Kommunen die Möglichkeit gegeben, eine vorausschauende Bodenpolitik zu betreiben. Ziel des mit 100 Millionen Euro ausgestatteten Grundstücksfonds ist es, diejenigen Kommunen mit Bedarf an bezahlbarem Wohnraum zu unterstützen, die aufgrund ihrer Haushaltslage zumindest vorübergehend nicht in der Lage sind, selbst stark aktiv zu werden.
Das Land springt in dieser Situation ein, indem es das Grundstück „zwischenerwirbt“ und für die Kommune vorhält. Je nach Anteil an gemeinwohlorientierter Bebauung kann das Grundstück anschließend von der Kommune verbilligt erworben werden. So will das Land dort unterstützen, wo Wohnraum konkret entsteht. „Der Fonds eröffnet vielen Kommunen neue Gestaltungsspielräume im Bereich des bezahlbaren Wohnungsbaus“, sagt die Wohnbau-Ministerin über das Modell.
Der Grundstücksfonds wird von der Landsiedlung Baden-Württemberg GmbH im Auftrag des Landes verwaltet. Diese vereinbaren mit der Kommune unmittelbar vor dem Grundstückserwerb eine bindende Kaufoption. Damit stellt man sicher, dass die Kommune zu einem späteren Zeitpunkt das Grundstück auch selbst erwerben kann.
Bertram Roth und Gitti Nurin waren seitens der Landsiedlung in die öffentliche Gemeinderatssitzung in der Tauberphilharmonie geschaltet und erläuterten das Programm des „gemeinwohlorientierten Bauens“.
Vonseiten der Stadt steht dabei der Bereich Planetenweg II/III im Fokus. Dreißig Prozent der realisierbaren Bruttogeschossfläche in dem Areal soll dem „bezahlbaren Wohnraum“ zur Verfügung gestellt werden. Für die „Zuwendungen“ des Landes muss mit diesem ein Vertag abgeschlossen werden. Der Gemeinderat votierte einstimmig für das Projekt.
Zusammengefasst: Das Land springt finanziell ein, kauft Grundstücke auf und hält es für einen zuvor vereinbarten Zeitraum im Grundstücksfonds, den die Kommune benötigt, um eine Bauleitplanung umzusetzen, bzw. die Voraussetzungen für bezahlbares Wohnen zu schaffen. In dieser Zeitspanne kann die Kommune zudem Rücklagen für einen späteren Grundstückserwerb bilden. Die Planungshoheit bleibt aber immer bei der Stadt.
Neue Runde „Stadtsanierung“
Weiteres kommendes Großprojekt: Die Stadt will mit weiteren Altstadtteilen ins Förderprogramm städtebauliche Entwicklung. Im ersten Schritt muss dafür u.a. ein viele Jahre überspannendes Gesamt-Entwicklungskonzept vorgelegt werden (das auch den Blick auf Ressourcen und Entwicklungen der Ortsteile enthält).
Bis November sollen die Konzepte fertig sein; die „Kommunalentwicklung“ als Sanierungsträger wurde mit Analysen und Vorträgen beauftragt, die auch eine „aktive Bürgerbeteiligung“ vorsehen.
In der Weikersheimer Altstadt, so Bürgermeister Klaus Kornberger, gebe es viele Gebäude, „die uns vor immense Herausforderungen stellen.“ Es gehe mit dem Beschluss zunächst darum, einen „Grundstock“ zu setzen, um damit weiter arbeiten zu können. Oberziel sei die Beseitigung städtebaulicher Missstände“.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/weikersheim_artikel,-weikersheim-wohnungen-die-man-sich-leisten-kann-_arid,1800050.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/weikersheim.html