Oscarpreisträger in der Philharmonie

Weikersheim: Musik auf „unfassbarem Energielevel“

Sie kommen aus der ganzen Welt: Junge Sänger proben mit Top-Dirigenten und -Komponisten, darunter auch Oscar-Preisträger Tan Dun. Die Musikakademie wird ihrem Titel als „JMD World Meeting Center“ aktuell mehr als gerecht.

Von 
Michael Weber-Schwarz
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Komponist Tan Dun wird ein eigenes Werk und Beethovens Neunte dirigieren. © picture alliance / Sebastian Kah

Weikersheim. Ob jemals ein Oscar-Preisträger an der Tauber gewesen ist? Wohl kaum. Tan Dun, der bekannte, in New York lebende chinesische Komponist und Dirigent, hat die begehrte Trophäe für seinen Soundtrack des genialen wie poetischen Martial-Arts-Film „Tiger and Dragon“ erhalten. Zum Wochenende wird er in Weikersheim erwartet. Dann wird er den „World Youth Choir“ und das Bundesjugendorchester (BJO) für ein Konzert mit Beethovens Neunter in der Tauberphilharmonie zusammenfügen. Nach der Weikersheimer Aufführung geht das Gesamtensemble mit rund 200 Beteiligten auf Europatournee.

In Robert Schumann steckt viel Emotion: Chorleiter Jörn Andresen erklärt’s. © Michael Weber-Schwarz

Gärtnerhaus im Schlosspark: Dort treffen sich derzeit täglich für rund siebenstündige Proben die Sängerinnen und Sänger des „World Youth Choirs“ unter Leitung von Jörn Andresen. Auch dieser ist ein international renommierter Chordirektor und Kapellmeister; leitet Rundfunk- und Opernensembles, ist als Professor in Salzburg aktiv.

Bei den Proben mit den sorgfältig ausgewählten 85 Sängern aus der ganzen Welt herrscht ein „unfassbarer Energielevel“, sagt Andresen im FN-Gespräch. Und die Energie ist auch nötig, denn der Chorleiter arbeitet gleich an zwei Konzertprogrammen: den Aufführungen mit Tan Dun einerseits und einem reinen Chorkonzert mit romantischen Werken (u. a. Brahms und Schumann). Während der Orchester-Auftritt in der Tauberphilharmonie schon komplett ausverkauft ist, gibt es am Samstag noch die Möglichkeit, den riesigen Chor A capella in der Weikersheimer Stadtkirche zu hören (19.30 Uhr).

Weikersheim biete als „World Meeting Center“ des Jeunesses Musicales Weltverbands „sehr, sehr gute Bedingungen“ für das Großprojekt, denn ohne ausgeklügelte Logistik im Hintergrund geht es nicht.

Chorleitung: Was so einfach klingt, ist in diesem Fall extrem komplex. Es gelte, ganz unterschiedliche Mentalitäten zusammenzuführen. Trotz typgerechten Castings muss der Chor schnell eine gemeinsame Sprache sprechen. Andresens „Inszenierung“ geht dabei bis ins kleinste Detail und das in rasantem Tempo.

Beethoven ganz differenziert

Auch aus pädagogischer Sicht ein Kraftakt, vor allem wenn man – Beispiel Beethovens 9. Sinfonie – das Opus nicht als breites Poster malen will, sondern als differenziertes, transparentes Klangbild. Dafür braucht es einen „intelligenten Chor“, der sowohl stimmlich top aufgestellt, als auch willens und begeisterungsfähig ist, sich etwas (gewissermaßen) Neues zu erarbeiten.

Stimmen aus der ganzen Welt unter einem Dach: Für die Proben reicht das Gärtnerhaus im Schlosspark gerade so aus. © Michael Weber-Schwarz

Andresen stellt gleichzeitig das vom Komponisten Gemeinte im Sinne einer Werktreue in den Vordergrund. In vielen populären, beeindrucken-wollenden oder „praktikablen“ Einspielungen ist das gar nicht der Fall. Doch der Chorleiter denkt direkt von der Partitur aus, der Intention des Komponisten. Die jungen Musiker werden ihren Part übrigens auswendig singen; auch das ist nicht unbedingt zu erwarten und zeugt von einer gewissen Unbedingtheit und Risikobereitschaft samt musikalischer Leidenschaft.

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Junge Musiker und Musikerinnen aus dem ganzen Erdball: Darunter sind auch zwei „Locals“, die sich über das Auswahlverfahren qualifiziert habe. Der Creglinger Luca Zink und die bis zu ihrem elften Lebensjahr in Weikersheim aufgewachsene Felicitas Ammer. Zink war zuletzt im Romschlössle Creglingen bei einem Gesangsabend zu hören – und 2023 als Chorsänger in der JMD-Sommeroper „Der Liebestrank“. Ammer ist u. a. studierte Tonmeisterin, Komponistin und Jazzsängerin. Schon an den Biografien der beiden jungen Musikern kann man sehen: Beim „World Youth Choir“ stehen fast ausnahmslos Sänger mit professionellem Background auf der Bühne.

An einem „idealen Ort“

Weikersheim sei ein idealer Ort für das Projekt, heißt es vonseiten der JMD: Seit dem Jahr 2005 ist die Musikakademie World Meeting Center des Jeunesses-Weltverbands und die einzige deutsche Musikakademie, die nicht zuletzt mit der Tauberphilharmonie ausreichend Kapazität dafür biete.

Felicitas Ammer und Luca Zink sind die beiden Lokalmatadoren im Großprojekt. Von Weikersheim aus startet eine Tournee durch große Konzertsäle Europas. © Michael Weber-Schwarz

Zehn Tage lang „leben die jungen Menschen aus aller Welt unter einem Dach und in inspirierender Atmosphäre zusammen. Der lebendige Jeunesses-Geist und die seit Jahrzehnten gepflegten Ideale von Respekt, Neugier und Freundschaft im Zeichen der Musik verleihen dem Ort eine besondere Aura“, die für die jungen Musikerinnen und Musiker spürbar sei.

Dieser „Götterfunke“ werde sich auch dem Publikum mitteilen, „wenn junge Menschen von Weikersheim aus ihre Inspiration und ihre gewonnene Zuversicht, dass Verständigung und Friede möglich sind, in die Welt tragen.“

Info: Karten für das Konzert des „World Youth Choir“ unter dem Leitmotto „Lux“ in der evangelischen Stadtkirche Weikersheim am Samstag, 24. August, 19.30 Uhr gibt es online unter tickets.jmd.info, telefonisch unter 07934/9936-0 sowie an der Abendkasse.

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