Gedenkfeier in Vorbachzimmern

Main-Tauber-Kreis: Bauer, Demokrat und Lebensretter

Er war engagierter Landwirt, Weinbauer, Standesvertreter und Landespolitiker: Sein Heimatort Vorbachzimmern feierte jetzt mit Festakt den 150. Geburtstag seines Ehrenbürgers Johann Klein. Mit dabei: eine Enkeltochter.

Von 
Michael Weber-Schwarz
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Er war Landwirt und Landespolitiker: Johann Klein in einem Relief nah der Kirche. Geschaffen wurde das Porträt von Leo Wirth. © Michael Weber-Schwarz

Vorbachzimmern. Schwarzer Gehrock, Zylinder, Festkokarde: Wenn man Johann Klein bei der Bilderpräsentation in der Vorbachzimmerner Nikolauskirche sieht, dann wirkt er schon ein wenig wie aus einer anderen Welt. Und in einer solchen lebte der berühmte Sohn des (heutigen) Niederstettener Ortsteils auch: Im Sommer 1874 geboren war der Landwirt als Abgeordneter der erste Vertreter des südlichen Landkreises in Stuttgart. Von 1920 bis 1932 saß er im Landtag des freien Volksstaats Württemberg. Und nach dem Zweiten Weltkrieg war er von 1946 bis 1952 als CDU-Abgeordneter Mitglied des Landtags von Württemberg-Baden.

Bodenständig und bürgernah

Er galt als fleißig und rhetorisch als geschickter Stegreifredner, wirkte auch an verfassungsmäßigen Neustrukturierungen mit. Als Vertreter des Bauernstands setzte er sich vielfältig und stark für die Belange des ländlichen Raums ein. Und: Er blieb bodenständig und bürgernah bis zuletzt; trotz seiner zahlreichen öffentlichen Ämter. Klein starb 1956 an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Er war von einem Auto angefahren worden und zog sich dabei schwere Verletzungen zu.

Es war Ortsvorsteher Gerhard Hauf, der die Gedenkfeier moderierte. Trotz der Urlaubszeit hatte sich eine stattliche Anzahl an Festgästen eingefunden. Hauf verwies auf das hohe Engagement des Ehrenbürgers, der auch ein „Glaubensmensch“ war. Seine christliche Haltung war der Grund, warum er in der Zeit des Nationalsozialismus nicht mitmarschierte und deshalb als Vaterlandsverräter diffamiert wurde. „Beruf und Leben“ waren bei Klein eine Einheit, sein Lebensmotto lautete „Bet’ und arbeit’“ – er war ein „Bauer von Schrot und Korn“. Heute wird an Johann Klein mit einer Gedenktafel am kirchennahen „Weingärtnerhäusle“ erinnert. „Er war einer von uns und einer für uns“, so Hauf. Klein habe seine Heimat „hervorragend vertreten. Hauf streitet bekanntlich seit vielen Jahren für die Wiedereinrichtung des Vorbachzimmerner Bahnhalts – deshalb sorgte eine Anekdote für Heiterkeit bei den Zuhörern: Extra für den Abgeordneten hielt der D-Zug auch in Vorbachzimmern, wenn Klein von Stuttgart zurück ins Vorbachtal reiste.

Den „Demokrat der ersten Stunde“ würdigte auch Alt-Landrat Georg Denzer. Klein habe sich in seinem Leben alles selbst erarbeitet, „Weltgeschichte miterlebt und miterduldet.“ (Wein-) Bauer und zugleich hochpolitischer Mensch, geboren in einem kleinen Dorf mit Einfluss auf die Geschichte und Geschicke des Landes: Auf den Sohn könnten Vorbachzimmern und Nieder-stetten zurecht stolz sein. Klein sei schlicht eine Persönlichkeit gewesen.

Vom Dorf in die Poli-Arena

Bürgermeisterin Heike Naber würdigte das „beeindruckende Lebenswerk Johann Kleins. Er sei „eingetreten für unsere Belange“ in der weit entfernten „politischen Arena Stuttgart“. Dabei habe er echte Verantwortung übernommen, gegründet auf die „Entschlossenheit, das Richtige zu tun.“ Seine Überzeugungen habe er mit Mut vertreten – und seine Lebenszeit vor allem auf das Gemeinwohl ausgerichtet. Deshalb sei er für sie, so Naber, ein „wahrhafter Demokrat“.

Klein habe sich auf die „Bewahrung unserer Güter“ konzentriert, unter teils schwierigen Bedingungen, sagte Pfarrer Dominik Frank als Kirchenvertreter. Das Evangelium habe ihm dabei stets als Orientierung gedient. Das „geistliche Leben“ sei für Klein weniger Privatsache gewesen (wie oft heute), sondern Richtschnur gewesen. So sei er ein „beispielgebender Demokrat“.

Als Zeitzeugin erinnerte eine Enkeltochter von Johann Klein an das Wirken ihres Großvaters in Vorbachzimmern. © Michael Weber-Schwarz

Reinhard Friedrich, Kreisvorsitzender des Bauernverbands im Landkreis, erinnerte im Speziellen an Klein als Funktionär der Standesvertretung. Bis zu seinem Tod mit 82 Jahren war Klein Vorsitzender des Kreisbauernverbands, ab 1947 auch engagiert im Landesbauernverbands Württemberg-Baden und als solcher „eine starke Vertretung für bäuerliche Interessen“. Vor allem in der Nachkriegszeit setzte sich Klein für die Erzeugung von Nahrungsmitteln ein und damit für die Ernährung der Bevölkerung.

Gerade heute – vor dem Hintergrund von Kriegen und Krisen – werde die Wichtigkeit der Nahrungsmittelversorgung wieder für jeden Menschen spürbar. In friedlichen Zeiten nehme man sie als selbstverständlich wahr; komme es zu Engpässen, rücke die heimische Erzeugung als wichtiges Element wieder in den Fokus.

Rettung vor nahen US-Truppen

Eine Enkelin von Johann Klein nahm ebenfalls am Festakt teil. Sie erinnere sich genau, dass Klein die Nachkriegsgeneration aus der Depression heraus unermüdlich wieder zu neuem Selbstbewusstsein ermuntert habe. Für sie seien Aufenthalte in Vorbachzimmern „die schönste Zeit meines Lebens gewesen.“

In den letzten Kriegstagen, als sich die Ortseinwohner vor den heranrückenden US-Truppen ins Freie oberhalb des Vorbachzimmerner Ortskerns in Sicherheit gebracht hatten, habe Johann Klein abschließend alleine noch einen Kontrollgang durchs Dorf gemacht.

Dort habe er einen hungrigen US-Soldaten als Kundschafter getroffen und diesen sofort spontan bewirtet. Dabei habe er unter der Hand erfahren, dass ein möglicher baldiger Artilleriebeschuss durch die Amerikaner wohl nicht (wie erwartet) der Dorfmitte gelten solle, sondern genau der Klinge oberhalb, in der sich die Einwohner in Sicherheit wähnten.

Klein forderte seine Mitbürger also auf, die Klinge wieder zu verlassen und still in ihre Häuser zurückzukehren. Das habe sicherlich viele Menschenleben gerettet – „Danke Großvater!“

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Bad Mergentheim

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