Initiative „Pro Tauberbahn“

Langer Kampf für verlässliches und pünktliches Bahn-Angebot

In der Initiative „Pro Tauberbahn“ engagieren sich Menschen aus den Landkreisen Main-Tauber und Schwäbisch Hall, denen ein gut funktionierender Zugverkehr auf der Tauberbahn zwischen Crailsheim und Wertheim wichtig ist.

Von 
Linda Hener
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Die Probleme auf der Tauberbahnstrecke mit zahlreichen Zugausfällen und Bus-Ersatzverkehren beherrschen seit Monaten die Schlagzeilen. © Linda Hener

Main-Tauber-Kreis. Die Strecke Wertheim-Tauberbischofsheim-Lauda-Bad Mergentheim-Weikersheim-Crailsheim bildet nach Ansicht der Initiative „Pro Tauberbahn“ das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs in den beiden Landkreisen Main-Tauber und Schwäbisch Hall. In der Initiative seien alle willkommen, so heißt es auf der Homepage der Gruppierung, die sich mit für einen optimalen Bahnverkehr und ein insgesamt gutes Dienstleistungsangebot einsetzen wollen.

Ende Juli stellte die Initiative in Bad Mergentheim – die FN berichteten bereits darüber – ein Zukunftskonzept für die Bahnstrecke vor. Nun sprach unsere Reporterin nochmals mit Marc Müller aus Wallhausen und Thomas Tuschhoff aus Bad Mergentheim, den beiden Hauptverantwortlichen der Initiative.

Weshalb gibt es die Initiative „Pro Tauberbahn“ überhaupt?

Die Tauberbahn zwischen Wertheim und Crailsheim habe große Bedeutung für die Mobilität und den öffentlichen Verkehr in der Region, sagen Müller und Tuschhoff. Mit Anschlüssen in Miltenberg, Lauda und Crailsheim stelle sie die Verbindung zum gesamten Bahnnetz her. „Damit ist sie unverzichtbar für die Mobilität der Menschen in Nordwürttemberg.“ In den vergangenen Jahren würden die Verspätungen und Zugausfälle allerdings immer drastischere Formen annehmen und das Bahnfahren unattraktiv oder sogar unmöglich machen. Die Initiative vertrete die Interessen der Fahrgäste und setze sich für einen verlässlichen und pünktlichen Zugverkehr ein.

Wie hat sich die Initiative entwickelt?

„1999 wurden die Rückschritte auf der Tauberbahn immer massiver – die Stilllegung stand im Raum“, erläutert Müller. Anfangs hätten sich unter dem Namen „Interessengemeinschaft Reaktivierung Haltepunkt Wallhausen“ einige Personen, insbesondere aus Wallhausen und Umgebung, zusammengeschlossen. „Die ersten Kontakte zu Abgeordneten, ins Verkehrsministerium, zur Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH (NVBW), zum Landratsamt und so weiter wurden geknüpft.“ So habe sich ein erstes Tauberbahnkonzept entwickelt.

„Abgeordnete und Bürgermeister kamen mit ins Boot und engagierte Leute bei der NVBW haben die Problematik erkannt“, so Müller weiter: „Es gab teilweise große Widerstände, zum Beispiel durch Eltern, die nicht haben wollten, dass ihre Kinder Bahn fahren oder Busunternehmen, die um ihre Existenz fürchteten. All das hat dazu geführt, dass sich die Umsetzung hinzog. Bereits 2007 konnte der Bahnhof in Satteldorf für den Personenverkehr reaktiviert werden und 2013 kam Wallhausen dazu, inklusive der Anpassung der Busverkehre, insbesondere zwischen Crailsheim und Schrozberg.“

Die Interessengemeinschaft wurde in „Initiative Pro Tauberbahn“ umbenannt und in einer Phase – von 2006 bis 2016 – in der es mit der Tauberbahn aufwärts gegangen sei, wurden die Aktivitäten laut Müller geringer. Man habe begonnen, die letzte verbliebene Nebenbahn der Tauberbahn – von Blaufelden nach Langenburg – zu reaktivieren. Hierzu wurde 2011 der „Förderverein Nebenbahn Blaufelden-Gerabronn-Langenburg“ gegründet, bei dem Marc Müller Vereinsvorsitzender ist. Dieser Verein habe etwa 120 Mitglieder.

„Die Initiative hat keine feste Zahl an Mitgliedern, da sie eine lose Verbindung Interessierter ist. Die Hauptarbeit teilen sich derzeit rund sechs Personen“, führt Müller aus.

Was läuft nach Ansicht der Initiative schief bei der Bahn?

Jahrzehntelang sei zu wenig in die Streckeninfrastruktur investiert worden: „Sie ist veraltet und benötigt zum Betrieb viel Personal, das immer weniger zur Verfügung steht. Die aktuellen Investitionspläne führen zwar dazu, dass künftig weniger Personal benötigt wird, erschließen das volle Potenzial der Strecke aber nicht. Schlimmer noch, es werden damit Möglichkeiten verbaut, das Zugangebot zu verbessern.“

Wie ist die Zusammenarbeit zwischen der Initiative und den Landratsämtern?

„Die Landkreise sind zuständig für den ÖPNV auf der Straße“, so Tuschhoff. „Sie müssen ihre Busfahrpläne auf die Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Züge abstimmen, um ihre Gemeinden ans Schienennetz anzubinden.“ Die Initiative Pro Tauberbahn sehe ihre Aufgabe darin, die Landkreise dabei zu unterstützen. „Sie hat auf die Probleme für den Busverkehr aufmerksam gemacht, die vom Fahrplankonzept 2.0 der Westfrankenbahn (WFB) verursacht worden wären. Insbesondere an den Schulstandorten wäre eine große Schere zwischen den Ankunftszeiten aus beiden Fahrtrichtungen aufgegangen. Zudem wären in Lauda die Anschlüsse zum RE 8 nach Würzburg und in Crailsheim die bisherigen Anschlüsse nicht mehr erreicht sowie die Madonnenlandbahn isoliert worden.“ Diese Argumente hätten die Landkreise überzeugt und dazu geführt, dass das Fahrplankonzept 2.0 der WFB abgelehnt wurde.

Welche Vorschläge beinhaltet das Zukunftskonzept?

„Als Alternative zum Fahrplankonzept 2.0 der WFB haben wir als ersten Schritt einen Übergangsfahrplan vorgeschlagen, der sofort auf der vorhandenen Infrastruktur gefahren werden kann und jeden Haltepunkt einmal pro Stunde bedient“, meint Müller. Er würde den Zugbetrieb stabilisieren. In einem zweiten Schritt baue ein Zukunftsfahrplan auf Investitionen in die Infrastruktur. Dadurch solle das volle Potenzial der Tauberbahn erschlossen werden.

„Zeitpuffer fangen Verspätungen auf, ermöglichen zusätzliche Haltepunkte, zum Beispiel in Vorbachzimmern oder am ’Solymar’ in Bad Mergentheim. Taktverdichtungen sind nach Bedarf möglich. Dazu sind Streckenabschnitte, in denen Zugkreuzungen stattfinden, zweigleisig auszubauen“, erläutert der Sprecher der Initiative. „Die Kreuzungen finden dann flexibel innerhalb des zweigleisigen Abschnitts statt und nicht nur statisch in einem Bahnhof. Dadurch werden die Gegenzüge von Verspätungen nicht mehr beeinflusst und Güterverkehre werden ermöglicht.“

Wie sehen die Chancen aus, dass das Konzept umgesetzt wird?

Das Zukunftskonzept umfasse Investitionen, die gut doppelt so viel Geld kosten würden, als gegenwärtig dafür geplant sei. Die Tauberbahn werde dadurch aber zukunftsfähig und verkehrswendetauglich, sagen die Verantwortlichen. Man hoffe, dass die Ideen trotz höherer Kosten aufgegriffen und umgesetzt werden.

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Weshalb engagieren sich die Verantwortlichen so sehr?

„Persönlich bin ich jeden Tag mit der Bahn zur Arbeit nach Crailsheim unterwegs gewesen“, berichtet Müller. „Mittlerweile geht das natürlich nicht mehr, da morgens und nachmittags keine Züge mehr fahren. Dazu habe ich eigentlich das 49-Euro-Ticket. Jetzt fahre ich alles mit dem Rad und wenn sich die Situation auf der Tauberbahn nicht schnell ändert, werde ich das Ticket kündigen müssen. Solange das Wetter für das Rad vertretbar ist, kann man dies nutzen, und dann muss halt der Pkw herhalten. Das ist nicht das, was man sich unter einer Verkehrswende vorstellen sollte.“

Seinen Bezug zur Bahn verwirklicht er auch im Betreiben einer Modellbahnhalle in Wallhausen, die eine Fotoausstellung zur Tauberbahn enthält.

Thomas Tuschhoff betont: „Die Bahn ist eine wichtige Infrastruktur für die Region, sei es für den Berufs- und Schülerverkehr, für den (Fahrrad-)Tourismus oder den Güterverkehr.“ Die schlechte Erreichbarkeit von Bad Mergentheim mit öffentlichen Verkehrsmitteln werde in Befragungen von Touristen regelmäßig massiv kritisiert. „Sie ist ein Standortnachteil. Auch viele Einheimische vermeiden es wegen der Unzuverlässigkeit inzwischen, mit der Bahn zu fahren. Als langjähriger, nun Ex-Stadtrat der Grünen in Bad Mergentheim, dem die Verkehrswende wichtig war und ist, lässt mich das nicht gleichgültig.“

Tuschhoff betrachtet es als eine wesentliche Aufgabe der Kommunalpolitik, für ein verlässliches und pünktliches Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln in der Region zu sorgen.

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