Tauberphilharmonie

Weikersheim: Ausverkaufter Saal feiert Soulsänger Max Mutzke

Tosender Applaus, singende Zuhörer – und die Tauberphilharmonie ist ausverkauft: Soulsänger Max Mutzke war seinerseits begeistert vom mitfeiernden Publikum. Ein fast schon berauschender Konzertabend mit bemerkenswertem Tiefgang.

Von 
Michael Weber-Schwarz
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Seinen Hit „Can’t wait until tonight“ vom Eurovision Song Contest 2004 hatte Max Nepomuk Mutzke auch mit im Gepäck. © Michael Weber-Schwarz

Weikersheim. Wie die Zeit vergeht: Es ist schon fast zwei Jahrzehnte her, als Max Nepomuk Mutzke bei Stefan Raabs „TV total“ erstmals auftauchte. Heute ist der mittlerweile 41-jährige Mutzke einer der bedeutendsten Pop-, Rock-, Soul und Jazzsänger Deutschlands. Flashback: 2004 nahm er am Eurovision Song Contest teil und belegte Platz 8.

Frühere Erfolge zählen auf der Bühne nur bedingt – bei Livekonzerten beginnt jeder Sänger bei Null und muss sein Publikum packen. In der ausverkauften Weikersheimer Tauberphilharmonie hat es Mutzke gefühlt noch einen Tick schwerer, denn er ist nicht etwa samt Partyband angereist, sondern tritt mit Kammermusikbesetzung auf. Seine Paperboy-Mütze früherer Zeiten hat er gegen einen dunklen Filzhut-Klassiker ausgetauscht.

Das wunderbare Klassik-Ensemble „Takeover“ kennt man in Weikersheim schon: Ende 2021 war es bei etwas anderer Aufstellung die Begleitband für das hochemotionale Konzert von Max Herre. Takeover ist auf Popmusik mit klassischen Instrumenten spezialisiert – Geiger und Crossover-Künstler Mihalj „Miki“ Kekenj arrangiert dabei die Songs bekannter Künstler neu und unplugged.

Der Konzertauftakt: „Takeover“ lässt (bei fast schon sensationellem Detailsound) filigran eine Nummer von Astor Piazolla aus der Stille erscheinen. Der Meister des Tango Nuevo hat die Welt mit seinen oft orchestralen Kompositionen inspiriert. In Weikersheim kommt alles in Essenz, dicht, fein-rhythmisch, atemberaubend. Die Zuhörer werden aus ihrem Alltag heruntergebremst und eingeschworen auf eine intime Stimmung.

„Wahnsinn, was hier los ist!“

Auftritt aus dem Bühnenhintergrund Max Mutzke: Der nutzt den piano gewirkten Teppich der Gefühle für „Welt hinter Glas“. Was für eine Stimme: Das Publikum geht aus dem Stand aber geradezu ab und klatscht sich warm. Freundlich überrascht Max Mutzke: „Unglaublich was heute hier los ist. Das ist ja Wahnsinn!“

Das Publikum feierte den Schwarzwälder Sänger und das Ensemble „Takeover“ in der bis ins „Dachgeschoss“ hinauf ausverkauften Tauberphilharmonie. © Michael Weber-Schwarz

Tiefenentspannt moderiert sich Mutzke zwischen seinen Songs („Gute Geschichten“, „Magisch“, „Schwerelos“ und „Wunschlos süchtig“) durch die erste Hälfte. Die „guten Dinge“, die seien bei allen schlechten Nachrichten doch die wichtigsten an einem Abend. Deshalb sollte man sie auch jeden Tag im Privaten erzählen – und nicht den internet-inspirierten Angst-Unsinn und den durch nichts gerechtfertigten Abgesang auf die deutsche Demokratie. Dafür gibt’s von Mutzke Lieder von der großen brennenden Liebe und dem Wieder-Nach-Hause-Kommen.

Vor der Pause hat Mutzke sein Publikum bereits so im Griff, dass es jede Textzeile im Chor und vom Sänger dirigiert mitsingt. Der lässt immer wieder sein ungeheueres musikalisches Potenzial aufblitzen und kann den Ton eine halbe Minute lang stehenlassen – oder er wechselt ohne Bruch in eine hochmelodische Kopfstimme.

Insgesamt 14 Nummern gibt es an diesem Abend: „Creep“ (von Radiohead), „Beste Idee“ oder „Charlotte“ im zweiten Teil. Hier schlägt die Stunde von Kontrabassist Max Dommers, der mit seinem Klassikinstrument unerhört upbeat durch den Song groovt. Da möchte man aufspringen und tanzen. Mutzke erkennt den Drang und lässt aufstehen. Der Saal bewegt sich, schwelgt im Sound und feiert die Band mit todendem Applaus.

Klassiker ohne Sentimentalität

Die beiden Zugaben sind wohlgesetzt: James Browns Top-Chauvie-Hit „It’s a Man’s World“ von 1966. Ihn hat Cher 1995 in einer eigenen artifiziellen Version gewissermaßen vom immanenten Machismo vor-befreit, sodass er sich heute wieder singen lässt.

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Ähnlich schwierig ist Eric Claptons „Tears in Heaven“, das Max Mutzke als Schlusssong des Abends setzt. Merkwürdig jenseitig und glaubensschwanger ist die (leider zudem schwer abgenudelte) Nummer bei Clapton. Den Tod des vierjährigen Gitarristen-Sohnes durch einen Fenstersturz aus dem 53. Stockwerk eines New Yorker Hochhauses hat man als Hörer dabei auch im Genick. Die kalkulierte Tränendrüsen-Version mit Elton John, Steven Tyler und Ozzy Osbourne von 1995 markierte eigentlich den Todesstoß für den Song.

Mutzke schafft es aber mit feinster Melodieführung, das Historisch-Bräsige aus dem Lied zu nehmen. Vielleicht war’s ja Kinga Glyks textlose Soloversion für den Fender-Jazz-E-Bass, die Mutzke inspiriert hat, sich um „Tears in Heaven“ zu kümmern. Er singt es aus dem Dunkel heraus, verzichtet auf jeden verdächtigen Lichteffekt. Wie immer Mutzke den Song für sich selbst interpretiert: Das Publikum spürt das Authentische und lässt das Gesamtensemble unter stehendem Applaus schließlich ziehen. Ein stimmiger Genuss-Abend einerseits, der aber auch für die Besucher etwas geboten hat, die zwischen den Zeilen hören mögen.

Info:

Jetzt fehlt eigentlich nur noch Nummer 3 fürs Tauber-Triple: „Takeover“ begleitete Max Herre sowie Max Mutzke – doch das Ensemble tritt gelegentlich auch mit der genialen wie hinreißenden Soulsängerin Joy Denalane auf. Wünsche für die „Tauphi“ kann man ja immer wieder mal äußern...

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