Weikersheim.. Gemälde auf Schützenscheiben – sie sind echte Volkskunst. Die Tradition reicht Jahrhunderte zurück. Neuer Fackelträger für Weikersheim ist Bernd Hellstern – er hat erstmals die Scheiben für das Kärweschießen gestaltet.
Eine Schützenscheibe ist etwas ganz Besonderes: Einst waren die hölzernen „Teller“ tatsächlich richtige Zielscheiben. Im Lauf der Jahrhunderte wurden sie für besondere Anlässe zunehmend verziert und das Beschießen trat in den Hintergrund – weil man die kunstvollen Gestaltungen nicht zerstören wollte. Die Schützenscheibe wurde zur Ehrenscheibe und vor allem an Sieger von wichtigen Schießwettbewerben vergeben. Von heute aus betrachtet bieten historische Scheiben mit ihren vielfältigen Motiven auch interessante Einblicke in die Lebenswelten ihrer Maler.
Bei der Weikersheimer Schützengilde (SGi) haben solche handbemalten Scheiben eine gute und lange Tradition. Zuletzt hat die Weikersheimer Restauratorin Dorothee Schmidt – über drei Jahrzehnte lang – die örtlichen Scheiben bemalt. In Handarbeit und mit großer Liebe zum Detail. Jetzt hat der Igersheimer Bernd Hellstern diese Aufgabe übernommen. Er ist nicht nur Mitglied in seinem Igersheimer Schützenverein, sondern schießsportlich gleichzeitig schon lange ein Weikersheimer und Pressebeauftragter der SGi.
Auch für die Kalroben im Einsatz
Dass Bernd Hellstern auch Maler ist, das wissen mindestens die Igersheimer längst: Als unermüdlicher Fas(t)nachter, Ur-Motor und Ehrensenator der Fastnachtsgesellschaft „Kalrobia“ zeichnet er schon immer für die Masken- und Kostümgestaltung verantwortlich. Bis heute verleiht Bernd Hellstern den Masken schnitzend und malend das „Fein-tuning“. Wer also in der Narrenzeit einen original Igersheimer Narren kostümiert auf der Straße sieht: das Outfit ist unweigerlich durch die erfahrenen Hände von Hellstern gegangen.
Eine Schützenscheibe ist aber ein ganz anderes Ding. Obwohl dem malbegeisterten Künstler die Arbeit recht flott von der Hand geht, kommt es immer auf das Motiv an, wie Bernd Hellstern bei einem Vor-Ort-Termin im Weikersheimer Schützenhaus an der Tauber verrät. „Manche Motive habe ich in ein paar Stunden fertig. Bei machen dauert es aber viele Abende.“ Letzteres war beim klassischen Schlossmotiv der Fall, mit dem Hellstern eine der vier aktuellen Kärwe-Schützenscheiben verziert hat.
Die architektonischen Perspektiven von Park und Schlossbau, die Bepflanzungen, da habe er sich schon richtig reinknien müssen, bis alles stimmte. Doch als Künstler kann man sich auch ein paar Freiheiten nehmen. Aus dramaturgisch-gestalterischen Gründen sind einige Blumen mehr hinzugekommen, als in Wirklichkeit blühen. Weil es einfach schöner aussieht.
In diesem Jahr wurden für die Kärwe (bereits im Juli) vier Disziplinen ausgeschossen. Jeder Interessierte konnte mitmachen: Kleinkaliber aufgelegt, Luftgewehr stehend, Luftpistole und Bogen. Wer jeweils Sieger oder Siegerin wurde, das bleibt bis zum Weikersheimer Hauptfest geheim. Das hat unter anderem damit zu tun, dass sich die vier Schützenscheiben zwar weitgehend vorproduzieren lassen, doch am Ende werden auch noch die Namen der Gewinner von Bernd Hell-stern aufgemalt. Und: Wartezeiten steigern die Spannung.
Das Schützenwesen in Weikersheim: Es ist übrigens schon einige Jahrhunderte alt. Erstmals urkundlich erwähnt wurden die „Weikersheimer Schützen“ im Jahr 1466. Überliefert ist, dass die Herrschaft der Hohenlohe für das Schützenfest, das gemeinsam mit der Kärwe gefeiert wurde, einen Hammel gestiftet hat.
Eine lange Verbundenheit
Die alte Tradition und Verbundenheit betonte auch Bürgermeister Nick Schuppert beim Malerei-Stabwechsel-Termin im Schützenhaus. Schon seit den Anfangstagen des neuzeitlichen Kärweschießens stiftet die Stadt Weikersheim die Bemalung. Die Buchenholzscheiben selbst werden von einem Vereinsmitglied gedrechselt; einem Zimmermann aus Riedenheim. Die Stadt, betonte Schuppert, würdige mit ihrem unterstützenden Beitrag auch den bürgerschaftlichen Einsatz des Vereins für Weikersheim und die Kärwe.
Info: Die weiteren Motive der Schützenscheiben nehmen wichtige welthistorische Ereignisse auf, die sich 2022 jähren: Die (Mit-) Erfindung des Telefons durch Alexander Graham Bell, der vor einhundert Jahren starb, die Entdeckung des Königsgrabs von Tut ench Amun im Jahr 1922 durch Howard Carter und das 150-Jahr-Jubiläum des Yellowstone-Nationalparks. Er ist der älteste Nationalpark der Welt.
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