Weikersheim. Rund 380 Sitzplätze für Opernfans im Weikersheimer Schlosshof. Mit dieser Hausnummer plant aktuell die Jeunesses Musicales (JMD) ihre „Carmen“. Statt bislang neun Aufführungen soll es elf geben.
Die großen Freilichtbühnen in der Region spielen, wenn auch mit deutlichen Zuschauer-Einschränkungen: Röttingen und Schwäbisch Hall etwa. Was ist mit Georges Bizets Welt-Oper „Carmen“ im Schlosshof?
Hier liegen die hygienischen Hürden nicht nur in der sinnvoll angepassten Organisation von Sitzplätzen. Rund einhundert Akteure nämlich umfasst schon das Musiker-Ensemble – Sänger und Orchestermitglieder. Die müssen unter Hygienebedingungen bis zur Premiere am 22. Juli proben können. Und in Weikersheim übernachten, essen, ihre Restfreizeit verbringen.
Im Hinblick auf eine erfolgreiche Produktion braucht dieser Prozess klare Regeln, das hält Käthe Bildstein, Pressesprecherin der JMD fest. Einsprechend komplex und aufwändig ist die gesamte Organisation des Opernkurses. Die JMD hat eigens Mitarbeiter ausbilden lassen, die mit entsprechender Sachkunde die regelmäßigen Corona-Tests der Künstler überwachen.
Ein immenser Aufwand
Viel Aufwand also, um wieder junge Musiker und die lange vermisste Musik nach Weikersheim zu bringen: Wie immer ist die Junge Oper des Jeunesses Musicales ein internationales soziales und musikpädagogisches Projekt – der Zuhörer am Opernabend sieht ja „nur“ das Ergebnis dieser einzigartigen Jugendarbeit.
Trotz der Pandemie-Hürden dürfte auch diese Sommeroper ein Erfolg werden. Der Vorverkauf läuft trotz der coronabedingten Unwägbarkeiten sehr gut, berichtet Bildstein.
Aktuell gibt es Karten nur in Gutschein-Form, die dann umgetauscht werden können, wenn die Sitzplatzstruktur steht. Am Montag gab es bereits ein Treffen mit einem Vertreter des Gesundheitsamts, um die genaueren Bedingungen festzulegen. Wer bereits Gutschein-Karten hat, wird von JMD-Seite zeitnah weiter über die Entwicklung informiert. Die JMD arbeitet unter Hochdruck daran, den Umtausch in Karten für die Operngäste möglichst komfortabel zu gestalten.
Derweil sind die Opernsolisten aus der ganze Welt bereits in Weikersheim angekommen. USA, Korea, Deutschland, Chile, Kolumbien, Südafrika, Portugal: Der internationales Opernnachwuchs probt bereits in der Tauberphilharmonie.
Drei Besetzungen gibt es für die Titelrolle: zwei Südamerikanerinnen und eine Deutsche. Zusammen mit Dirigent Elias Grandy (er ist Cellist und Konzert-, sowie Operndirigent und Generalmusikdirektor des Theaters und Orchesters in Heidelberg) wird am Dienstag die bekannte „Habanera“ geprobt: Tangoartig im Zwei-Vierteltakt können sich die drei Sängerinnen im Wittenstein-Saal an der Arie „L’amour est un oiseau rebelle“ (dt.: Die Liebe ist ein wilder Vogel) versuchen.
Ganz eigene Charaktere
Grandy arbeitet für und mit jeder Sängerin eine persönliche Interpretation heraus. Oder andersherum formuliert: Er vermeidet es tunlichst, eine Einheits-Carmen schaffen zu wollen, sondern setzt an den individuellen Voraussetzungen der Künstlerinnen an und erweitert mit hohem pädagogischem Geschick deren Möglichkeiten.
Regisseur Björn Reinke (zuletzt in der Region 2019 in Röttingen als Spielleiter der Operette „Der Vetter aus Dingsda“) wird an dieser jetzt schon angelegten „Individualisierung“ der Rollen weiterarbeiten müssen. Das wird es am Ende auch für Mehrfach-Zuhörer interessant machen: Jedes Teilensemble wird mit einer eigenen Charakteristik auf der Bühne stehen.
Zum Regiekonzept ist bisher nur wenig bekannt, doch wie schon in den vergangenen Inszenierungen wird zeitgemäß geplant. Das Opernplakat zeigt eine Jugendliche unserer Zeit. Und: „Carmen“ macht eine Jetzt-Interpretation vor ihrem existenziellen Hintergrund vergleichsweise leicht. Programmatische Banksy-Street- und Popart trifft in Migrationsströmen auf sozial mitbedingte Gefühls-Spagate? Man darf gespannt sein, was kommt.
Gutscheine für die Opern-Aufführungen (Beginn ist immer um 21 Uhr) sind weiterhin online über die Jeunesses-Website www.jmd.info erhältlich. Auch ein Kartentelefon ist unter 07934 / 9936-36 geschaltet. Zu erwerben sind Gutscheine für Karten grundsätzlich noch ohne Festlegung einer bestimmten Vorstellung.
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