Walldürn. Seit 16 Jahren ist Markus Günther Bürgermeister der Stadt Walldürn. Der 59-Jährige möchte dieses Amt acht weitere Jahre ausüben. Über seine erneute Kandidatur sprachen die FN mit ihm am Walldürner Märzenbrünnlein.
Herr Günther, wir treffen uns zu diesem Interview am Märzenbrünnlein. Warum ist das Ihr Lieblingsort auf Walldürner Gemarkung?
Markus Günther: Weil es hier sehr idyllisch ist. Gerade zur Weihnachtszeit kommen hier viele Familien her, um sich mit anderen zu treffen.
Braucht man als Bürgermeister solche idyllischen Orte der Ruhe und Besinnung besonders, weil man täglich im Vollstress steht?
Günther: Man bräuchte sie, ja. Aber man hat leider nicht die Zeit dazu, solche Orte regelmäßig zu besuchen. Zur Entspannung sitze ich aber auch mal gerne zuhause im Wohnzimmer und mache nichts – kein Fernsehen, keine Bücher, kein Handy. Man muss sich die Zeit für sich nehmen. Das tut dem Geist gut.
Ist am Märzenbrünnlein auch Ihre Entscheidung gereift, für eine dritte Amtszeit zu kandidieren?
Günther: Nein, die ist zuhause gereift. Dort habe ich lange überlegt und mit vielen Weggefährten und meiner Familie diskutiert.
Wir könnten Urlauber eine ganze Woche lang beschäftigen."
Viele Bürgermeister sind nach zwei Amtszeiten müde. Sie haben also noch die Kraft für weitere acht Jahre?
Günther: Ich bin motiviert und habe mir das lange überlegt. Ich habe das auch für meine Mitarbeiter im Rathaus gemacht. Wir arbeiten als Team gut zusammen. Wenn ein neuer Bürgermeister kommt, muss der sich erst einmal einarbeiten. Das braucht seine Zeit.
Was haben Sie gedacht, als Sie erfuhren, dass sich mit Meikel Dörr einer Ihrer engsten Mitarbeiter auch beworben hat?
Günther: Ich war überrascht. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
Hat sich Ihr Verhältnis seitdem verändert? Sie müssen ja nach wie vor zusammenarbeiten.
Günther: Das muss man professionell handhaben. Er ist ja weiterhin mein Mitarbeiter. Aber das Vertrauensverhältnis, das vorher sehr tief war, ist natürlich erschüttert. Es ist schwierig, da wir im Zimmer gegenüber sitzen. Auch menschlich ist das für mich nicht unproblematisch. Ich bin schon enttäuscht.
Hat Dörrs Kandidatur die Herangehensweise an Ihren Wahlkampf beeinflusst?
Günther: Selbst wenn ich keinen Gegenkandidaten gehabt hätte, hätte ich trotzdem einen normalen Wahlkampf gemacht, aber eben nicht in dieser Intensität. Man muss sich zwar auf seine Mitbewerber einstellen, aber man muss sich auch um sich selbst kümmern. Ich will mit den Leuten in Kontakt kommen und ihnen sagen, warum sie mich wählen sollen.
Und warum sollen Sie das?
Günther: Weil ich 16 Jahre Erfahrung habe und das gerne mache. Ich bin motiviert und habe noch sehr viele Ideen für Walldürn. Ich bin in allen Bereichen sehr gut vernetzt.
Können Sie die Kernpunkte nennen, auf die Sie noch Lust haben und die Walldürn jetzt braucht?
Günther: Wir müssen uns der Innenstadtentwicklung widmen. Außerdem müssen wir neue Wege bei der Wallfahrt gehen. Wir haben eine Umstellung der Pilgerströme, darauf müssen wir uns einstellen. Die Wallfahrt gehört einfach dazu. Wir haben so viele Chancen in verschiedenen Bereichen, auch beim Tourismus. Walldürn hat so viel zu bieten, wir könnten Urlauber eine ganze Woche lang beschäftigen. Wir müssen noch mehr an die Schichten herankommen, die wir bisher noch nicht erreicht haben.
Ist das dann eine reine Marketingmaßnahme?
Günther: Wir haben im Marketing schon sehr viel gemacht. Aber wir brauchen die dauerhafte Anstrengung. Wir müssen aufbereiten, was wir zu bieten haben.
Sie haben lange überlegt, ob sie ein drittes Mal kandidieren. Hat Sie die Unsicherheit darüber am meisten beschäftigt, ob Sie die Walldürner nach 16 Jahren immer noch als Bürgermeister haben möchten?
Günther: Dieser Gedanke hat keine große Rolle gespielt. Ich musste für mich entscheiden, ob ich das machen möchte. Und ich will das Amt noch acht Jahre ausüben, auch wenn die Zeiten nicht einfacher werden. Wir müssen beispielsweise die Abwassersituation neu ordnen. Wir müssen die Bürger mehr in die Pflicht nehmen. Den Ruf nach dem Staat werden wir nicht immer akzeptieren können, denn auch die Stadt leidet unter dem Fachkräftemangel.
Das klingt nach einem Aufruf nach mehr ehrenamtlichem Engagement. Haben Sie da schon konkrete Ideen?
Günther: Das ist noch kein fester Plan. Aber wir müssen die Bürger dafür sensibilisieren. Das ist ein Prozess. Ich kann ein Beispiel nennen: Als wir begonnen haben, Blühwiesen zu sähen, mussten wir die Leute darauf aufmerksam machen, dass das gewollt ist und die Gärtner nicht vergessen haben, zu mähen.
Wie hoch ordnen Sie die Nibelungenhalle in Ihrer Prioritätenliste ein?
Günther: Die Sanierung der Nibelungenhalle hat für mich hohe Priorität – und das nicht erst seit zwei Jahren. Für eine Renovierung brauchen wir aber Vorbereitungshandlungen. Die Halle ist dann zehn bis achtzehn Monate gesperrt. Deswegen mussten wir erst die Turnhalle in der Keimstraße auf den neuesten Stand bringen, bevor wir an die Nibelungenhalle rangehen können. Im nächsten Schritt wollen wir im Herbst, wie schon bei der Turnhalle in der Keimstraße, eine Projektgruppe, bestehend aus Gemeinderäten und Vereinsvertretern, einrichten.
Kommt anstelle einer Sanierung auch ein Neubau in Frage?
Günther: An gleicher Stelle können wir die Nibelungenhalle nicht neu bauen. Dort ist mittlerweile ein reines Wohngebiet ausgewiesen. Für eine Mehrzweckhalle würden wir also keine Genehmigung bekommen. Ich sehe keine Notwendigkeit eines dringenden Abrisses, denn die Halle hat eine gute Substanz.
Braucht Walldürn, um weiter zukunftsfähig zu sein und junge Familien anzulocken, das Baugebiet „Vorderer Wasen II“?
Günther: Nicht kurzfristig, aber mittelfristig. Im kommenden Baugebiet „Neuer Wasen“ haben wir 49 Grundstücke. Ich denke, dass die schnell vergriffen sind. In den nächsten fünf bis zehn Jahren werden wir den „Vorderen Wasen II“ brauchen. Es ist wichtig, dass wir auf beiden Beinen stehen und parallel dazu die Innenstadtentwicklung vorantreiben.
Zur Innenstadtentwicklung gehört auch eine ansprechende Gastronomie. Wie kann sich eine Kommune in diesem Feld engagieren?
Günther: Wir dürfen uns in diesem privaten Bereich nicht zu arg tummeln. Wir können Anreize schaffen und Übergangsunterstützung anbieten, oder etwa das Stadtmarketing mit einbeziehen. Während der Pandemie haben wir beispielsweise initiiert, dass eine Übersichtskarte erstellt wird, welche Restaurants wann Essen zum Abholen anbieten. Im Moment läuft wieder der „Gastro-Stammtisch“, den wir angeschubst haben. Es ist wichtig, dass sich die Gastronomen nicht als Konkurrenz sehen, sondern als Ergänzung. Sie sollten sich absprechen, wann wer Urlaub hat. Diese Vernetzung können wir als Stadt unterstützen.
Was haben Sie in ihren 16 Amtsjahren nicht geschafft, wollen es aber unbedingt in Ihrer dritten Amtszeit umsetzen?
Günther: Die Abwassersituation drängt in den nächsten Jahren. Da müssen wir auf jeden Fall viel Geld investieren.
Die Gegenfrage dazu: Auf was sind Sie in Ihrer Amtszeit besonders stolz? In welchen Bereichen hat sich Walldürn weiterentwickelt?
Günther: Das sind zwar profane Sachen, aber Walldürn hat sich verschönert. Das genießen die Leute. Wir haben neue Veranstaltungen, die von der Bevölkerung gut angenommen werden. Und wir haben in den vergangenen 16 Jahren viele Schulden abgebaut. Das ging nur durch eine konsequente Strategie.
Sie sprechen gerade viel mit Bürgern. Was nehmen Sie dort „an der Basis“ wahr?
Günther: Es kam viel positive Resonanz aber auch Kritik. Es gehört dazu, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Es ist wichtig, die Kritik ernst zu nehmen.
Ist es nicht schwer, gerade im Wahlkampf, auch zu sagen, dass etwas nicht realisierbar ist?
Günther: Ich habe mir immer vorgenommen, ehrlich zu den Bürgern zu sein. Das finde ich wichtig. Auch in meiner dann letzten Amtszeit kann ich nur das versprechen, was ich auch umsetzen kann – sowohl finanziell als auch technisch. Das ist manchmal für die Bürger auch unbefriedigend. Ein Kollege hat mal zu mir gesagt: „In seiner Amtszeit muss man mindestens 50 Prozent seiner Wähler einmal auf die Füße treten.“ Ich muss eben auch unangenehme Entscheidungen treffen und kann es nicht allen recht machen.
Die Walldürner Wallfahrt soll wieder spiritueller Mittelpunkt sein."
Würden Sie im Falle einer Wahl für acht Jahre zur Verfügung stehen? Sie wären dann 67.
Günther: Ja, auf jeden Fall. Als ich 2007 das erste Mal angetreten bin, hat sich der Bürger schon ausrechnen können, dass ich drei Amtszeiten machen kann. Es gab in meinen ersten beiden Amtszeiten immer wieder Höhen und Tiefen. Gerade Ende vergangenen Jahres hatte ich ein Tief, weil ich auch immer wieder angegriffen wurde. Doch ich bin fit und traue mir zu, noch einmal acht Jahre Bürgermeister der Stadt Walldürn zu sein. Und es macht mir natürlich auch Spaß.
Wie halten Sie sich denn fit?
Günther: Ich bin ein begeisterter Leser, meistens lese ich vier Bücher parallel. Sport mache ich leider nur in unregelmäßigen Abständen. Als ich vor kurzem wieder einmal beim Freizeitsportverein mitgemacht habe, hatte ich drei Tage lang Muskelkater (lacht).
Sie haben vorhin das Thema Anfeindungen angesprochen. Hat das in den vergangenen 16 Jahren zugenommen?
Günther: Definitiv. Am Anfang meiner Amtszeit gab es die Sozialen Medien wie Facebook noch nicht in dieser Ausprägung. Es hat nicht jeder ungestraft das schreiben können, was er will.
Wir werfen einen Blick in die Glaskugel: Wo stünde Walldürn im Falle Ihrer Wiederwahl in acht Jahren und wie würde die Stadt aussehen?
Günther: Die Walldürner Wallfahrt soll wieder spiritueller Mittelpunkt sein – mindestens in unserem Bistum oder sogar in Baden-Württemberg. Bis dahin sollten wir neue Pilgerschichten angesprochen haben. Das ist meines Erachtens dringend notwendig. Die Innenstadt soll Lebensqualität bieten. Wir haben wieder tolle Geschäfte, weil dort auch Bürger wohnen, die kaufkräftig sind. Und ich gehe fest davon aus, dass wir in acht Jahren eine frisch sanierte Nibelungenhalle haben.
Gesetzt den Fall, Sie würden nicht mehr gewählt werden: Gehen Sie dann in den Ruhestand oder haben Sie andere Pläne?
Günther: Ich lasse das auf mich zukommen. Ich bin noch fit und will nicht zuhause sitzen.
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