Main-Tauber-Kreis. Wohngeld Plus heißt der neue staatliche Zuschuss zu den Wohnkosten. Rund 1,4 Millionen Haushalte mehr als bisher sollen von der neuen Formel profitieren. Bislang bezogen rund 600 000 Haushalte diesen Zuschuss. Künftig sollen zwei Millionen profitieren. Doch nicht nur die Anzahl der Leistungsberechtigten klettert in die Höhe, sondern auch der monatliche Betrag. Im Schnitt erhöht sich das Wohngeld nahezu um das Doppelte.
Kurz vor knapp – nämlich erst am 25. November – wurde das Gesetz vom Bundesrat beschlossen und am 13. Dezember im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, so dass es zum Jahresbeginn in Kraft treten konnte. Ziel ist es, Menschen mit niedrigeren Einkommen bei steigenden Wohnkosten stärker zu unterstützen. Eingearbeitet wurde deshalb ein Heizkostenzuschlag für Heizung und Warmwasser, den es zuvor nicht gab, und eine Klimakomponente.
Durch den späten Beschluss der Wohngeldreform gab es zunächst eine „Schockstarre“, so Markus Dörner, Sachgebietsleiter beim Amt für soziale Sicherung, Teilhabe und Integration beim Landratsamt Main-Tauber-Kreis. Die dortige Wohngeldstelle ist für 16 Kommunen im Landkreis zuständig. Die Großen Kreisstädte Wertheim und Bad Mergentheim haben eigene Wohngeldstellen. Allen vor Ort war zwar klar, dass die Reform kommen wird, doch auf das entsprechende EDV-Programm des Landes zur Bearbeitung der neuen Wohngeldanträge musste zunächst gewartet werden.
Einkommensgrenzen
Eines wird mit dem Wohngeld Plus in jedem Fall erreicht: Der durchschnittliche monatliche Satz klettert für eine Einzelperson von 190 Euro auf rund 370 Euro. Durch die rund 30-prozentige Anhebung der Einkommensgrenzen sind zudem mehr Menschen anspruchsberechtigt. Die Wohngeldstellen im Main-Tauber-Kreis spüren die vermehrt einlaufenden Anträge aber nicht erst seit Jahresbeginn. „Im Dezember 2021 gingen bei uns 78 Anträge ein, im Dezember 2022 waren es bereits 112.
Noch stärker war der Anstieg im Januarvergleich. 274 Anträge erreichten uns dieses Jahr, im vergangenen waren es 86“, erläutert Markus Dörner von der Landkreisverwaltung. Allein bis zum 14. Februar seien rund 100 Anträge eingegangen. Die Mehrarbeit bewältigt das Landratsamt durch eine interne Personalverschiebung. Darüber hinaus läuft derzeit eine Ausschreibung für einen weiteren Mitarbeitenden. Mit einem Plus von 1,4 Stellen wurde nahezu eine Verdopplung erreicht.
Auch die Großen Kreisstädte merken die Auswirkungen. „Hatten wir im gesamten vergangenen Jahr rund 120 Erstanträge auf Wohngeld, so waren es alleine im Januar schon mehr als 50“, so Daniel Wießler, Sachbearbeiter bei der Stadt Wertheim.
Spürbare Zunahme erwartet
Carsten Müller, Pressesprecher der Stadt Bad Mergentheim, meint: „Noch vor der Einführung des Wohngeldes Plus ist die Zahl der Wohngeldanträge deutlich gestiegen – von gut 500 im Jahr 2021 auf deutlich über 600 im Jahr 2022. Wir rechnen mit einer nochmals spürbaren Zunahme, die sich auch tatsächlich abzeichnet.“ Absolute Zahlen oder eine prozentuale Steigerung will der Sprecher der Kurstadt allerdings noch nicht nennen, weil diese im Februar noch nicht belastbar seien. Weil in jedem Fall mit sehr viel mehr Anträgen gerechnet wird, habe der Gemeinderat eine zusätzliche Vollzeitstelle genehmigt, die bereits besetzt ist.
Markus Dörner vom Landratsamt weiß, dass die Berechnungen des Wohngeldes sehr verwaltungsintensiv sind. Vieles muss berücksichtigt und geprüft werden, ein Abgleich mit dem Jobcenter – der laut Dörner sehr gut funktioniere – vorgenommen werden. Vierteljährlich findet ein Datenabgleich statt, um sicherzugehen, dass die Zahlungen nach wie vor richtig sind. „Manchmal kann das Wohngeld höher als das Bürgergeld sein“, erläutert Sozialdezernentin Elisabeth Krug. Dann sei dem Antragsteller die für ihn günstigere Variante zu gewähren, so Krug.
Alle Wohngeldstellen bemühen sich um eine zügige Bearbeitung von Neuanträgen. Vier bis maximal acht Wochen dauert sie in Bad Mergentheim, Wertheim gibt als Ziel vier Wochen an und der Landkreis vermeldet derzeit einen Rückstau von einem Monat.
Beispiele für die Berechnung von Wohngeld nach der 2022 geltenden Formel und nach der Wohngeld Plus-Formel
Je nach Haushaltsmitgliedern und Mietstufe der jeweiligen Kommune, die vom Statistischen Bundesamt festgesetzt wird, werden die Höchstbeträge für Miete samt Nebenkosten festgelegt.
Im Main-Tauber-Kreis gehört die Große Kreisstadt Bad Mergentheim zur Mietstufe III, die Stadt Wertheim zur Mietstufe II, die übrigen 16 Städte und Gemeinden zur Mietstufe I. Insgesamt gibt es sieben Mietstufen.
Für den Bezug von Wohngeld gelten außerdem Einkommensgrenzen, bei denen es Abzüge von bis zu 30 Prozent gibt. Den pauschalen Abzug von 30 Prozent erhalten Antragsteller, die Pflichtbeträge wie Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung sowie die Einkommensteuer zahlen.
Die Einkommensgrenzen können sich um bis zu 125 Euro erhöhen, wenn der Antragsteller pflegebedürftig ist oder einen 100 Prozent Grad der Behinderung (GdB) aufweist.
Bei einem 1-Personen-Haushalt liegt die Einkommensgrenze bei einem 30-prozentigen Abzug in Mietstufe I bei brutto 1959 Euro. Bei Mietstufe II sind das 2007 Euro und bei Mietstufe III 2050 Euro.
Eine weitere Besonderheit gibt es bei Rentnern. Hat jemand über 33 Jahre die Grundrentenzeiten erfüllt, wird ihm ein Freibetrag in Höhe bis zu 251 Euro zugestanden.
Hat eine alleinstehende Angestellte ein Bruttoeinkommen in Höhe von 1200 Euro und zahlt in Mietstufe I 450 Euro Kaltmiete, erhält sie den Miethöchstbetrag in Höhe von 347 Euro, die CO2-Bepreisung von 14,40, die Heizkostenkomponente von 96 Euro und die Klimakomponente von 19,20 Euro. Die Miete, die es zu berücksichtigen gilt, beträgt in der Summe 476,60 Euro. Der Wohngeldanspruch liegt bei 226 Euro. Im vergangenen Jahr waren das noch 66 Euro. In Mietstufe II läge der neue Wohngeldanspruch bei 256 Euro (alt 66 Euro).
Eine alleinerziehende Angestellte würde bei einem Bruttoeinkommen von 1800 Euro und 450 Euro Miete in Stufe I jetzt 322 Euro bekommen (alt 168 Euro).
Ein alleinstehender Rentner mit brutto 1350 Euro und einer Miete in Stufe I von 450 Euro bekäme jetzt 85 Euro Wohngeld (alt 0,00). In Mietstufe II wären das 105 Euro (alt 0,00) und in Mietstufe III 123 Euro (alt 0,00)
Hat ein alleinstehender Rentner 1350 Euro brutto und zahlt in Mietstufe I 450 Euro bei 33 Jahren Grundrente, erhält er jetzt 194 Euro. 2022 hätte er 11 Euro bekommen. In Mietstufe II wären esjetzt 221 Euro (alt 35 Euro) und in Mietstufe III 244 Euro (alt 58 Euro). hvb
Feste Zahltermine
Wie schnell ein Antrag abgearbeitet wird, hängt immer auch von der Vollständigkeit der Angaben ab. Sind etliche Nachfragen nötig, dauere es naturgemäß länger. „Wenn der Bescheid raus ist, heißt das aber leider nicht, dass dann sofort das Geld fließt“, berichtet Markus Dörner. Die Daten und der entsprechende Bescheid müssen bis zum 20. eines jeden Monats erfasst und auf dem Server des Landes abgespeichert sein. Denn nur einmal im Monat, am vorletzten Arbeitstag, erfolgt der sogenannte Zahllauf.
Weitere Ansprüche für Familien
Digital kann Wohngeld über das Serviceportal Baden-Württemberg unter www.service-bw.de beantragt werden. Bekommt eine Familie mit Kindern Wohngeld, hat sie auch Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket und eventuell auf einen Kinderzuschlag. Außerdem kann sie einen Antrag auf Finanzierung der Kindertagesstätte stellen.
Der Sachgebietsleiter beim Landratsamt empfiehlt Menschen mit geringem Einkommen, in jedem Fall prüfen zu lassen, ob eine Wohngeldberechtigung vorliegt. Das gilt für alle, die arbeiten, Miete zahlen, aber nichts zurücklegen können – für Mieter gleichsam wie für Hausbesitzer, die dann keinen Mietzuschuss, sondern einen Lastenzuschuss beantragen müssen. Im Netz gibt es auch Wohngeldrechner, die aber nur eine Grobprüfung ermöglichen.
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