Tauberbischofsheim. Es herrschte Diskussionsbedarf bei der Informationsversammlung zur Unechten Teilortswahl am Dienstag in der Stadthalle. Nach den Ausführungen von Experte Norbert Brugger (Städtetag), Bürgermeisterin Anette Schmidt und Hauptamtsleiter Michael Karle gab es zahlreiche Wortmeldungen aus den Reihen der rund 70 Zuhörer.
Statements und Nachfragen
Vor allem aus den Stadtteilen kamen einige Statements und Nachfragen. Deutlich wurde dabei, dass die Sorge bei Ortsvorstehern und Ortschaftsräten bezüglich einer möglichen Abschaffung der Unechten Teilortswahl groß ist. Hauptgrund ist, dass eine Umstellung auf das rechtssichere Verhältniswahlrecht nicht mehr automatisch garantieren würde, dass jeder Stadtteil mindestens einen Gemeinderat stellt, wie es in den vergangenen fünf Jahrzehnten immer der Fall war. In den Ortsteilen befürchtet man schlicht, dass lokale Belange, Sorgen und Nöte nicht mehr berücksichtigt werden könnten – besonders in Streitfragen.
Hilmar Freundschig, Ortsvorsteher von Hochhausen, sprach sich deshalb klar dafür aus, dass jeder Stadtteil im Gemeinderat vertreten sein sollte. Er sehe keine Chance, dass nach der Abschaffung noch alle Stadtteile einen Sitz im Gemeinderat haben. „Der Ortsvorsteher wird vielleicht gehört, aber eine Stimme hat er nicht“, so Freundschig.
Genauso sah es Elmar Hilbert, Ortsvorsteher von Dittigheim. Die Kandidaten aus den Ortsteilen seien zu unbekannt, als dass sie in anderen Orten viele Stimmen erhielten. „Und Mitspracherecht bedeutet nicht Abstimmungsrecht“, so Hilbert bezüglich der Möglichkeiten der Ortsvorsteher ohne Sitz im Gemeinderat.
Norbert Brugger betonte, dass die Praxis ein anderes Bild zeige. Anders als die Unechte Teilortswahl gebe die in Baden-Württemberg mehrheitlich genutzte und absolut rechtssichere Verhältniswahl zwar keine hundertprozentige Gewähr für einen Sitz im Gemeinderat. Die Statistik mache aber deutlich, dass es in den wenigsten Fällen tatsächlich dazu komme, dass ein Ortsteil nicht im Gemeinderat vertreten sei.
„Wenn man einige Regeln beachtet – etwa, dass man in einem kleinen Ortsteil nicht zu viele Kandidaten ins Rennen schicken sollte –, ist eher das Gegenteil der Fall. Es erhöht sich sogar die Chance, dass auch mal mehr als ein Sitz an einen Stadtteil geht. Das liegt nicht zuletzt an der meist höheren Wahlbeteiligung in Ortsteilen“, so Brugger. Mit der Unechten Teilortswahl sei zudem die absolute Mehrheit für die Gemeinderäte aus Tauberbischofsheim-Stadt automatisch zementiert, was auch ein weiteres Manko dieser Wahlform sei.
Frank Schwartz (Impfingen) betonte, dass Stadt und Gemeinderat gefordert seien, Überzeugungsarbeit zu leisten, um den Bürgern der Ortsteile glaubhaft zu vermitteln, dass sie gehört und wahrgenommen werden. Zudem sprach er sich bei der Entscheidungsfindung für größtmögliche Transparenz und Offenheit aus.
Bernd Mayer aus Tauberbischofsheim, der viele Jahre im Gemeinderat saß, brach eine Lanze für die Gemeinderäte aus der Kernstadt: „Auch diese Räte sind in der Lage, sich für die Belange der Stadtteile zu interessieren und einzusetzen. So oder so. Das ist die Pflicht eines Gemeinderats.“
Bürgermeisterin Schmidt stellte abschließend klar, dass sie sich persönlich immer für die Beibehaltung der Unechten Teilortswahl ausgesprochen habe. Allerdings hätten sich die Vorzeichen durch die Klagen grundlegend geändert. „Das ist nun eine ganz andere Situation. Die Diskussion ist natürlich gut und wichtig. Am Ende brauchen wir aber ein Ergebnis, dass auf soliden rechtlichen Beinen steht.“
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