Volkshochschule Mittleres Taubertal - Vorsitzender Dr. Lukas Braun will Bildungseinrichtung mit Mitgliedskommunen reformieren und kritisiert eine „Trittbrettfahrerproblematik“ / Mehr Kooperationen denkbar

VHS-Vorsitzender: „Kommunales Kirchturmdenken überwinden“

Die Volkshochschule Mittleres Taubertal (VHS) hat sich in all den Jahren zu einem wichtigen Bestandteil der Bildungsarbeit im Kreis gemausert. Aber wie ist es um ihre Zukunft bestellt?

Von 
Klaus T. Mende
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Wie ist es um die Zukunft der Volkshochschule Mittleres Taubertal, hier die Geschäftsstelle in Tauberbischofsheim, bestellt? Umstrukturierungen sind ins Auge gefasst, ebenso verstärkte Kooperationen mit derartigen Bildungseinrichtungen in der Nachbarschaft. © Klaus T. Mende

Main-Tauber-Kreis. Derzeit bilden fünf Kommunen die Grundfeste der Volkshochschule Mittleres Taubertal – Tauberbischofsheim, Lauda-Königshofen, Grünsfeld, Werbach und Wittighausen. Zuletzt ist Ahorn aus diesem Verbund ausgestiegen – und in letzter Zeit war das Gerücht aufgekommen, dass eventuell auch Wittighausen und Werbach mit diesem Gedanken spielen. Die Fränkischen Nachrichten nehmen die aktuelle Lage deshalb unter die Lupe.

„Derartige Diskussionen gab und gibt es immer wieder – gerade in Zeiten, in denen alle Kommunen auf das Geld schauen und freiwillige Leistungen hinterfragen müssen“, erklärt Lauda-Königshofens Bürgermeister Dr. Lukas Braun, VHS-Vorsitzender, gegenüber unserer Zeitung. Aktuell stelle sich die Frage nach den Mitgliedschaften von Lauda-Königshofen, Tauberbischofsheim, Grünsfeld, Werbach und Wittighausen aber, soweit er es überblicke, nicht.

Gewisser Unmut vorhanden

Richtig sei, dass „es in den Gemeinderäten der fünf Mitgliedskommunen einen gewissen Unmut über Nachbarkommunen gibt, deren Bürger die Kurs- und Veranstaltungsangebote gerne nutzen, die aber selbst keine Beiträge zur Finanzierung des Bildungsträgers leisten. Wir haben hier eine gewisse Trittbrettfahrerproblematik“, so Dr. Braun, nachdem er sich mit seinen gleichberechtigten Vorstandsmitgliedern, den Bürgermeistern Anette Schmidt (Tauberbischofsheim) und Joachim Markert (Grünsfeld), im Vorfeld abgestimmt hatte.

Solch eine Diskussion gebe es in Landkreisen mit einer Kreisvolkshochschule so nicht. „Wir werden daher bei den kleineren Gemeinden im Umland immer wieder für eine Mitgliedschaft bei unserem Bildungsträger werben. Gleichzeitig müssen wir uns aber aus Verantwortung gegenüber den verbliebenen fünf Mitgliedskommunen möglichst effizient für die Zukunft aufstellen“, äußert sich der Lauda-Königshöfer Schultes weiter.

Unabhängig davon habe die Corona-Krise dazu geführt, dass der Präsenzunterricht aller Volkshochschulen zum Erliegen gekommen sei. „Unsere Volkshochschulleiterin Christine Schelhaas und ihr Geschäftsstellenteam reagieren darauf durch eine Stärkung von digitalen Lernangeboten und Online-Unterricht.“ Die zumindest teilweise Digitalisierung des Kursangebotes sei sicher auch ein Zukunftstrend. Sie werde den klassischen VHS-Präsenzunterricht etwa bei Sprachen oder im handwerklichen Bereich aber niemals ganz ersetzen können.

Greifbare Bildung vor Ort

Die Marke Volkshochschule stehe für greifbare Bildung vor Ort für die Menschen vor Ort. „Durch ihren vorrangigen Präsenzunterricht macht sie Bildung durch gemeinsames Lernen erlebbar, begeistert durch eine persönliche Motivation der Lernenden durch die Lehrkräfte und bietet die interaktive Plattform, die ein gelingendes Lernen durch echte Kommunikation und Begegnung nachhaltig fördert“, führt Dr. Braun weiter aus.

Eine andere Schlussfolgerung, die aus der Krise gezogen werde, sei, dass „wir zu einer intensiveren Zusammenarbeit und Abstimmung mit den benachbarten Volkshochschulen Bad Mergentheim, Wertheim und Buchen kommen müssen“. Dies sei beispielsweise bei der Gewinnung von Dozenten und der gemeinsamen Bewerbung von überregional interessanten Kursangeboten möglich. Punktuell seien jetzt schon gemeinsame Angebote vorhanden – etwa bei Online-Kursen, die von Kursinteressierten der kooperierenden Einrichtungen, wie bei den aktuell laufenden Online-Business English-Kurs, gerne angenommen würden und „besonders bei Spezialthemen eine ausreichende Teilnehmerzahl zur Kursdurchführung ermöglichen“.

Teilweise Konkurrenz

Grundsätzlich stelle sich aber das Problem, dass die VHS in Grenzbereichen ihrer Einzugsgebiete auch ein Stück weit miteinander in Konkurrenz um Kursteilnehmer treten. „Ich würde mir wünschen, dass man hier das kommunale Kirchturmdenken überwindet und vielleicht im Wege von thematischen Schwerpunktbildungen zu einer besseren Abstimmung der Programmangebote untereinander kommt.“

Die VHS Mittleres Taubertal sei wirtschaftlich solide aufgestellt, verfüge über vielfältige Tagungsräumlichkeiten und habe mit der TELC-Zertifizierung für Deutsch und europäische Fremdsprachen auch ein starkes Pfund, über das nicht jede Volkshochschule in der Region verfüge. „Wir werben darum, dass diese wichtige Bildungseinrichtung in der kommunalen Familie der Region mehr Unterstützung erfährt“, meint Dr. Braun abschließend.

Nicht verwundert

„Es wundert mich nicht, dass solche Mutmaßungen angestellt werden. Schließlich ist Wittighausen der Juniorpartner im Verbund und es sind schon weitaus finanzkräftigere Kommunen ausgetreten“, lässt Wittighausens Schultes Marcus Wessels wissen. Er könne aber versichern, dass dieses Thema im Gemeinderat (noch) nicht diskutiert worden sei. Klar sei aber auch, dass es dann auf die Tagesordnung kommen müsse, sobald eine weitere Kommune ihren Austritt erklärt. „Meiner Ansicht nach kann in die Bildung nicht genug investiert werden. Die Volkshochschulen haben hierbei in der Vergangenheit einen wichtigen Dienst geleistet – und das gilt es auch zu würdigen.“

Auf den Prüfstand stellen

Fest stehe aber auch, dass die Institution auf den Prüfstand gestellt werden müsse. Die Konkurrenz durch Fernhochschulen, Sprachschulen oder Musikschulen werde größer und vielfältiger, „so dass die Volkshochschule ihre Nische vor diesem Hintergrund noch finden muss, um zukunftsfähig zu bleiben“, gibt Wessels zu bedenken.

Sein Werbacher Amtskollege Ottmar Dürr plädiert ebenfalls dafür, „über andere Strukturen nachzudenken“. In aller Deutlichkeit tritt aber auch er der Gerüchteküche entgegen, es gebe augenblicklich keinerlei Bestrebungen, dass „Werbach die Mitgliedschaft beenden möchte“. Und wie sieht es aus mit einer Ausweitung der Zusammenarbeit, wie von der VHS Mittleres Taubertal angestrebt? Zu deren Zukunft „sind die dort verantwortlichen Gremien gefragt. Die VHS Buchen wird dazu keine Stellungnahme abgeben“, schreibt deren Vorsitzender, Buchens Bürgermeister Roland Burger, auf FN-Anfrage.

Dass die aktuelle Pandemielage auch die Volkshochschulen treffe, ist für Georgitta Szabo, Leiterin der VHS Wertheim, unbestreitbar. „Wir haben 2020 den Ausbau der digitalen Angebote forciert und im neuen Semester mehr als ein Drittel der Kurse als Online- oder Hybridkurse im Angebot. Selbst Integrationskurse führen wir seit Jahresbeginn online durch. „Das sei für kleine VHS und die Infrastruktur im ländlichen Raum eine große Herausforderung. Durch diese Umsetzung sehe man sich insoweit aktuell gut aufgestellt. „Wir werden im Laufe des Jahres weitere Bereiche ins Onlineangebot mit aufnehmen.“

Nicht dauerhaft denkbar

Generell sei das digitale Kursangebot jedoch keine dauerhafte Strategie – leben doch VHS-Angebote von dem gesellschaftlichen Diskurs. „Vorstellbar jedoch ist, dass Kurse im Hybridverfahren weiter Bestand haben werden, so dass Teilnehmer, sollten sie nicht präsent am Unterricht teilnehmen können, diesen virtuell besuchen“, ist Szabo offen für Neues. Ihre Strategie werde sein, agiler zu werden, Kurse dann zu generieren, wenn sie gewünscht seien, durch die Hybridangebote eine Unabhängigkeit vom Ort zu erreichen und die zeitlichen Strukturen anzupassen, wenn gewünscht.

„Aktuell sehen wir den Herausforderungen offen entgegen und sind zuversichtlich, diese zu meistern. Bestand und Arbeit der VHS Wertheim sind derzeit durch die Corona-Pandemie nicht akut gefährdet.“ Derartige Bildungseinrichtungen arbeiteten generell eng zusammen. Innerhalb der Region fänden regelmäßig Treffen statt, bei denen man sich abstimme. „Zwischen den VHS Bad Mergentheim und Wertheim besteht bereits eine enge Kooperation. Diese auf den gesamten Landkreis auszudehnen, wäre denkbar“, gibt Georgitta Szabo einen Einblick. Ferner stünden die VHS Wertheim und die Mittleres Taubertal im Austausch miteinander, um bei Onlineangeboten sowie bei Kursangeboten gemeinsame Schritte zu gehen.

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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