Tauberbischofsheim. Knapp 400 Bürger und Ehrengäste waren am Montag in die Stadthalle gekommen. Den weitesten Weg legte der Bürgermeister der französischen Partnerstadt von Tauberbischofsheim, Vitry-le-François, zurück: Jean-Pierre Bouquet war eigens mit einer Delegation des dortigen Partnerschaftskomitees an die Tauber gereist - und hielt eine emotionale Rede zur deutsch-französischen Freundschaft.
Tauberbischofsheim gehört zu den „glücklichen Kleinstädten“
Bürgermeisterin Anette Schmidt kann sich laut einer Studie des „Zeit“-Magazins als Bürgermeisterin einer „glücklichen Kleinstadt“ bezeichnen. Von den insgesamt 522, zwischen 10.000 und 20.000 Einwohnern großen Kommunen zählten demnach nur 111 zu den „glücklichen Kleinstädten“ mit allem, was man zum Leben brauche – beispielsweise eine gute medizinische Versorgung und Kinderbetreuung, Schulen, Betriebe und Vereine sowie starke Blaulichtorganisationen. Bei deren Erwähnung brandete nicht zuletzt durch ihren Einsatz bei der Amokfahrt am Silvestertag großer Applaus in der Stadthalle auf. Anette Schmidt sagte: „Wir können uns nur wohl und glücklich fühlen, wenn wir uns sicher fühlen und auf das Funktionieren unseres Rechtsstaates vertrauen können.“
Nach dem Rekordhaushalt von 2024 mit einem Investitionsvolumen von rund 18 Millionen Euro plane die Stadt, so die Rathaus-Chefin, auch für dieses Jahr Investitionen „in nie dagewesener Höhe“. Besonders erwähnte sie die „Großbaustellen“ Matthias-Grünewald-Gymnasium mit über 20 Millionen Euro sowie die Neugestaltung des Freibads mit rund zehn Millionen Euro Gesamtvolumen. Beide Projekte lägen im Zeitrahmen. Sie erwähnte zudem alle weiteren laufenden Maßnahmen wie etwa die Neugestaltung des Schlossparks, neue Baugebiete in Distelhausen und Hochhausen, die Vorbereitungen für den Ganztagsschulanspruch ab 2026 an der Christian-Morgenstern-Grundschule sowie das neue Konzept für das Jugendhaus (wir berichteten bereits über die einzelnen Maßnahmen).
„Wir dürfen uns glücklich schätzen, ein Krankenhaus in unserer Kreisstadt zu haben“, sagte Anette Schmidt weiter und erwähnte auch das neue Haus Heimberg, das als großes Pflegeheim am Gesundheitscampus entstand: „Gesundheit ist das höchste Gut, daher ist die Sicherstellung der medizinischen Versorgung auch so emotional und wichtig. Allerdings wird uns sowohl in diesem Sektor als auch in einigen anderen Bereichen nichts anderes übrig bleiben, als uns lösungsorientiert mit der Realität auseinanderzusetzen.“ Deutschland brauche eine Neuausrichtung, sagte sie und forderte ein größeres Mitspracherecht: „Dazu muss man die kommunale Ebene ernst nehmen und die Auswirkungen der Gesetze auch zu Ende denken.“
Anette Schmidt: "Ein bisschen Zutrauen in die Kompetenz der Entscheider würde der Gesellschaft gut tun"
Vor den knapp 400 Besuchern in der Stadthalle – darunter vielen Bürgermeister benachbarter Kommunen – sagte sie unter anderem: „Politiker sind dafür gewählt, Entscheidungen zu treffen. Das macht nicht immer Spaß, und es kann nicht immer für jeden einzelnen die geeignete Entscheidung sein. Meine Mitarbeiter und ich sowie der Gemeinderat stellen uns gerne den Entscheidungen und treffen sie mit großem Verantwortungsbewusstsein und mit dem Blick auf die ganze Stadt.“
Manchmal sei es „erstaunlich“, dass so viele Menschen – ohne die Hintergründe zu kennen – „nahezu jede Entscheidung kritisieren“: „Ein bisschen Vertrauen darauf, dass es Gründe und Hintergründe für die Entscheidungen gibt, und ein bisschen Zutrauen in die von den Bürgern demokratisch gewählten Vertreter und in die Kompetenz der Entscheider würde unserer Gesellschaft gut tun.“ Sie empfahl, den Blick darauf zu richten, „was alles funktioniert und was wir alles gemeinsam leisten. Wir müssen unsere Kräfte bündeln, uns auf die wichtigen Maßnahmen fokussieren und uns nicht mit Kleinklein gegenseitig das Leben schwermachen.“
„Den Blick auf das Gute und Erreichte richten“
Auch die Bundestagsabgeordnete Nina Warken warb dafür, den Blick mit Dankbarkeit und Zuversicht auf das Gute und bereits Erreichte zu richten. Für 2025 wünschte sie sich, „dass wir es gemeinsam anpacken, notwendige Dinge gemeinsam ändern, dass wir mutig und pragmatisch vorgehen und wir alle daran arbeiten, unsere Stadt gemeinsam voranzubringen“. Die Geschehnisse vom 31. Dezember nahm sie wie auch die Bürgermeisterin zum Anlass, den Einsatzkräften zu danken. Unter großem Applaus bat sie darum, „all diesen Menschen, die uns schützen, mit Respekt zu begegnen.“
Landtagsvizepräsident Professor Dr. Wolfgang Reinhart appellierte ebenfalls daran, den Blick für das Positive im Leben nicht zu verlieren. 2024 bezeichnete er als „schwieriges Jahr mit vielen Unsicherheiten und Herausforderungen“. Deutschland, so sagte er, müsse wieder wettbewerbsfähiger werden „mit weniger Bürokratie und mehr geregelter Migration – aber in den Arbeitsmarkt und nicht in die Sozialsysteme“. Er dankte besonders allen, die sich ehrenamtlich engagieren und dazu beitrügen, dass das Leben vor Ort funktioniert. Sie zeigten, dass Demokratie vor allem im Lokalen wachse. Sein besonderer Dank galt auch der „Blaulichtfamilie“. Er wünschte sich für 2025, dass „wir alle mit mehr Aufbruchs- und weniger Krisenstimmung den Herausforderungen begegnen“.
Wie seine Vorredner auch, rief der Landrat des Main-Tauber-Kreises, Christoph Schauder, die Bürger dazu auf, bei der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar wählen zu gehen. Den Kreishaushalt 2025 bezeichnete er als „den schwierigsten, den er bislang in seiner Amtszeit als Landrat erlebt habe“: „Es ist uns dank des engen Miteinanders gelungen, ein vernünftiges Gesamtpaket zu schnüren“, sagte er. Auch der Landrat ging wie die Bürgermeisterin zuvor auf die für dieses Jahr vorgesehenen Projekte ein und hatte gute Nachrichten in Sachen Tauberbischofsheimer Pestalozziallee dabei: Sie sei in der mittelfristigen Ausbauplanung des Landkreises enthalten und „wir werden wahrscheinlich ab 2026 in die Planungen einsteigen“. Zum Thema Generalsanierung des Berufsschulzentrums in der Kreisstadt sagte er: „Wir werden in diesem Jahr in die Vorplanung einsteigen, ab 2026 die Planungen intensivieren, und ab 2027 könnten die Bagger rollen.“ Sein Appell für 2025: „Lassen Sie uns alle gemeinsam an einem Strang ziehen!“ Persönlich gab er zu: „Meine Familie und ich leben hier in Tauberbischofsheim und sind glücklich in der glücklichen Kreisstadt.“ Der Neujahrsempfang wurde musikalisch von der Stadt- und Feuerwehrkapelle unter der Leitung von Gustav Endres umrahmt.
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