Gemeinderat - In außerordentlicher Sitzung beschloss der Gemeinderat, dass die Stadt keine Beschwerde gegen die Neuzulassung der Revision einlegt

Tauberbischofsheim: Kommunalwahlen werden wiederholt

Die Stadt Tauberbischofsheim wird keine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einlegen. Der Landkreis prüft weiter intensiv den Sachstand und will die Mitte August endende Frist ausschöpfen.

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Heike von Brandenstein
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Die Kommunalwahl muss in der Kreisstadt wiederholt werden. Das ist nicht nur für die Stadt teuer, sondern stellt auch die Parteien vor große Herausforderungen. Schließlich steht 2024 schon die turnusgemäße Gemeinderatswahl auf dem Programm. © Seufert

Tauberbischofsheim.  Bürgermeisterin Anette Schmidt, Landrat Christoph Schauder, Justiziarin Jasmin Kaibel und Michael Haas, Leiter des Amts für Kommunalaufsicht, haben beraten. Wie sollen sie sich verhalten? Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) mit Sitz in Mannheim hatte mit seinem Urteil am 19. Juli die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart bestätigt, dass die Kommunalwahlen in der Kreisstadt wiederholt werden müssen. Eine Revision hatte der 1. Senat des VGH ausgeschlossen. Lediglich eine Beschwerde gegen diesen Tatbestand ist innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Urteils möglich.

Für Verzicht entschieden

Eine solche würde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig landen, erläuterte der stellvertretende Hauptamtsleiter Christian Gros bei der außerordentlichen Gemeinderatssitzung am Mittwoch. Das aber würde eine Revision nur zulassen, wenn der VGH Baden-Württemberg gegen eine Rechtsnorm verstoßen hätte. Wenig Aussicht auf Erfolg sah die Stadt Tauberbischofsheim und hat sich deshalb für einen Verzicht entschieden. Dem folgten die Gemeinderäte bei einer Enthaltung. Der Landkreis wird sich diesem Beispiel aller Wahrscheinlichkeit nach anschließen.

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Rückblick: Eine Einwohnerin des Tauberbischofsheimer Stadtteils Impfingen hatte am 10. Juni 2019 Einspruch gegen die Gemeinderatswahl in der Kreisstadt am 26. Mai eingelegt und verlangt, diese für ungültig zu erklären. Die Rechtsaufsicht des Main-Tauber-Kreises hatte das zurückgewiesen, woraufhin die Bürgerin beim Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart Klage gegen das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Landratsamt, einreichte.

Gegen das Urteil des VG Stuttgart haben Landkreis und Stadt Berufung beim VGH Mannheim eingelegt, der das Urteil bestätigte und eine Revision ausschloss. Durch den Verzicht auf die Beschwerde erlangt das Urteil vier Wochen nach seiner Zustellung Rechtskraft.

Hauptsatzung ändern

Die Stadt muss nun ihre Hauptsatzung so ändern, dass sie Paragraf 27 der Gemeindeordnung entspricht. Dort steht in Absatz 2 Satz 4: „Bei der Bestimmung der auf die einzelnen Wohnbezirke entfallenden Anzahl der Sitze sind die örtlichen Verhältnisse und der Bevölkerungsanteil zu berücksichtigen.“

Einwohnergröße nicht beachtet

Der VGH stellt in seiner Begründung fest, dass das Verwaltungsgericht Stuttgart die Gemeinderatswahl zu Recht für ungültig erklärt hat. „Der Einspruch der Klägerin war teilweise zulässig und soweit er zulässig war, überwiegend begründet“, heißt es wörtlich. Er folgt der Argumentation der Klägerin insoweit als es ihr Recht gibt, dass der Ortsteil Impfingen, gemessen an seiner Einwohnerzahl, mit nur einem Sitz bei der unechten Teilortswahl unterrepräsentiert ist. Das gelte auch für Dittigheim und Distelhausen. In einer Tabelle listet der Senat die Kernstadt und die Ortsteile gemäß ihrer Einwohnerzahl und der auf sie entfallenen Gemeinderatssitze auf. Daraus errechnete er eine Repräsentationsquote.

Repräsentationsquote

Bei der Verkleinerung des Gemeinderats von 26 auf 18 Sitze im Januar 1999 erhielt die Kreisstadt zwölf Sitze, die Ortsteile jeweils einen Sitz. Zum Stichtag für die Kommunalwahl 2019 ergab sich für die Kernstadt eine Repräsentationsquote bei zwölf Sitzen von 0,8, für Hochhausen von 4,17, für Dienstadt von 57,21 und für Dittwar von 6,54. Unterrepräsentiert waren Impfingen mit einer Quote von 38,54, Dittigheim mit 21,10 und Distelhausen mit 17,85.

Diese Differenzen seien zu hoch, auch wenn der Gemeinderat durchaus ein Ermessen bei der Aufstellung seiner Satzung hätte, so die Meinung des Verwaltungsgerichtshofs. Er habe in der Vergangenheit selbst eine Unterrepräsentation von 30 Prozent nicht beanstandet, wenn es einen Ortschaftsrat gegeben hätte. Das ist in den Ortsteilen von Tauberbischofsheim der Fall. Nicht der Fall sei aber, dass die Über- oder Unterrepräsentation einzelner Ortsteile am „Maßstab der örtlichen Verhältnisse durch überwiegende sachliche Gründe gerechtfertigt“ sei.

Sitzverteilung rechtswidrig

Die in der Hauptsatzung festgelegte Sitzverteilung verstoße demnach gegen die angemessene Repräsentation von Impfingen, wie von der Klägerin moniert worden war. „Die in der Hauptsatzung festgelegte Sitzverteilung war somit rechtswidrig“, heißt es. Nun gilt es, eine neue Hauptsatzung auf den Weg zu bringen. Das Landratsamt hat Neuwahlen anzuordnen. Auf jeden Fall wird sich der Gemeinderat wieder vergrößern. Auf wie viele Mitglieder, sei dahingestellt. Die unechte Teilortswahl wird bei der „Wiederholungswahl“ in jedem Fall weiterbestehen, weil die Stadt dazu verpflichtet ist.

Städte- und Gemeindetag

Dem Städte- und Gemeindetag Baden-Württemberg liegt das VGH-Urteil seit wenigen Tagen vor. Nach ersten Einschätzungen, so Referentin Leonie König, habe das Urteil für die laufende Wahlperiode ausschließlich Auswirkungen auf Tauberbischofsheim. Andere Kommunen mit unechter Teilortswahl werden mit Blick auf die Kommunalwahlen 2024 prüfen, ob die Sitzverteilung die Festlegungen des Gerichtsurteils berücksichtigt. „Wir haben begonnen, uns vertieft damit zu befassen“, so König, „denn im Hinblick auf den anstehenden Wahltermin 2024 ist das ein dringendes Thema.“ Gemeinsam mit dem Land und den kommunalen Landesverbänden gelte es, abgestimmte Hinweise zu entwickeln. König: „Bei Bedarf steht der Städte- und Gemeindetag der Stadt Tauberbischofsheim beratend zur Seite.“

Redaktion Zuständig für die Kreisberichterstattung Main-Tauber

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