Kommunalverfassung

OB Grimmer sieht sich in Ablehnung der unechten Teilortswahl bestätigt

In Crailsheim haben sie das Gerichtsurteil zu Tauberbischofsheim mit großem Interesse zur Kenntnis genommen. Die Sitzverteilung soll überprüft werden

Von 
Andreas Harthan
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Der Crailsheimer OB Grimmer würde die unechte Teilortswahl am liebsten abschaffen – ein Urteil aus Stuttgart stärkt seine im Moment im Crailsheimer Gemeinderat noch nicht mehrheitsfähige Meinung. © dpa

Crailsheim. Dass die Gemeinderatswahl von 2019 in Tauberbischofsheim für ungültig erklärt worden ist, hat auch Auswirkungen auf Crailsheim: Oberbürgermeister Grimmer lässt die Sitzverteilung überprüfen.

Immer wieder machen Gerichtsurteile Schlagzeilen – etwa die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Stuttgart vom vergangenen Jahr, dass die Gemeinderatswahl in Tauberbischofsheim ungültig ist, weil das Recht einer Bürgerin auf angemessene Repräsentation ihres Wahlbezirks im Gemeinderat verletzt worden ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichtes ist nun vom Verwaltungsgerichtshof in Mannheim bestätigt worden (wir berichteten).

Die unechte Teilortswahl

Das Instrument der unechten Teilortswahl soll den Einfluss von eingemeindeten Ortschaften auf die Kommunalpolitik der Gesamtgemeinde sichern – indem diesen Ortschaften eine festgelegte Zahl von Sitzen im Gemeinderat zusteht.

In den Gebietsreformen der 1970er-Jahren war diese Regelung für kleine Gemeinden ein wichtiges Argument für die Zustimmung zur Aufgabe der eigenen Selbstständigkeit.

Die unechte Teilortswahl hat regelmäßig den Effekt, dass ein Kandidat aus einem Teilort sich trotz einer deutlich geringeren Stimmenzahl gegen einen Kandidaten aus dem Hauptort durchsetzt und ins Gremium einzieht. sebu

Wenn das Urteil rechtskräftig wird (also keine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erhoben wird), muss das Landratsamt die Gemeinderatswahl 2019 in Tauberbischofsheim für ungültig erklären. Das Stuttgarter Urteil und seine Bestätigung in Mannheim weisen weit über Tauberbischofsheim hinaus, weil die unechte Teilortswahl und die damit verbundenen garantierten Sitze für Stadtteile im Gemeinderat ein Thema im ganzen Land ist.

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Erst kürzlich hat sich der Crailsheimer Gemeinderat für die Beibehaltung der unechten Teilortswahl entschieden. Die ist für sich genommen zulässig, hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, aber es müsse garantiert sein, dass die Sitzverteilung den Vorgaben der Gemeindeordnung entspricht.

Konkret: Es muss bei der Festlegung, wie viele Sitze ein Stadtteil erhält, der Bevölkerungsanteil berücksichtigt werden. Auch bei der unechten Teilortswahl muss der Grundsatz der Gleichheit der Wahl eingehalten werden. Im Klartext: Es muss gewährleistet sein, dass die Stimmen der Wähler, egal wo sie wohnen, gleich viel wert sind – in etwa zumindest. Doch das ist in Tauberbischofsheim nicht der Fall. „Wir haben Ortsteile mit 300 und Ortsteile mit über 1000 Einwohnern – und trotzdem jeweils nur einen Sitz“, erläutert Bürgermeisterin Anette Schmidt.

Es gibt also eine erhebliche Über-, beziehungsweise Unterrepräsentation. Genau dieselbe Situation gibt es in Crailsheim. Auch hier ist in der Hauptsatzung die Sitzverteilung im Gemeinderat festgelegt.

Die meisten eingemeindeten Orte haben zwei garantierte Sitze im Gemeinderat, die anderen nur jeweils einen. Wenn man nun diese Sitze ins Verhältnis zur jeweiligen Einwohnerzahl setzt, wird schnell klar, dass Stimmen ungleich gewichtet werden.

Professor Dr. Jürgen Fleckenstein von der Verwaltungshochschule in Kehl hat das unlängst einmal ausgerechnet. Das Ergebnis macht klar, dass auch eine Klage aus Crailsheim große Erfolgsaussichten hätte. Fleckensteins Rechnung geht so: Bei 34 000 Einwohnern und 36 Stadträten kommt, bezogen auf die ganze Stadt, ein Gemeinderat auf 967 Einwohner.

Der Wert für die Innenstadt liegt bei 1094, der Wert für Beuerlbach jedoch nur bei 300 und für Triensbach bei 485. Das heißt, eine in der Innenstadt abgegebene Stimme ist deutlich weniger wert als eine Stimme in einem kleinen Stadtteil. Auf diesen Missstand weist Oberbürgermeister Dr. Christoph Grimmer schon lange hin. In der jüngsten Gemeinderatssitzung kündigte er auf Nachfrage des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Sebastian Karg an, eine Neuberechnung der Sitzverteilung (bezogen auf die Einwohnerzahlen vom 30. September 2022) vornehmen zu lassen. Im Herbst will er dann einen Vorschlag machen, wie mit einer veränderten Sitzverteilung die Ungleichgewichtung verringert werden kann.

Grimmer zeigte sich in der Sitzung jedoch skeptisch, ob eine Neuregelung das gesetzlich vorgegebene Ziel erreichen kann.

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