Tauberbischofsheim. Auf der langen Tagesordnung der Gemeinderatssitzung stand das Thema Grundsteuer zunächst an 20. Stelle, wurde allerdings – durch eine Bitte aus den Reihen der Bürger – nach vorne gesetzt. Dass der Hebesatz geändert werden muss, stand von vornherein fest.
Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2018 war Anlass für eine Reform der Grundsteuer. Die Begründung damals lautete: Die bisherige Einheitsbewertung sei verfassungswidrig. Ab dem 1. Januar 2025 wird die Steuer für das Grundvermögen – die Grundsteuer B – in Baden-Württemberg deshalb nach dem neuen „modifizierten Bodenwertmodell“ erhoben.
Danach wird die Grundsteuer wie folgt berechnet: Grundsteuermessbetrag mal Hebesatz geteilt durch 100. Die Grundsteuermessbeträge hat das Finanzamt ermittelt und den Eigentümern im Grundsteuermessbescheid mitgeteilt. Die Grundsteuermessbeträge basieren auf den Grundstücksdaten, die von den Eigentümern selbst mitgeteilt wurden. Die Einnahmen der Kommunen sollen aufkommensneutral sein, was heißt, dass sie in etwa so hoch wie zuvor sein sollen.
Fünf Nein-Stimmen
Das Land hat für die Grundsteuer B (keine landwirtschaftlichen Flächen) in seinem Transparenzregister Empfehlungen für einen aufkommensneutralen Hebesatz gegeben. Für Tauberbischofsheim liegt er zwischen 699 und 773 Prozent. Der Gemeinderat setzte ihn jetzt bei fünf Nein-Stimmen, vier Enthaltungen und 14 Ja-Stimmen auf 760 Prozent fest, was einer Erhöhung von 330 Prozent bedeutet. Der neue Satz für landwirtschaftliche Flächen beträgt 450 Prozent (bislang 350 Prozent).
Konkrete Beispiele
An konkreten Beispielen erläuterte Barbara Hübenbecker, was diese Erhöhung für Grundstückseigentümer bedeutet. Hat jemand ein unbebautes, aber baureifes Grundstück im „Kirschengarten“ mit einer Fläche von 740 Quadratmetern, zahlt er anstelle von bisher 78,14 Euro ab dem kommenden Jahr 1062,10 Euro. Das bedeutet ein Plus von 1359 Prozent. Steht auf diesem Grundstück ein Einfamilienhaus werden anstelle von 430,46 Euro ab dem kommenden Jahr 748,98 Euro fällig (plus 74 Prozent).
Im Gebiet „Brenner“ zahlte ein Besitzer einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus bisher 151,63 Euro, künftig werden es 77,44 Euro sein (minus 49 Prozent). Im Gewerbegebiet ist mit einem Minus von 22 Prozent zu rechnen, im Industriegebiet mit Einsparungen von 61 Prozent und Dienstleister sparen bei der Grundsteuer ab 2025 sogar 89 Prozent.
Im Gemeinderat notiert
Ein schlechtes Gefühl wegen des Unterschieds von 76 000 Euro zwischen erstem und zweitem Bieter von Christian Stolz (Freie Wähler) und Alexander Horn (CDU) reichte nicht aus, um an der Vergabe der Putz-, Stuck und Malerarbeiten im Zuge der Sanierung des Matthias-Grünewald-Gymnasiums etwas zu ändern. „Wir haben die Referenzen geprüft und keinen Grund, diese Firma auszuschließen“, so Daniel von Finck vom Hochbauamt. Der Auftrag ging zum Bruttopreis von rund 238 000 Euro an das Obertshausener Unternehmen Osnebau.
Die Bodenbelagarbeiten für das Gymnasium wurden an die Firma ZM-Parkett aus Würzburg zum Preis von knapp 247 000 Euro vergeben.
Den Auftrag für die Trockenbauarbeiten am Gymnasium in Höhe von 660 000 Euro erhielt die örtliche Firma Baumann.
Daniel von Finck erläuterte die Kostenrechnung für die Ergänzung und Ersatzbeschaffung der Möblierung und Ausstattung des großen Hauses des Gymnasiums einschließlich der Fachräume für Biologie, Physik und Chemie. Sie schlagen mit 2,25 Euro zu Buche. hvb
,Maßgeblich für die Bewertung sind allein die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert, nicht aber die Bebauung des Grundstücks. Eigentümer von großen Grundstücken mit einem kleinen Haus zahlen mehr, von unbebauten Grundstücken viel mehr. Mehrfamilienhäuser profitieren. Es kommt zu ziemlichen Belastungsverschiebungen zwischen den Grundstücksarten“, fasste Hübenbecker das Ergebnis zusammen. Wer seine Grundsteuererklärung nicht abgegeben hat, werde geschätzt.
„Wir als Kommune hätten diese Umstellung nicht gebraucht“, so Bürgermeisterin Anette Schmidt, die schon jetzt befürchtet, dass die Telefone bei der Stadtverwaltung heiß laufen, wenn die Bescheide bei den Bürgerinnen und Bürgern eintrudeln. Die Stadt, räumte sie ein, sei auf die Einnahmen angewiesen.
Christian Stolz (Freie Wähler) meinte, die neue Grundsteuerregelung sei ungerecht, weil die Art der Bebauung überhaupt keine Rolle mehr spiele. Außerdem monierte er, dass die Industrie zu Lasten der Bürger entlastet werde. Als die Auswirkungen der Entscheidung für das modifizierte Bodenwertmodell klar gewesen seien, hätte das Land auf das Bundesmodell umschwenken müssen, das den Grundstückswert und die Nutzung zu jeweils 50 Prozent berücksichtigt. Er sagte voraus, dass sich die Bodenrichtwerte massiv ändern werden, und hatte Bedenken, dass die baden-württembergische Handlungsweise rechtens ist. Dem stimmte die Bürgermeisterin zu: „Die Landesgesetzgebung ist nicht in unserem Sinne und nicht im Sinne der Bürger.“
Hoffnung auf Verkauf
Auch Elmar Hilbert (CDU) kritisierte den Erhebungsrahmen. Er hoffte allerdings, dass der eine oder andere Eigentümer sein unbebautes Grundstück, das man bereits seit zwei oder drei Generationen aufhebt, aufgrund der künftigen hohen Belastung verkauft.
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