Kommentar Bemessung der Grundsteuer: Erklärt es uns!

Heike v. Brandenstein zur Bemessung der Grundsteuer

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Heike von Brandenstein
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Die leisen Töne nehmen Bürgerinnen und Bürger kaum wahr, weil sie nicht knackig sind und keine Überschrift aufpeppen. Es sind die lauten, die spektakulären Begriffe und Sätze, die es in die Medien schaffen und stetig wiederholt werden. „Doppelwumms“ oder „Bazooka“ von Olaf Scholz gehören ebenso dazu wie Angela Merkels „Wir schaffen das“ oder Helmut Schmidts hintersinniges „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“

Erklärungen über die Weltlage, über zwingend notwendiges Handeln der Politik, liefern solche Schlaglichter aber nicht. Die Bürgerinnen und Bürger – das wird auch bei den Wahlergebnissen immer deutlicher – verstehen die Politiker und ihr Tun immer weniger. Begründet wird das seitens der Politik mit zunehmender Komplexität in der Welt, der Wirtschaft und der Technik. Die bricht sich in immer mehr Bürokratie Bahn. In zehn Jahren hat sich die Zahl der verbeamteten Beschäftigten der Bundesregierung verdoppelt, um diese komplexen Sachverhalte zu beleuchten.

Der Bundesbürger an sich, in der Mehrheit ein braver und verlässlicher Steuerzahler, hat eher schlichte Fragen: Ihm geht es um Sicherheit des Arbeitsplatzes und des Einkommens, um ein soziales Miteinander, ums Klima, um bezahlbaren Wohnraum, um Gesundheit und Gerechtigkeit. Mit der Grundsteuerreform, bei der er selbst Finanzamtsdienste geleistet hat, flattert ihm Anfang 2025, so er Eigentümer ist, ein Bescheid ins Haus, der gerade bei Grundstücks- und Eigenheimbesitzern auf wenig Gegenliebe stoßen dürfte. In Tauberbischofsheim erhöht sich der Hebesatz für Einfamilienhausbesitzer je nach Grundstücksgröße enorm, für baureife Bauplätze steigen sie in schwindelerregende Höhen. Dagegen sind Besitzer von Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern, Gewerbetreibende, Industrieunternehmen oder Dienstleister die Profiteure. In anderen Städten und Gemeinden sieht es ähnlich oder gar noch viel drastischer aus.

Ist es gerecht, wenn sich eine Familie den Traum vom eigenen Haus mit viel Eigenarbeit abends und an den Wochenenden verwirklicht und vielleicht jahrelang auf Urlaub verzichtet hat? Ist es gerecht, wenn eben dieses mühsam finanzierte Häuschen irgendwann veräußert werden muss, um Pflegekosten zu finanzieren und damit dem Staat nicht zur Last zu fallen?

Solche Fragen stellen sich viele und sind frustriert, weil sie keine Antworten von der großen Politik erhalten. Diese müssen und sollen nicht kurz, knapp und pauschal sein, jedoch bloß keine Worthülsen erhalten und sich nicht hinter Juristen-„Sprech“ verschanzen. Einfach, schlicht und verständlich bitte. Und am besten nach einem einheitlichen Schema, um die unterschiedlichen politischen Nuancen zu erkennen.

Erklärt uns, was mit unserem Geld geschieht, wie, wo und warum es sinnvoll angelegt ist, wo es verplempert wird und was Ihr eigentlich unter Gerechtigkeit versteht. Wenn das nicht geschieht, wird der Frust steigen, werden die demokratiefeindlichen Töne lauter werden und noch mehr Menschen verführerisch einfachen Antworten glauben. Deshalb: Erklärt es uns!

Redaktion Zuständig für die Kreisberichterstattung Main-Tauber

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