Tauberbischofsheim. Eigentlich wollte Kinderarzt Dr. Rolf Ebert am 31. Dezember 2024 einen Schlussstrich unter sein Arbeitsleben ziehen. Doch aus der Not heraus hat er freiwillig verlängert. Seine „Nachspielzeit“ läuft bis 31. März 2025.
„Ich werde alles versuchen, um diese Praxis für die Stadt zu erhalten. Wenn wir hier schließen müssten, wüsste ich nicht, wohin sich die Eltern mit ihren Kindern wenden sollen“, sagte er im Juli gegenüberunserer Zeitung.
Situation um Kinderarztpraxis von Dr. Ebert weiterhin "sehr ernst"
Die FN erkundigten sich bei der Stadt Tauberbischofsheim und dem Landkreis nach dem Stand der Dinge. Bürgermeisterin Anette Schmidt zeigt sich besorgt: „Die Situation rund um die drohende Schließung der Kinderarztpraxis von Dr. Ebert ist weiterhin sehr ernst. Die Stadt steht in engem Austausch mit allen Beteiligten, um mögliche Lösungen zu finden. Es fanden bereits Gespräche zwischen der Stadtverwaltung, dem Landratsamt, Dr. Ebert und weiteren Akteuren statt, um die Zukunft der Praxis zu erörtern und die bestmögliche Versorgung für unsere Kinder sicherzustellen.“
Bemühungen bisher erfolglos - aber es gibt Ideen
Das Ergebnis ist zunächst ernüchternd. Anette Schmidt sagt: „Leider mussten wir feststellen, dass unsere Bemühungen, einen Nachfolger für die Praxis über Kontakte zu Universitäten und anderen Kinderarztpraxen zu gewinnen, bisher ohne Erfolg geblieben sind. Der Fachkräftemangel und die veränderten Arbeitspräferenzen in der Medizin machen es besonders herausfordernd, gerade im ländlichen Raum geeignete Ärzte zu finden. Dennoch arbeiten wir weiterhin intensiv daran, Lösungen zu finden, um die Nachfolge sicherzustellen.“
Die Bürgermeisterin weiter: „Der Erhalt der Kinderarztpraxis ist für uns von enormer Bedeutung. Die medizinische Versorgung unserer Kinder ist ein Grundpfeiler der Lebensqualität in unserer Stadt und entscheidend für die Attraktivität als familienfreundlicher Standort. Wir wissen, wie wichtig es ist, dass die Praxis in der Würzburger Straße bestehen bleibt, und sind zuversichtlich, dass wir mit vereinten Kräften eine Lösung finden können.“
Aktuell stünden verschiedene Optionen im Raum, darunter die Suche nach einem Nachfolger in Teilzeit, die Gründung einer Gemeinschaftspraxis oder einer anderen Organisationsform, die den Anforderungen junger Mediziner besser gerecht werde. „Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um die medizinische Versorgung unserer Kinder zu sichern. Letztendlich nützt uns aber keine organisatorischen Maßnahmen ohne eine passende Mediziner“, so die Rathaus-Chefin.
Versorgung mit Kinderarztpraxen ist ein drängendes Thema
Trotz der bisherigen Herausforderungen bleibe die Hoffnung bestehen, dass die Kinderarztpraxis erhalten werden kann. Anette Schmidt: „Es ist klar, dass die Sicherstellung einer langfristigen Lösung nicht einfach ist, aber wir geben nicht auf. Die Stadt, das Landratsamt und weitere Akteure setzen alles daran, die medizinische Versorgung in diesem Bereich in Tauberbischofsheim und der gesamten Region zu stabilisieren. Weitere Gespräche und Verhandlungen sind in Planung, um gemeinsam Wege zu finden, die Praxis zu erhalten oder in anderer Form weiterzuführen.“
Das Landratsamt Main-Tauber-Kreis weist in seiner Stellungnahme darauf hin, „dass die Landkreise gesetzlich nicht für die Versorgung mit niedergelassenen Arztpraxen zuständig sind. Die Verantwortung für die Sicherstellung und Organisation der ambulanten medizinischen Versorgung liegt vielmehr bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. Gerade auch eine ausreichende Versorgung mit Kinderarztpraxen ist ein drängendes Thema, da bei Kindern bestimmte Vorsorgeuntersuchungen zu festgelegten Zeitpunkten erfolgen müssen“, so Pressesprecher Markus Moll.
Der Landkreis habe die KVBW bereits im vergangenen Jahr darauf hingewiesen. Bei der Versorgung mit Haus- und Fachärzten gebe es verschiedenste Herausforderungen zu bewältigen. Die demografische Entwicklung und die zunehmende Anzahl älterer Menschen ließe zum einen den Bedarf an ärztlicher Versorgung steigen, zum anderen, so Markus Moll, „spüren wir auch hier den zunehmenden Fachkräftemangel“.
Weitere Gespräche im Gange
Der Pressesprecher sagt weiter: „Unabhängig von den dargelegten gesetzlichen Zuständigkeiten beschäftigt die Sorge um eine stabile Nachfolgelösung für die Kinderarztpraxis Dr. Ebert in Tauberbischofsheim aktuell außer dem Kinderarzt Dr. Ebert selbst auch die von ihm um Unterstützung gebetene Stadt- wie auch die Landkreisverwaltung. Der Landkreis hat hier, gemeinsam mit der Stadt, auf freiwilliger Basis eine moderierende Rolle übernommen und die Beteiligten an einen Tisch gebracht. Als weiterer wichtiger und erfahrener Partner wurde daher die Gesundheitsholding Tauberfranken in die Gespräche einbezogen.“ Derzeit fänden konstruktive und lösungsorientierte Gespräche statt mit dem Ziel, die kinderärztlichen Sprechzeiten über den 31. März 2025 hinaus vor Ort zu erhalten. Auch der Gesundheitsholding Tauberfranken sei es ein wichtiges Anliegen, dass die kinderärztliche Versorgung im Main-Tauber-Kreis, auch und besonders am Standort Tauberbischofsheim, bestmöglich sichergestellt bleibt beziehungsweise wird.
„Dreh- und Angelpunkt“, so Markus Moll weiter, „ist die erfolgreiche Akquise von interessierten Kinderärzten, die sich in einer Praxis oder einem MVZ-Team engagiert einbringen wollen. In diesem Kontext ist auch die Pädiatrie am MVZ in Wertheim mitzudenken. Hier steht die Besetzung von zwei freien Kinderarztstellen auf der Agenda der Gesundheitsholding Tauberfranken.“
Positiv zu vermerken sei aus Sicht der Gesundheitsholding Tauberfranken, dass mit Dr. Saskia Wunderlich eine sehr engagierte und kompetente neue Team-Chefärztin für die Kinderklinik am Caritas-Krankenhaus gewonnen worden sei. Ergänzend werde die Gesundheitsholding Tauberfranken die Kinderspezialambulanz in Bad Mergentheim und das kinderärztliche Angebot weiter ausbauen.
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