Auf dem Weg zu globaler Klimaneutralität - Strombasierte synthetische Kraftstoffe stehen keinesfalls in Konkurrenz zu Elektroautos und anderen Technologien

Sind E-Fuels wichtiger Teil des Energiemixes?

Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. Dies gelingt vor allem durch einen nachhaltigen Energiemix – sagen Experten. E-Fuels könnten dabei durchaus eine wichtige Rolle spielen.

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Klaus T. Mende
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© Klaus T. Mende

Odenwald-Tauber. Vonseiten der Politik erscheint eine elektrische Zukunft des Autos derzeit alternativlos. Diesen Eindruck zumindest gewinnen die Bürger, wenn sie augenblicklich die Nachrichten aus Berlin und Brüssel zu diesem Thema verfolgen. Neuartige Kraftstoffe mit einer neutralen CO2-Bilanz könnten dem Verbrenner aber wieder Auftrieb geben. E-Fuels, ein klimaneutraler synthetischer Kraftstoff, der aus Wasser, grünem Strom und Kohlendioxid der Luft produziert wird, könnte hierbei ein Schlüssel zum Erfolg sein – als künftiger Bestandteil des oben genannten Energiemixes, zu dem neben E-Fuels und Elektroantrieb auch noch die Wasserstoff-Technologie gehört.

Nur Elektromobilität im Blick

Strombasierte, synthetische Kraftstoffe könnten der deutschen Nation auf dem Weg hin zu der auf die Fahnen geschriebenen Klimaneutralität wertvolle Schrittmacherdienste leisten, auch wenn es hierzu kritische Meinungen gibt. Bislang springe allerdings die Politik auf diesen Zug noch nicht auf, mahnen Fachleute an. Anstatt die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, um mehrgleisig fahren zu können, setze sie – zumindest noch gegenwärtig – voll auf Elektromobilität.

„Elektromobilität ist wichtig. Wir brauchen aber auch weitere Alternativen in einem künftigen Energiemix. Auch ich habe Kinder und möchte unseren Planeten ordentlich an die nächste Generation übergeben“, macht Diplom-Ingenieur (Energietechnik) Peter Herm gegenüber den Fränkischen

Nachrichten deutlich, nachdem vor wenigen Tagen ein mit E-Fuels betriebener Mini auf seiner Infotour durch Deutschland in Tauberbischofsheim Station gemacht hatte (wir berichteten).

„Wir sehen heute bei entsprechender Entwicklung und großindustrieller Produktion in wenigen Jahren in sonnen- und windreichen Ländern die Möglichkeit, E-Fuels salonfähig zu machen“, geht der Blick von Herm in die Zukunft. Was schlussendlich den Preis für den Endverbraucher angeht, komme es auf den jeweiligen Staat an. „Es bleibt deswegen abzuwarten, wie unsere Regierung in Zukunft die wegfallende Steuer pro verkauftem Liter Benzin ausgleichen will, wenn ein erheblicher Anteil Elektrofahrzeuge auf den deutschen Straßen unterwegs sind.“

„Die Elektroautos sehen wir durchaus als zielführende Technologie, besonders für Kurzstrecken und Innenstädte“, betont Peter Herm. Allerdings werde der Hochlauf der Elektroautos noch viele Jahre dauern, weil die komplette Infrastruktur erst aufgebaut werden müsse. Das bereite große Probleme, besonders die elektrische Leistung an den Ort der Ladesäulen zu bringen. Mit diesen synthetischen Kraftstoffen zusätzlich zur Elektromobilität „würden wir die CO2 Ziele viel zügiger erreichen“, sagt der Fachmann weiter. Der Hintergrund, warum E-Fuels noch nicht flächendeckend in Deutschland bekannt seien ist der, dass von der EU die falschen Signale kämen. Brüssel bevorzuge aktuell in der Flottenrichtlinie die batterie-elektrische Mobilität.

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„Uns geht es nicht darum, dass E-Fuels im Verhältnis zu anderen Technologien bevorzugt werden sollen – es geht um Chancengleichheit“, meint Herm. Der Weg in die Zukunft sollte mit Technologieoffenheit und Chancengleichheit für neue Technologien gepflastert sein, die ein Ziel haben: zügige CO2-Minderung, um die Erderwärmung zu stoppen.

Kritiker der synthetischen Kraftstoffe äußerten, dass die Produktion von E-Fuels ineffizient wäre, führt Peter Herm ins Feld. Um dieser These den Wind aus den Segeln zu nehmen, fügt er an: „E-Fuels-Produktionsanlagen profitieren ausschließlich von Sonne und Wind – diese Energieformen stehen unerschöpflich zur Verfügung. Wo ist da Ineffizienz?“ Das Gegenteil sei eher der Fall: Man könnte unzählige Produktionsanlagen für E-Fuels in vielen Ländern bauen und dort nicht nur Sonne und Wind nutzen, sondern auch zur Steigerung des Wohlstandes vor Ort beitragen.

Hebelwirkung denkbar

Das Problem sei keinesfalls der Verbrennermotor, sondern womit man ihn betanke. „Wenn wir jetzt klimaneutrale Kraftstoffe in den Markt weltweit bringen, schaffen wir eine unheimlich große Hebelwirkung für die 1,3 Milliarden Fahrzeuge auf dieser Welt – und für künftige Motoren. In den ersten Jahren würde auch eine Beimischung von synthetischen zu normalen Kraftstoffen ausreichen, um die CO2-Ziele im Mobilitätssektor zu erreichen. Dies wäre bereits in wenigen Jahren möglich“.

Zum Abschluss führt Peter Herm einen weiteren Grund an, der für diesen Kraftstoff sprechen könnte: „E-Fuels sind 100-prozentige Ersatzstoffe für Heizöl. Wir können sie nicht nur für Motoren nutzen, sondern auch für unsere Heizungsanlagen. Damit wäre auch dieses Thema gelöst – die Heizungen wären klimaneutral.“ Auch hier werde die Umstellung der vielen Heizungen noch Jahre in Anspruch nehmen – nicht zuletzt wegen der Kapazitätsengpässe im Heizungsbau-Handwerk.

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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