50 Jahre Main-Tauber-Kreis

50 Jahre Main-Tauber-Kreis: Drei Landräte im FN-Gespräch

Eine „Perle im Taubertal“: Dieser Begriff steht für Kloster Bronnbach, das in Landkreisbesitz ist. Eigentümer eines Monasteriums zu sein, ist ein Alleinstellungsmerkmal des Main-Tauber-Kreises. Wie kam es dazu und wie geht es weiter?

Von 
Heike von Brandenstein
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Die Altlandräte Georg Denzer (links) und Reinhard Frank (Zweiter von rechts) sowie der amtierende Landrat Christoph Schauder im Gespräch mit FN-Redakteurin Heike von Brandenstein. © Sabine Holroyd

Main-Tauber-Kreis. Altlandrat Georg Denzer erinnert sich gut, wie alles begonnen hat mit Kloster Bronnbach. „Die Gesamtfamilie des Fürsten Löwenstein-Wertheim-Rosenberg war sich bewusst, dass sie ein Problem mit der Liegenschaft hat“, so Denzer. Ihr Ansinnen sei es deshalb schon weit vor 1986 gewesen, das Kloster zu verkaufen. „Aber wer kauft schon ein Kloster, das leer steht und sanierungsbedürftig ist“, fragt Denzer schelmisch.

Das Kloster habe im Übrigen nicht dem Erbprinzen Alois Konstantin gehört. Im Grundbuch seien seine Schwestern eingetragen gewesen. Der Bruder habe lediglich die Generalvollmacht besessen.

Bereits zur Amtszeit des verstorbenen Landrats Bruno Rühl hatte das Fürstenhaus den Landkreis um Hilfe gebeten. „Im Kreuzgang waren die Dächer kaputt, es regnete durch“, so Denzer. „Der Landkreis hat einen Zuschuss gegeben, damit sie repariert werden können.“ Schon damals sei klar gewesen, dass es mit dem Kloster nicht lange gut gehen und der Kreis nicht ewig Geld zur Unterhaltung dazu schießen könne. „Aber kein Mensch habe daran gedacht, dass wir als Landkreis das Kloster kaufen.“

Im prunkvollen Josephsaal von Kloster Bronnbach gibt es für Landräte und von Landräten immer wieder Neues zu lernen. © Sabine Holroyd

Immer wieder einmal wurden der seit 1981 amtierende Landrat Georg Denzer, zuvor der Wertheimer Oberbürgermeister Karl Josef Scheuermann, angesprochen, beim Verkauf zu helfen. Man habe an Konzerne wie Mercedes oder Bosch gedacht, doch die hatten wohl kein Interesse.

„In der Tat war es so, dass ich zusammen mit dem damaligen Erbprinzen von Löwenstein zur Mobilmachung eingeplant war. Wir haben uns die Planstelle als Verbindungsstabsoffizier für den Fall der Fälle geteilt“, erinnert sich der Altlandrat. Eines Abends habe ihn dann der Erbprinz auf dem Truppenübungsplatz von Bergen-Hohne angesprochen, dass die Familie das Kloster verkaufen wollen. Er, Denzer, solle mit ihm nach Stuttgart zur Landesregierung fahren. Er habe erwidert, dass dies nichts bringe. „Nie und nimmer kauft die Landesregierung das Kloster“, zitiert er seine damalige Aussage. „Ich habe ihn vertröstet und ihm gesagt, er solle mich anrufen, wenn wir wieder in der Heimat sind.“

Gesagt, getan. Der Erbprinz rief kurz nach der Rückkunft an und ließ nicht locker. „Beim dritten Anruf habe ich dann die dumme Bemerkung gemacht, dass ich auch nicht mehr weiter weiß und wir als Landkreis es am Ende noch kaufen müssen, bevor es ganz kaputt geht“, so Denzer. „Ich konnte im Nachhinein ja schlecht sagen, dass das nur eine blöde Bemerkung war.“

Die Idee reifte

Doch die spontan dahergesagte Blitzidee reifte. Der damalige Landrat besprach die Sache mit Kämmerer Hermann Kaißling, der eine besondere Beziehung zu Bronnbach hatte, weil seine Großmutter dort geheiratet hatte. Was das denn kosten solle, wollte der wissen. Vier Millionen hatte der Erbprinz genannt, was Kaißling mit einem „Der spinnt“ quittierte. „Handeln Sie ihn auf unter zwei Millionen Mark runter“, lautete dessen Auftrag.

Preis runtergehandelt

Letztlich sollten es 1,9 Millionen Mark werden. Was Georg Denzer jedoch noch nicht getan hatte war, den Kreistag zu informieren. Dort wurde mit dem Kopf hin- und hergewiegt und weder ein klares Ja noch ein klares Nein vermittelt.

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Wieder kam Denzer aber der Geselle Zufall zugute. „Die Landesregierung hatte eine Klausurtagung in Wertheim“, berichtet er. Zum Abschlussabend war Denzer als Landrat eingeladen worden. „Cleverle Lothar Späth war für solche Sachen wie einen Klosterkauf zu haben. Wir verabredeten, dass er am Montagmorgen mit mir nach Bronnbach zum Fürsten, dem Vater des Erbprinzen, geht, der damals noch dort wohnte.“

Als Späth ihm dann um 23.30 Uhr sagte, dass ihn Kultusminister Gerhard Mayer-Vorfelder begleiten sollte, war der Landrat richtig sauer. „Das hat mich maßlos geärgert. Ich habe die Hacken zusammengeknallt und den Ministerpräsidenten angefaucht, ob er meine, dass das die richtige Bearbeitung der Angelegenheit ist.“ Sein Abgang folgte erbost in wenigen Sekunden. Keine zwei Minuten später habe ihn der Ministerpräsident von hinten am Kragen gepackt und versichert, dass er mit nach Bronnbach komme.

Im Kloster saßen die beiden dann im Büro zusammen auf dem berüchtigten Sofa, aus dem die Sprungfedern quollen. „Wie bei ,Dinner für one’ wurde uns Tee vom Diener serviert, der weiße verblichene Handschuhe trug“, schildert der Altlandrat die skurrile Situation. Lothar Späth sei ungeheuer beeindruckt von diesem alten, stilvollen und gebildeten Adligen Karl zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg gewesen. Beim Hinausgehen habe ihm Späth dann gesagt, er solle das Kloster kaufen. Was denn die Gegenleistung des Landes sei, wollte Denzer wissen.

Späths Gedanke war folgender: Die Auflage eines Denkmalnutzungsprogramms. Bekommt man normalerweise nur den denkmalpflegerischen Mehraufwand bezahlt, wird beim Nutzungsprogramm alles bezuschusst. Wird etwa eine Toilette benötigt, kann das gefördert werden. Das Programm sollte 400 Millionen Mark betragen. Der Landkreis stellte einen entsprechende Antrag beim Land – damals schlappe drei Seiten – und erhielt die Zusage über 19 Millionen reservierte Mark als Zuschüsse für Baumaßnahmen. „Damit konnten wir loslegen“, so Denzer, der allerdings nicht sagen kann, ob er so einen Deal heute noch einmal machen würde. „Der Kauf des Klosters war ein Ritt über den Bodensee“, kommentiert er heute.

Kreuzgang mit Kirche: Ein Ort der Stille und der Besinnung. © Holger Schmitt

„Am Mut hängt der Erfolg“, springt Reinhard Frank seinem Vorgänger zur Seite. „Denn wer nicht tatkräftig ist, der kriegt auch nichts hin.“ Kritiker, so Frank, gebe es immer. Er ist überzeugt: „Wenn du so ein Kleinod hast, musst du es erhalten, weiter pflegen und weiter attraktiv gestalten.“

Große Diskussionen habe es zu seiner Zeit als Landrat eigentlich nicht mehr gegeben, obgleich ab und an aus der einen oder anderen Ecke infrage gestellt wurde, ob es wirklich Aufgabe des Landkreises sei, ein Kloster zu besitzen und zu sanieren. Aber das sei immer nur eine Minderheit gewesen.

„Ich bin nach wie vor überzeugt, dass es eine richtige, gute und mutige Entscheidung war, dieses Kleinod, das die Landschaft hier über Jahrhunderte geprägt hat, zu erhalten.“ Seinem Vorgänger hält er zugute, dass er immer nur dann etwas saniert hat, wenn eine Nutzung feststand. Frank: „Es war immer wichtig, einen Plan für die Entwicklung des Klosters zu haben. Das war beim Spital mit dem Archivverbund genauso der Fall wie beim Fraunhofer Institut. Ich war immer begeistert von dieser Liegenschaft und der Gestaltungsmöglichkeit, um sie zum Blühen zu bringen.“

Viele private Spender

Er erinnert sich an die vielen auch privaten Mitstreiter, an Spenden und Fördergelder, die aus ganz unterschiedlichen Quellen geflossen seien. „Stillstand ist Rückschritt“, lautet Reinhard Franks Standpunkt. Deshalb ging es weiter mit dem Vorplatz oder dem Abteigarten. „Nur wenn das Kloster attraktiv ist, wird es von der Bevölkerung auch angenommen“, zeigt er sich sicher.

Bursariat, professionelle Gastronomie, Vinothek oder Lichtkonzept: All diese Mosaiksteine trügen dazu bei, das Kloster zum Anziehungspunkt zu machen. Realität sei aber auch, dass ein Kloster sich nie allein mit Kulturveranstaltungen finanzieren könne und nur ein kleiner Deckungsbeitrag zu erzielen sei.

Das ist auch dem Erben in dritter Generation, dem amtierenden Landrat Christoph Schauder, bewusst. Er bekennt sich klar zum Kloster. „Bronnbach ist ein kulturhistorisches Kleinod, ein Denkmal von nationalem Rang. Das zu pflegen, ist unsere Aufgabe.“ In den vergangenen Jahrzehnten sei viel Gutes auf den Weg gebracht worden.

In der Tat sei es derzeit aber so, dass viele Pflichtaufgaben zu bewältigen seien. Schauder nannte das Berufliche Schulzentrum Wertheim, die Straßenmeisterei Külsheim und dann noch die konkret absehbaren Investitionen in die Schule im Taubertal und das Berufliche Schulzentrum Tauberbischofsheim. Allein die letzten beiden würden Mittel im erheblichen zweistelligen Millionenbereich binden.

Pflichtaufgaben haben Priorität

„Ich werde hoch belasteten Eltern von gehandicapten Kindern nie sagen, dass die Sanierung des SBBZ in Unterbalbach geschoben werden muss, weil Maßnahmen am Kloster anliegen.“ Vielmehr gebe es eine klare Prioritätenliste, auf der zunächst die Pflichtaufgaben stehen. „Das eine zu tun heißt aber nicht, das andere zu lassen“, so Schauder.

Vor diesem Hintergrund sei der Kreistag dem Vorschlag der Verwaltung gefolgt, für den Ausbau des Bursariats II zum Hotelbetrieb ein Projektmoratorium zu verabschieden. „Dafür bin ich sehr dankbar“, unterstreicht der Landrat. Für dieses Jahr habe der Kreistag Mittel bewilligt, um ein ganzheitliches Sanierungskonzept für das Kloster zu erstellen. Experten sollen ausführen, wann der Landkreis welche Mittel für welche Maßnahme bereitstellen muss. Schauder: „Wir gehen davon aus, dass bis zum Herbst dieses Jahres erste belastbare Zwischenergebnisse vorliegen, damit wir erste Weichenstellungen für den Haushalt 2024 und die mittelfristige Finanzplanung vornehmen können.“

Wissenschaftsstandort

Losgelöst davon liefen gute, intensive Gespräche mit dem Fraunhofer Institut mit Blick auf eine langfristig angelegte Zukunft im Kloster Bronnbach. Als zweites Thema nennt Schauder den Saalgarten. „Hier können wir nicht noch ein paar Jahre warten, weil sich die Natur bereits ihren Weg bahnt“, erläutert er.

Bereits in diesem Jahr werde mit ersten Sanierungsmaßnahmen begonnen, für die der Landkreis eine nicht unerhebliche sechsstellige Summe in die Hand nehmen müsse. Rücklagen aus einer großzügigen, sachbezogenen Spende seien übrig, so dass sie hierfür eingesetzt werden können.

Ziel des Landrats ist es, das Kloster Bronnbach langfristig über die Bereiche Kultur und Tourismus auch zu einem Wissenschaftsstandort weiter zu entwickeln. Schauder: „Gerade mit dem Fraunhofer Institut haben wir hier in Bronnbach deutschlandweit ein Alleinstellungsmerkmal.“ Gab es in der Vergangenheit immer wieder Diskussionen und Spekulationen um den gastronomischen Pächter, spricht Schauder gegenüber den FN Klartext: „Es ist nach wie vor die Zielsetzung des Landkreises, die Zukunft in der Klostergastronomie gemeinsam zu gestalten.“

Redaktion Zuständig für die Kreisberichterstattung Main-Tauber

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