50 Jahre Main-Tauber-Kreis

Frankenbahn im Takt: Beim Mobilitätsmix auf einem guten Weg

Altlandräte Georg Denzer und Reinhard Frank sowie Amtsinhaber Christoph Schauder zu den wichtigen Verkehrsachsen für den Landkreis.

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Heike von Brandenstein
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Wichtig für eine gute Anbindung an die ICE-Bahnhöfe: die Frankenbahn. © Heike von Brandenstein

Main-Tauber-Kreis. Angeschlossen an die große weite Welt: Von Lauda direkt auf die Insel Rügen oder nach Frankfurt. Das war einmal. Seit Jahrzehnten schon wird um die Bahnlinien gekämpft. Drei Landräte sprechen über ihre Erfahrungen mit dem ÖPNV.

In Zeiten, in denen die Menschen auf der einen Seite immer mobiler werden, sich auf der anderen Seite immer stärker per Datenautobahn vernetzen, schrumpfen die Distanzen. Per Klick lassen sich Verbindungen über Kontinente hinweg herstellen, Videokonferenzen abhalten und so Autobahn, Zug- und Flugkilometer einsparen. Die Corona-Pandemie hat diese Tendenz ungemein beschleunigt. Das stellt eine Chance für den ländlichen Raum und den Mittelstand im Main-Tauber-Kreis dar.

Individualverkehr reduzieren

Homeoffice und flexible Arbeitszeiten sind aber nicht alles. Es geht mit Blick auf den Klimawandel um die Verkehrswende, um eine drastische Reduktion des Individualverkehrs mit dem Auto und um die Mobilität derer, die sich entweder noch nicht oder nicht mehr mit dem eigenen Fahrzeug durch die Lande bewegen können. Die Eisenbahn gilt dabei nicht nur Schienenromantikern als das probateste Verkehrsmittel, um von A nach B zu gelangen: umweltschonend und, je nach Zustand, bequem – früher zumindest auch pünktlich. Für Schülerinnen und Schüler ist der fein justierte Zubringerdienst zu den Lernorten per Bus und Bahn ohnehin unerlässlich.

An der Demo zur Forderung des Stundentakts auf der Frankenbahn 2018 nahmen viele Menschen entlang der Bahnstrecke Osterburken-Lauda teil. © Heike von Brandenstein

Den richtigen Takt finden

Den Altlandräten Georg Denzer und Reinhard Frank sowie Amtsinhaber Christoph Schauder ist der ÖPNV im Main-Tauber-Kreis eine Herzensangelegenheit. Sie wissen, dass der richtige Takt Auswirkungen auf die Entscheidung hat, ob sich Familien oder Firmen hier oder dort ansiedeln. Deshalb wird seit Jahrzehnten um einen guten Anschluss gekämpft.

„Mitte der 90er Jahre war die Tauberbahn – konkret die Strecke zwischen Lauda und Wertheim – hoch gefährdet“, erinnert sich Georg Denzer. Im Zuge der geplanten Privatisierung der Deutschen Bahn habe es im Hauptvorstand des Unternehmens konkrete Überlegungen gegeben, all das platt zu machen, was keine Fernverbindungen darstellte. „Zum Glück hatten wir damals noch sehr viele militärische Verladungen für die Bundeswehrstandorte in der Region und dann noch die sogenannten Lademasseüberschreitungen, die nicht über Fernverkehrsstrecken laufen durften. Deshalb wurden sie über das Taubertal abgewickelt“, beschreibt Denzer die Situation.

Er habe gute Kontakte zu niedrigeren Chargen der Bundesbahndirektion Stuttgart gepflegt, von denen er erfahren hat, welche Überlegungen angestellt würden. Geplant sei, hieß es damals, die Halte stillzulegen, weil Beleuchtung und Winterdienst nur Geld kosteten. Die listige Lösung: Ein Vertrag zwischen Kommunen und Bahn wurde abgeschlossen, in dem die Haltepunktgemeinden genau diese Kosten übernahmen. Denzers Stuttgarter Mittelsmann meldete daraufhin der Bahnzentrale in Frankfurt, die Haltpunkte kosteten nichts mehr. Die Tauberbahn war gerettet.

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Beitritt zum VRN

Als zweiten Erfolg verbucht Altlandrat Georg Denzer den Beitritt des Main-Tauber-Kreises zum Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) 2003. Schon länger hatte man nach Partnern Ausschau gehalten, doch weder Heilbronn noch Würzburg wollten recht mitziehen. Deshalb kam es infolge eines Treffens mit dem damaligen Landrat des Rhein-Neckar-Kreises, Jürgen Schütz, letztlich zum Schulterschluss mit den Mannheimern, was Denzer auch auf historisch badische Wurzeln zurückführt und sich als echter Glücksfall erweisen sollte.

Dass sich Geschichte wiederholt, zeigte sich 2006, als die Tauberahn wiederum akut gefährdet war und mit einer von Landrat Reinhard Frank angeführten Demonstrationsfahrt, an der auch Georg Denzer teilnahm, Flagge gezeigt wurde. Später dann kam der Kampf um den Stundentakt und die Sanierung und Wiederinbetriebnahme von Haltepunkten auf der Frankenbahn hinzu. Themen, die bis heute beschäftigen und erst jüngst zu einer Vereinbarung der Anliegerlandkreise mit dem Land geführt haben.

„Wir haben Schülerverkehre auf die Tauber- und die Frankenbahn genommen, demonstriert und damit in Stuttgart und bei den Bahnleuten etwas für die für uns so wichtigen Verkehrsachsen bewirkt“, resümiert Reinhard Frank. Seines Erachtens sei das strukturell und verkehrspolitisch entscheidend wichtig. „Ohne den Rückhalt der Bevölkerung und den breiten Konsens wäre dieser Erfolg aber nicht möglich gewesen“, zeigt er sich sicher.

Wir sind bei der Sicherung des Schienenpersonennahverkehrs auf einem guten Weg“
Christoph Schauder

Überzeugungsarbeit leisten

Jetzt ist es an Landrat Christoph Schauder, Bürgerinnen und Bürger vom Wechsel auf die Schiene zu überzeugen. Der jüngst ausgehandelte Vertrag mit dem Land besagt nämlich, dass die Landkreise den Stundentakt auf der Frankenbahn weniger oder gar nicht mehr mitzufinanzieren haben, je mehr Menschen das Angebot nutzen.

„Auch wenn es, gerade auf der Tauberbahn, leider noch massive Qualitätsdefizite gibt, die, wie kürzlich auf dem Tauberbahngipfel besprochen, behoben werden sollen, sind wir bei der Sicherung des Schienenpersonennahverkehrs auf einem guten Weg“, prophezeit Landrat Christoph Schauder zuversichtlich. Das Ergebnis für die Frankenbahn bezeichnet er als gute Lösung. Die Gespräche mit Stuttgart seien dabei intensiv, aber auf Augenhöhe gewesen. Er geht davon aus, dass der Vertrag von beiden Landkreisen, Main-Tauber- und Neckar-Odenwald-Kreis, und dem Land bis zu den Sommerferien unterzeichnet sein wird.

Mittelfristig sollen die vier Haltepunkte Rosenberg, Eubigheim, Wölchingen und Königshofen saniert werden. „Noch in diesem Jahr wird eine Lenkungsgruppe mit Vertretern des Verkehrsministeriums, der beiden Landkreise und der Bahn implementiert, um sehr schnell handlungsfähig zu sein“, so Schauder. Leute bekomme man nicht auf die Schiene, wenn ein Bahnhof nur halb zu nutzen sei. „Wer steigt in einen Zug in Königshofen ein, wenn er da nicht wieder aussteigen kann? Das ist komplett schräg“, schildert der Landrat die momentane Misere.

Auch zum Thema Öffentlicher Personennahverkehr einschließlich der Tauber- und der Frankenbahn haben Landrat Christoph Schauder (links) und seine Vorgänger Reinhard Frank (rechts) und Georg Denzer (Mitte) einiges zu berichten. © Sabine Holroyd

400 Fahrgäste als Zwischenmarke

Die bereits gestarteten Werbemaßnahmen wollen der Main-Tauber- und der Neckar-Odenwald-Kreis fortführen. „Außerdem wird uns das seit Mai geltende Deutschlandticket zugutekommen“, hofft der Landrat. „Ich bin guter Dinge, dass wir vielleicht schon im zweiten Halbjahr 2023 das erste von zwei erforderlichen Halbjahren haben werden, in dem wir mit 400 Fahrgästen den ersten Zwischenschritt schaffen und so eine Halbierung der momentanen Kosten bald erreichen.“

Einig sind sich beide Altlandräte und der Amtsinhaber in einem: Eine Abkehr vom eigenen Fahrzeug wird es in einem Flächenlandkreis wie dem an Main und Tauber nie geben. Mit einem attraktiven Bus- und Bahnangebot einschließlich der Ruftaxen und einem intelligenten Radwegesystem aber könne zumindest einen guter Mobilitätsmix angeboten werden.

Redaktion Zuständig für die Kreisberichterstattung Main-Tauber

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