Bürgerempfang

Bürgerempfang in Zimmern: Kretschmann nimmt viele Impulse mit

Landesvater Winfried Kretschmann nahm bei seiner Kreisbereisung auch an einem Bürgerempfang in Zimmern teil. Dabei stand der Kontakt zu den Bürgern im Mittelpunkt.

Von 
Nicola Beier
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Nach dem offiziellen Teil des Bürgerempfangs in der Zimmerner Festhalle ging Ministerpräsident Winfried Kretschmann (grün-gestreifte Krawatte) von Tisch zu Tisch, um persönlich mit den Bürgern in Kontakt zu kommen. © Nicola Beier

Zimmern. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann war am vergangenen Freitag im Neckar-Odenwald-Kreis unterwegs und hatte gleich mehrere Programmpunkte zu absolvieren (wir berichteten). Am Abend sollten die Bürger im Mittelpunkt stehen. Beim Bürgerempfang in der Zimmerner Festhalle fanden sich rund 400 Personen ein, die den Worten des Landrats Dr. Achim Brötel und des Grünen-Politikers lauschten, ehe sie selbst zum Zug kamen und Fragen stellten.

Närrischer Besuchstermin

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (sitzend) trug sich am Abend in das Goldene Buch der Gemeinde Seckach sowie in das Buch zum 50-jährigen Bestehen des Neckar-Odenwald-Kreises ein. © Nicola Beier

Nachdem der Abend durch Tamara Kühner und Rupert Laible musikalisch eröffnet wurde, ergriff Brötel das Wort und begrüßte die rund 400 Teilnehmer. „Wir freuen uns sehr, dass Sie heute wieder einmal zu uns gekommen sind“, sagte er in Richtung Winfried Kretschmann. Nicht ohne jedoch mit einem Augenzwinkern auch auf den eher närrischen Termin zu verweisen: „Am Freitag nach dem Schmutzigen Donnerstag liegen die Prioritäten bei uns sonst eigentlich eher auf anderen Dingen.“ Dennoch versicherte er: „Selbst, wenn Sie am Rosenmontag gekommen wären –wir wären da gewesen. Die Fastnacht ist wichtig, aber sie ist nicht alles“, so Brötel. „Da Dank aber die schärfste Form der Bitte ist“, hatte der Landrat auch drei Impulse für Kretschmann parat, die er ihm mit auf den Weg geben wollte.

Das ist dem Landrat wichtig

Brötels erster Impuls galt der Energiewende. Er stellte klar, dass der Kreis seine Stärke gezielt für den Ausbau der Erneuerbaren Energien aufbringe. Dennoch mahnte er an, dass sich der gesetzlich geforderte Flächennachweis von zwei Prozent der Regionsflächen für Windkraft „wohl sehr ungleich verteilen“ werde. Während Städte wie Mannheim und Heidelberg deutlich weniger als zwei Prozent erbrächten, blieben „wesentlich mehr als zwei Prozent“ am Ländlichen Raum hängen, so die Schlussfolgerung Brötels, wofür er Applaus bekam. Damit die Stimmung nicht „kippt“, wünsche er sich ein „Anreizprogramm des Landes zur Flächenbereitstellung, vor allem aber zur Flächenmobilisierung“ auf dem Land. So schlug er vor, denen, die deutlich mehr Fläche bereitstellen, auch „mehr planerische Freiräume bei Bauen und Gewerbe einzuräumen“. Alternativ könnten „Klimaschutz-Punkte“ entwickelt werden, die für die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen vergeben werden. Bei einer gewissen Zahl an Punkten erhalte man dann Fördervorrang für wichtige Projekte.

Brötels zweiter Impuls war eng mit dem ersten verknüpft und setzte sich mit der Frage auseinander, wie Gebäude künftig nachhaltig gestaltet werden können. Wer eine nachhaltige Zukunft bauen wolle, „braucht deutlich mehr innovative Bauingenieure“, ist er sich sicher und führt diese mögliche Lösung ins Feld: das Baukompetenzzentrum an der DHBW in Mosbach. Er wünsche sich „konkrete Unterstützung“ für die Umsetzung“ und „starken politischen Rückenwind“ vonseiten Kretschmanns für das Projekt.

Zuletzt thematisierte der Landrat die anstehende Krankenhausreform. Für die Neckar-Odenwald-Kliniken und das kommunale Belegkrankenhaus in Hardheim gebe es keine nahe gelegene Alternative. „Wenn es uns nicht mehr gäbe, blieben die Menschen deshalb schlicht unversorgt“, mahnte er an. „Wenn die Reform tatsächlich eins zu eins umgesetzt würde, hätte das katastrophale Folgen für die Gesundheitsversorgung im Ländlichen Raum“, warnte Brötel und erhielt dafür viel Applaus. Die Folgen wären für die Kliniken des Kreises enorm: Wichtige Felder wie die Geburtshilfe dürften „künftig nur noch an Level 2-Häusern erbracht werden, also überhaupt nirgends mehr im Neckar-Odenwald-Kreis“, erläuterte er. „Das hat mit der Sicherstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse aber nichts mehr zu tun.“ In Folge der Reform könnten die Chefärzte der Kliniken auch ihre Weiterbildungsermächtigung verlieren, wodurch im schlimmsten Fall keine jungen Ärzte mehr aufs Land kommen und sich niederlassen würden. Daher bat er darum, dieses Thema zur „Chefsache“ zu machen und sich für den „Erhalt der notwendigen Strukturen vor Ort“ einzusetzen.

Landrat Dr. Achim Brötel freute sich beim Bürgerempfang in Zimmern über den Besuch des Politikers. © Nicola Beier

Als Erinnerungsstütze an den Abend und diese Anregungen überreichte Landrat Brötel dem Ministerpräsidenten eine kleine Blecker-Figur, ehe Kretschmann selbst das Wort ergriff.

„Es ist einfach schön hier zu sein – in Badisch Sibirien“, dabei spielte er auf die Altheimer Höhe an, die er zuvor besucht hatte (wir berichteten). Da habe es aber so „gepfiffen, dass an dem Ausdruck wohl doch was dran ist“, meinte der Grünen-Politiker und sorgte damit für einige Lacher im Publikum. „Aber wenn der Klimawandel jetzt kommt, wird es wohl eher die Badische Toskana“, philosophierte er und stieg damit in das dominierende Thema das Tages ein. „Was die Energiewende betrifft, ist der Neckar-Odenwald-Kreis ein Mutmachkreis“, hob er hervor und lobte die Entschlossenheit, mit der man den Ausbau von Wind- und Solarenergie vorantreibe. Der Windpark in Altheim, dessen Genehmigung in Rekordzeit von „unter sechs Monaten“ gelang (wir berichteten), sei jetzt die „Benchmark“, an der sich andere messen lassen müssten. Mit Verweis auf die Demonstranten machte er klar, dass der Ausbau beschlossene Sache sei.

Humorvoller Ministerpräsident

„Ich möchte gerne einmal wohin kommen, wo jemand etwas macht, ohne dass er gleich etwas dafür will“, sagte Kretschmann mit Blick auf die Anregungen des „tüchtigen“ Landrats und sorgte wiederum für Lacher. An sich sei die Durchschlag- und Umsetzbarkeit der Vorschläge nicht so einfach. Er versicherte aber, durchaus darauf zu achten, dass der Ländliche Raum „gut dasteht“.

„Mit der Krankenhausreform habe ich mich noch nicht beschäftigt“, sagte der Ministerpräsident und erklärte, dass nun zunächst das Gesundheitsministerium und dessen Minister am Zug seien. Der Maßstab sei: „Die Krankenhauslandschaft so zu organisieren, dass sie letztlich dem entspricht, was der Patient möchte.“ Das werde im „Ländle“ schon gemacht und auch vorangetrieben. Damit kümmere man sich quasi schon um die Umsetzung der Reform. Die Vorgaben, die mit der Reform kommen, müsse man sortieren. Das solle „im engen Schulterschluss“ mit den Trägern der Einrichtungen, also auch den Landkreisen, geschehen. „Eins zu eins wird mal gar nichts übernommen – schon gar nichts, was vom Bund kommt“, versicherte Kretschmann und bat um Vertrauen: „Wir werden nicht zulassen, dass der Ländliche Raum im Sinne der Patienten hinten runterfällt.“

Im zweiten Teil des Abends hatten die Bürger das Wort, um Fragen zu stellen. Die erste Frau am Mikrofon war Professorin Dr. Gabi Jeck-Schlottmann, die Rektorin der Dualen Hochschule Mosbach. Auch sie rückte den Fokus noch einmal auf das Baukompetenzzentrum und beschrieb es, genau wie der Landrat zuvor als zentralen Ort im Ländlichen Raum, wo die Studenten lernen, lehren, forschen und diskutieren könnten. Damit könne die Zukunft nachhaltig und klimafreundlich gestaltet werden. Sie bat Kretschmann um Unterstützung für dieses Leuchtturmprojekt. „Ich werde mir das Vorhaben noch einmal zu Gemüte führen“, versprach dieser und stimmte ihr zu, dass in Mosbach „ein wichtiges Feld“ bearbeitet werde. Schließlich entstünden laut Studien beim Wohnungsbau rund 35 Prozent CO2 – zu viel, ist sich Kretschmann bewusst.

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Albert Gramling, der Vorsitzende des Bauernverbands des Kreises, war der Nächste. Er wies auf den Flächenverbrauch von Photovoltaikanlagen hin und dass diese nicht auf den besten Böden der Landwirte errichtet werden. Alternativ sollen mehr PV-Anlagen auf Dächern installiert werden. Lobend führte er die Vorschläge Brötels ins Feld, den Ländlichen Raum für dessen Bereitstellung von Flächen zu entlohnen. Kretschmann äußerte Verständnis für die Forderung und versicherte, diese Anregungen in zukünftige Überlegungen miteinzubauen. Er sprach die Überlegung an, PV-Anlagen dort zu errichten, wo sowieso schon Belastung da sei, beispielsweise an Straßenrändern.

Problem an den Grundschulen

„Warum bekommen wir die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 nicht hin?“, fragte Jürgen Mellinger. „Dieses Fass kann ich heute nicht aufmachen“, entgegnete Kretschmann. Er sehe das Problem weniger an den Gymnasien, sonder an den Grundschulen: „Rund 40 Prozent unserer Grundschüler können am Ende nicht so lesen, rechnen und schreiben, wie sie sollten. Darauf müssen wir uns konzentrieren“, sagte er überzeugt. Außerdem sei der Lehrermangel ein großes Problem, denn wenn an allen allgemeinbildenden Gymnasien wieder G9 eingeführt würde, ziehe das einen Rattenschwanz hinter sich her.

Zum Ende des öffentlichen Teiles trug sich Kretschmann in das Goldene Buch der Gemeinde Seckach sowie in das Buch zum 50-jährigen Bestehen des Neckar-Odenwald-Kreises ein. Anschließend suchte er die Nähe zu den Bürgern, ging von Tisch zu Tisch, schüttelte Hände und machte das ein oder andere Foto.

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