Merchingen. „Für die Umsetzung des Gesamtprojekts braucht es etwas Mut“, wusste selbst Bürgermeister Ralf Killian in der Ravensteiner Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend in Oberwittstadt. Es ging um die Machbarkeitsstudie zur Grundschule Ravenstein, die bereits jetzt zu klein für die Unterbringung der Schüler ist: Momentan werden zwei Klassen in der Bibliothek und der Aula unterrichtet.
Wenn die Kinderzahlen weiter steigen und ab dem Schuljahr 2026/27 der Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung der Kinder greift, wird das Gebäude schlicht nicht mehr ausreichen, weil weitere Räumlichkeiten, wie beispielsweise eine Mensa, gebraucht werden.
Vier Lösungsvorschläge zum Platzmangel der Grundschule Ravenstein
Deshalb wurde das Büro Hofmann aus Eberstadt am 4. April 2023 mit einer Machbarkeitsstudie für die künftige Ausrichtung der Grundschule beauftragt. Nun war Nico Hofmann in Oberwittstadt vor Ort und präsentierte dem Gremium und rund 30 interessierten Bürgern vier Varianten für die Zukunft einer zweizügigen Grundschule Ravenstein:
- Erste Variante: Diese sieht die Erweiterung der Schule auf dem Nachbargrundstück vor. Dazwischen liegt der Kastanienweg. Dabei treten laut Hofmann jedoch gleich mehrere Probleme auf. Die engen Dorfbebauung, „bringt viele Probleme mit sich, was den Brandschutz angeht. Wenn wir diesen und weitere Abstandsregelungen einhalten wollen und ohne Sondergenehmigungen auskommen möchten, ist diese Variante nicht machbar“, so die Hiobsbotschaft. Die Kosten liegen bei geschätzten 10,5 Millionen Euro.
- Zweite Variante: Dabei geht es um die Erweiterung des Schlossgebäudes, das zu einer Schule umgebaut wird. Das würde von der Gesamtfläche ausreichen. Außerdem wäre eine neue Nutzung des bisher ungenutzten Gebäudes „toll“, so Hofmann. Allerdings müsste das Gebäude kernsaniert und die zahlreichen kleinen Zimmer im Bestand zu größeren umgebaut werden. Letztlich befinde man sich trotzdem in einem Altbau, „der mit heutigen Standards nicht mithalten könne.“ Zudem zeige der Denkmalschutz „extreme Grenzen“ auf und auch die Kosten seien deswegen mit mehreren Fragezeichen versehen. Die wurden auf 13,75 Millionen Euro geschätzt.
- Dritte Variante: Hier kommt das erste Mal ein kompletter Neubau ins Spiel. Dieser soll auf dem Gelände des bisherigen Kindergartens in Merchingen errichtet werden. Dafür müsste dieser jedoch zunächst abgerissen (kalkulierte Kosten von 300 000 Euro) und eine Übergangslösung für Mieter und Kita gefunden werden. Eine Containerlösung für Kindergartenräume koste etwa 400 000 Euro, vermutete Hofmann. Dafür entstehe dort eine neue behindertengerechte Einrichtung, in der die Schule und der Kindergarten untergebracht wären. Verbunden wären die beiden Gebäudeabschnitte durch einen Multifunktionsraum mit Mensa, Verwaltungsgebäude und Küche. Dieser könnte auch von Vereinen und Ortschaftsgremien oder für Kulturangebote genutzt werden. „Auf dem Grundstück ist auch genug Platz für einen Hof, Ü3- und U3-Spielflächen, einen Bolzplatz sowie ein grünes Klassenzimmer für die Schul- und Kindergartenkinder“, sagte Hofmann. Für Parkplätze sei kein Platz mehr. Diese müssten auf einem Nachbargebäude realisiert werden. Die Kosten dafür liegen bei geschätzten 14,7 Millionen Euro.
- Vierte Variante: Diese Möglichkeit sieht einen Neubau vor, der dem in der dritten Variante sehr ähnelt. Allerdings ist der Standort ein anderer. Dieser liegt nämlich auf dem aktuellen Sportplatz des TSV Merchingen. Als „Bildungs- und Kulturcampus auf dem Sportplatzgelände“ bezeichnete Hofmann diese Variante und nannte gleich einige Vorteile. So würde man sich die Abrisskosten aus Variante drei sparen, hätte Raum für Parkplätze, und auch dort könnten Vereinen und der Ortschaftsverwaltung sowie für kulturelle Angebote die Räume nutzen. Zusätzlich hätte man Platz für einen Kunstrasenplatz (90 auf 60 Meter) sowie einen Tennisplatz. Außerdem könnten bereits bestehende Gebäude, wie die Sporthalle, von Kindergarten und Schule mitgenutzt werden. Eine kostenintensive Übergangslösung wäre nicht notwendig. Mit dem energetisch modernen und behindertengerechten Neubau stelle man zudem eine Wettbewerbsfähigkeit zu Schulen der Umgebung her. „Das ist die mit Abstand beste Lösung“, zeigte sich Hofmann überzeugt. Die kalkulierten Kosten lägen bei etwa 14 Millionen Euro.
Nach der Präsentation hob auch Bürgermeister Killian weitere Chancen der vierten Variante hervor, die die Optimallösung der Verwaltung wäre. So könnten die vorhandenen Gebäude der Schule und des Kindergartens anderen Nutzungen zugeführt werden. Die Schule stünde beispielsweise Vereinen oder für Veranstaltungen zur Verfügung. Die verkehrstechnische Anbindung des Neubaus sei sehr gut und es entstünden Synergieeffekte mit umliegenden Gebäuden, wie der Sporthalle (die FN werden in der kommenden Woche genauer berichten).
Nicht nur Zustimmung vonseiten der Stadträte
Anschließend erhielten die Räte das Wort. Stadtrat Karlheinz Schaller äußerte Bedenken: „Wie sollen wir das bezahlen? Wo soll das Geld herkommen? “, hinterfragte er das Vorhaben. Aus seiner Sicht sei dafür in ein paar Jahren kein Bedarf mehr, denn die Geburtenzahlen seien bereits jetzt rückläufig.
Deshalb sprach er sich für eine Übergangslösung aus, die so lange genutzt würde, bis die bestehenden Kita-Gebäude und die Schule wieder ausreichten. Er verwies auch auf andere Verpflichtungen, wie den Neubau des Feuerwehrgerätehauses und des Bauhofs. „Dieses Projekt bricht uns das Genick und macht uns finanziell nicht mehr handlungsfähig“, sagte Schaller. Anne-Katrin Kämmer sprach sich hingegen für die letzte Variante aus. Sie sehe viele zukunftsweisende Chancen und Lösungen für aktuelle Probleme. Wie die Geburten sich in den nächsten Jahren verändern werden, sei für sie „Glaskugellesen“. Zudem freue sie sich über die neuen Räume, die für andere Veranstaltungen genutzt werden könnten. Dem stimmten auch weitere Stadträte zu.
Gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen
Bürgermeister Killian widersprach Schaller in Teilen. Auch ihm sei klar, dass es ohne Fördermittel nicht realisierbar sei, jedoch habe man durch das Ganztagsförderungsgesetz Verpflichtungen, denen man nachkommen müsse: „Wir machen das ja nicht aus Jux und Tollerei. Im Bestand geht es nicht, eine Übergangslösung haben wir nicht. Was sollen wir tun?“
Letztlich stimmten die Räte bei einer Enthaltung dafür, dass die Verwaltung ein Büro mit der Vorbereitung der EU-weiten Ausschreibung der Planungsleistungen beauftragen soll. „Es geht zunächst darum, was eine solche Ausschreibung kostet“, erläuterte Killian. Bevor diese vergeben wird, muss erneut der Gemeinderat zustimmen.
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