Niederstettener Bürgergremium

Niederstetten: Rat beschneidet Nabers finanzielle Möglichkeiten

Der finanzielle Verfügungsrahmen von Bürgermeisterin Heike Naber wird beschnitten – das hat der Gemeinderat über Änderungen in der Hauptsatzung beschlossen. Ohne den Rat kann Naber also nur kleinere Beträge „ausgeben“.

Von 
Michael Weber-Schwarz
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Der Gemeinderat hat bei seiner jüngsten Sitzung den finanziellen Verfügungsspielraum der Niederstettener Bürgermeisterin beschnitten. © Michael Weber-Schwarz

Niederstetten. Klar, hier geht es nicht um private Gelder, sondern um die Finanzen der Stadt Niederstetten. Nach Misstrauenserklärungen und Rücktrittsforderungen hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am Mittwochabend im „Kult“ beschlossen, den Verfügungsrahmen der Bürgermeisterin – es geht um Gelder und Ausgaben für die kein Ratsbeschluss nötig ist – deutlich zu stutzen.

Hintergrund ist die vom Rat vielfach gerügte Finanzpraxis der gelernten Kämmerin. Nach Heike Nabers Rückkehr ins Amt will das Bürgergremium die finanziellen Vorgänge im Rathaus durch die Beschneidungen genauer und regelmäßig im Blick behalten.

Der kommunale Gesetzestext ist „männlich“ formuliert: Bürgermeistern werden über die sogenannte Hauptsatzung zahlreiche Aufgaben zur Erledigung dauerhaft übertragen, soweit sie ihm nicht ohnehin zukommen. Dazu gehört etwa die Bewirtschaftung der finanziellen Mittel nach dem Haushaltsplan einschließlich der Vergabe von Aufträgen im Einzelfall.

Die „Überquerungshilfe“ am Kult war Gegenstand von Kritik und Nachfragen in der Bürgerfragestunde des Gemeinderats. © Michael Weber-Schwarz

Bisher konnte Naber für solche Einzelfälle 5000 Euro ohne Ratsbeschluss vergeben. Jetzt hat der Gemeinderat den Betrag auf 2000 Euro heruntergeschraubt. Auch in anderen Bereichen (wie etwa bei Verträgen über die Nutzung von Grundstücken) hat der Rat die Möglichkeiten der Bürgermeisterin halbiert. Die enthielt sich bei der (einstimmigen) Abstimmung ihrer Stimme. „Wertgrenzen festzulegen ist ihr Recht“, so Naber an den Rat gerichtet.

Mehr Punkte auf Tagesordnung

In seiner Geschäftsordnung regelt der Gemeinderat u. a. auch die Sitzungsdauer. Neu jetzt: Es wird bestimmt, dass die Gemeinderatssitzungen spätestens um 22.30 Uhr enden sollen. Gegen 21.30 Uhr muss mit Blick auf die Tagesordnung eine Abschätzung der Zeitreserve und gegebenenfalls eine Priorisierung der Tagesordnung vorgenommen werden. Die nicht behandelten Tagesordnungspunkte sollen am Folgetag in einer Anschlusssitzung ab 19.30 Uhr behandelt werden. Vor allem die letzte Regelung kristiert der Rat. Mit einem solchen „Automatismus“ sei man nicht einverstanden.

Bürgermeisterin Heike Naber stellte fest: Durch die eingangs genannten Neuregelungen kämen deutlich mehr Punkte auf die Tagesordnung. Die Sitzungen würden länger. Es sei die Aufgabe der Verwaltung, die Tagesordnung so aufzusetzen („Dringliches nach vorne nehmen“), dass der Zeitrahmen eingehalten werden könne – Stadtrat Roland Landwehr verwies auf die bisherigen äußerst zügigen Sitzungen unter Amtsverweser Simon Michler. Der Rat werde sich die Vorlagen intensiv ansehen, um die Beratungen zu beschleunigen.

Gestrichen wird der Geschäftsordnungs-Passus: „Der Bürgermeister kann unbeschadet des weiterhin bestehenden Rechts des Gemeinderats sachkundige Einwohner und Sachverständige zu den Beratungen einzelner Angelegenheiten zuziehen.“ Solche Bestellungen obliegen künftig dem Gemeinderat.

Neben den vorgenannten kommunalen Regelwerken gibt es auch noch eine sogenannte Zuständigkeitsordnung. Sie gilt als mehr internes Papier für die gesamte Verwaltung, einschließlich der Verwaltung der Einrichtungen der Gemeinde.

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Ähnlich wie in der Hauptsatzung sind mögliche Vergabe-Posten – hier samt genauen Zuständigkeiten – aufgelistet. Beispiel aus dem Bereich der „Bewilligung von über- und außerplanmäßigen Ausgaben, von Haushaltsvorgriffen und Verwendung von Deckungsreserven“: Geht es um Beträge von mehr als 15 000 Euro muss das Thema vor den Gemeinderat und von mehr als 500 Euro bis 15 000 Euro vor einen Ausschuss. Nur bis 500 Euro kann der „Bürgermeister“ (also in Niederstetten die Bürgermeisterin), bis 200 Euro der „Kämmerer“ (der ist in Niederstetten eine Kämmerin) und bis 200 Euro ein Amtsleiter/Sachgebietsleiter entscheiden. Vor dem Hintergrund der Hauptsatzungsänderungen wird auch dieses Papier entsprechend neu gefasst.

Wie die FN-Redaktion bereits berichtet hat, will der Gemeinderat eine quartalsweise Akteneinsicht in der Stadtverwaltung durch Gemeinderatsmitglieder nehmen. Bei der Akteneinsicht sollen alle unterzeichneten Verträge des zurückliegenden Quartals inklusive der zugehörigen Gemeinderatsbeschlüsse vorgelegt werden. Ebenfalls vorzulegen seien alle Protokolle der Gemeinderatssitzung im vergangenen Quartal.

Außerdem will der Rat ein quartalweises Treffen mit dem Personalrat der Stadt ohne Anwesenheit von Bürgermeisterin Heike Naber, um sich ein fortlaufendes Bild von der Personalsituation in der Stadtverwaltung verschaffen zu können.

Rechtswidrig oder korrekt?

Die Verwaltung bewertet den ersten Antrag als rechtlich nicht durchsetzbar. Zwar könne der Gemeinderat einen Ausschuss zur Einsicht gründen, „jedoch muss der Ausschuss einen hinreichenden konkretisierten Auftrag erhalten, der sich auf eine bestimmte Angelegenheit, d. h. einen konkreten Einzelfall bzw. Sachverhalt, beschränken müsse. Er könne nicht generell oder auf unbestimmte Dauer mit der Akteneinsicht betraut werden. Faktisch, so die Bürgermeisterin, liege eine Rechtswidrigkeit des Beschlussvorschlags (Akteneinsicht) vor. Der Tagesordnungspunkt solle konkretisiert und auf die nächste Gemeinderatssitzung vertagt werden, hießt es zunächst von der Bürgermeisterin.

Der Rat wiederum hält den Antrag für hinreichend präzise und stimmte ihm (bei der Gegenstimme Nabers) zu. Stadtrat Ulrich Roth sagte, der Rat mache hier sein „umfassendes Informationsrecht“ geltend. „Wir wollen uns überzeugen, dass es solche Zustände wie in der Vergangenheit nicht mehr gibt.“

Zum zweiten Antrag/Beschlussvorschlag (Treffen mit dem Personalrat) argumentiert die Verwaltung so: „Gemäß des Landespersonalvertretungsgesetz arbeiten die Dienststelle und die Personalvertretung zusammen. Die Dienststelle ist (...) der Dienststellenleiter bzw. die Person, die für die Führung der laufenden Geschäfte zuständig ist. Im Fall der Stadt Niederstetten ist dies die Bürgermeisterin.“ Der Beschlussvorschlag widerspreche daher der gültigen Rechtsprechung und sei deshalb „hinfällig“.

Auch hier überstimmte der Gemeinderat die Bürgermeisterin. Die wiederum merkte an, dass man ihr als Chefin der Verwaltung bei solchen Gesprächen „die Teilnahme nicht verweigern“ könne. Sie werde den Personalrat außerdem auf dessen Verschwiegenheitspflicht hinweisen.

Dass die Verwaltung für ihre Rechtsauffassung argumentativ nur juristische Kommentare heranziehe, sei untauglich, merkte Stadtrat Dr. Adalbert Ruhnke an. Es sei ein Leichtes, auch entsprechende „Gegenkommentare“ anzuführen.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Bad Mergentheim

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