Niederstetten/Ellwangen. Irgendwann ist alles gesagt. Sollte man meinen. Im Falle eines angeklagten Niederstetteners ist das allerdings auch nach bereits mehreren Prozessen nicht der Fall. Doch von vorn: Angeklagt ist ein 32-Jähriger, vorgeworfen werden ihm Diebstahl, die „Entziehung elektrischer Energie“ (vereinfacht gesagt: Stromdiebstahl) und Betrug.
Neu sind diese Vorwürfe nicht, ganz im Gegenteil. Die älteste der vorgeworfenen Diebstahlstaten datiert auf das Jahr 2019, liegt also mittlerweile sechs Jahre zurück. Und auch vor Gericht wurden die Vorwürfe bereits ausführlich besprochen: Amtsgericht Bad Mergentheim, Landgericht Ellwangen, Oberlandesgericht Stuttgart und wieder das Landgericht in Ellwangen – so lauten die Stationen dieses scheinbar nicht enden wollenden Justizmarathons. Und das sind nur die Verfahren gegen den 32-Jährigen selbst. Gegen einen Mann und eine Frau wurden weitere Prozesse wegen Diebstahls (als Mittäter bei der Einbruchsserie) sowie Hehlerei (wegen des Versuchs, Teile der Diebesbeute zu verkaufen) geführt.
Herr des nun anstehenden Verfahrens ist Heiko Baumeister, Vorsitzender der 3. Strafkammer am Landgericht Ellwangen. Während die Vorwürfe gegen den 32-Jährigen anfangs separat verhandelt wurden, sind sie mittlerweile zu einem Komplex zusammengefasst. Das bedeutet: Ein „ambitioniertes Zeugenprogramm“, wie es Baumeister formuliert. Mehrere Verhandlungstage und alleine zum Auftakt 17 Zeugen – es zeichnet sich ein aufwendiger Prozess ab.
Die 3. Kammer ist erneut Tatsacheninstanz, beginnt also ‚bei Null‘. Zumindest weitgehend, denn das Oberlandesgericht gab dem Landgericht hinsichtlich der Betrugstaten klare Hinweise mit auf den Weg. Entsprechende Mängel führten zur Aufhebung des vorherigen Ellwanger Urteils. Doch Baumeister trennte die Vorwürfe gewissermaßen auf und begann mit den Diebstahlstaten. Die Betrugsvorwürfe sollen noch verhandelt werden.
Nun also der Beginn mit den Diebstahlstaten. Eine mühsame Beweisaufnahme mit Betroffenen jeder einzelnen der insgesamt acht Taten folgte. Mehr als 100 Gegenstände, darunter viel Werkzeug, wurden im Rahmen einer Razzia sichergestellt, die an mehreren Orten in Niederstetten, Creglingen und sogar im bayrischen Ochsenfurt entwendet wurden. In den Befragungen wurde zwar geklärt, dass Diebstähle stattfanden und Gegenstände entwendet wurden, doch der entscheidende Aspekt kam lange nicht zur Sprache.
Angeklagter bestreitet Tatbeteiligung – ist die Ex-Partnerin verantwortlich?
Denn der Angeklagte bestritt seine Beteiligung an den Taten weiterhin. Zudem wurde ein anderer Mann bereits rechtskräftig wegen der Diebstähle verurteilt. Er hatte sie eingestanden und angegeben, alleine gehandelt zu haben. Und noch eine Zeugin lieferte nun vor Gericht Entlastendes für den Angeklagten aus Niederstetten. Sie gab an, einen Chatverlauf mit einer Ex-Partnerin des Angeklagten zu besitzen, in dem diese ihre Tatbeteiligung einräumte. „Ich steige jetzt [mit dem Verurteilten] in eine Halle ein“, soll sie der Zeugin geschrieben haben.
Das wäre „eine überraschende neue Erkenntnis“, wie es Baumeister formulierte. Eine, von der bislang auch im Prozess gegen den verurteilten Dieb nie die Rede war. Die Ex-Partnerin belastete ursprünglich den Angeklagten schwer, brachte die Ermittlungen zu den Diebstählen durch ihre Aussage bei der Polizei erst ins Rollen. Wird nun also aus der Informantin eine (Mit-)Täterin?
Jener Chatverlauf lag nun allerdings nicht vor. Die Zeugin habe das Handy zuhause in Bad Mergentheim liegen lassen, gab sie an. Richter Heiko Baumeister machte daraufhin Nägel mit Köpfen: Er ließ anordnen, dass eine Polizeistreife zum Haus der Zeugin in der Kurstadt fuhr und sie dort im Empfang nahm. Gemeinsam sollte jener Chatverlauf dann für das Gericht gesichert werden.
Tatsächlich konnte das Beweismittel auf diese recht ungewöhnliche Weise gesichert werden. „Den mache ich fertig“, soll die Ex-Partnerin des Angeklagten zudem laut Zeugin über den Niederstettener geäußert haben. Gehört wurde die Frau vor Gericht allerdings noch nicht. Ganz im Gegensatz zu dem schon verurteilten Dieb: Dieser äußerte in Ellwangen nun, besagte Ex-Partnerin des Angeklagten habe ihn zu einer der Taten gefahren und Diebesgut ins Auto verladen. In Bad Mergentheim äußerte er diesen Vorwurf noch nicht.
Inwiefern das Gericht von einer Tatbeteiligung des Mannes bei den Diebstahlstaten ausgeht, blieb bislang offen. Baumeister erwähnte jedoch mehrfach die polizeilichen Funde von Diebesgut im direkten Wohnbereich des Mannes auf dem insgesamt größeren Familienanwesen. Auch die insgesamt neun Vorstrafen, darunter eine wegen 56-fachen Diebstahls (!), verlas er.
Wann es zu einem Urteil kommt, ist derzeit noch offen. Es sind weitere Verhandlungstage angesetzt.
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