Prozess am Amtsgericht

Bad Mergentheim: Bitcoin-Betrüger muss in Haft

Mit der Kryptowährung Bitcoin reich werden – diesen Traum verfolgen derzeit viele. Ein 30-Jähriger wählte dabei illegale Methoden und wurde nun verurteilt. Trotz teilweisen Freispruchs fiel das Urteil überraschend aus.

Von 
Simon Retzbach
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Um Einnahmen mit der Kryptowährung Bitcoin zu erzielen, schaffte ein 30-Jähriger aus Niederstetten mehrere Geräte mit Geld seiner Partnerinnen an – ohne es zurückzuzahlen. Hierfür wurde er nun vom Amtsgericht Bad Mergentheim verurteilt. © dpa

Bad Mergentheim. Wegen dreifachen Betrugs und einem Fall von Beleidigung stand der Mann aus Niederstetten vor Gericht. Er soll seine (nun ehemaligen) Partnerinnen um große Geldbeträge in Form von Krediten gebeten haben, dieses Geld dann jedoch nicht wie versprochen zurückgezahlt haben. Zudem habe er die Mutter einer Geschädigten noch wüst beleidigt, so die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft.

Angeklagter will sich vor Gericht nicht äußern

Nachdem sich der Angeklagte vor Gericht nicht äußern wollte, tat dies Strafverteidiger Michael Reichelt. Es läge keine Betrugsabsicht vor, da es sich nicht um Darlehen, sondern Investments in die Kryptowährung Bitcoin gehandelt habe, die dann entgegen der Planung eben keine Gewinne abgeworfen hätten.

Lebensgefährtin um Ersparnisse gebracht

Die erste Frau wurde laut ihrer Aussage im Sommer 2021 vom Angeklagten erst um ihr Erspartes in Höhe von 10 000 Euro gebracht, ehe sie dann sogar einen Kredit in Höhe von 14 000 Euro auf Drängen des Angeklagten aufnahm. „Er hat mein Vertrauen gewonnen und wirkte glaubwürdig. Nach ein paar Wochen Beziehung fing es dann mit dem Geld an. Ich habe gesagt, dass es mir zu schnell geht. Da ist er aggressiv geworden und hat mich unter Druck gesetzt“, schildert die heute 32-Jährige. Aus der versprochenen Rückzahlung „wenn es läuft“ wurde nichts.

Verteidiger Michael Reichelt war fest entschlossen, die Glaubwürdigkeit der Zeugin in Zweifel zu ziehen. So wies er die sichtlich nervöse Frau mehrfach auf Unstimmigkeiten zwischen ihrer Aussage vor Gericht und der polizeilichen Vernehmung hin. „Relativ verwirrend“ fand auch Richterin Susanne Friedl die Situation nach der intensiven Befragung durch Verteidiger Reichelt.

Verteidiger beschuldigt Zeugin

Er drehte den Spieß gewissermaßen um und beschuldigte die Zeugin: Ein zuvor geschlossener Vergleich zwischen der Zeugin und seinem Mandanten weise eine zu hohe Forderung ihrerseits auf, sie habe zudem Mietzahlungen eines von ihm vermieteten Objekts auf ihr Konto erhalten. „Es geht hier um die Gesamtglaubwürdigkeit“, machte er deutlich. „Ich sehe da auch Unstimmigkeiten“, so das Fazit Friedls.

Gegen den Verurteilten wird bereits wegen anderer Straftaten ermittelt, auch eine größere Razzia fand in seinem Wohnhaus in Ebertsbronn statt. © Michael Weber-Schwarz

Bei der zweiten Ex-Lebensgefährtin des Angeklagten ein ähnliches Bild: Sie schilderte zögerlich die Vorkommnisse aus ihrer Sicht, Verteidiger Reichelt zweifelte diese an. Hier ging es um einen Kredit von insgesamt 10 000 Euro, wovon dann Geräte zum sogenannten Bitcoin-Mining (einer computergestützten Methode zur Erzeugung der Währung) gekauft wurden. „Er hat mir eine Rückzahlung versprochen, aber das ist nie passiert. Ich war blind vor Liebe und hocke jetzt selbst auf den Schulden“, erklärte sie. Mit Zinsen seien laut einer Insolvenzberaterin insgesamt gut 20 000 Euro Schaden entstanden. Als sie bei Beziehungsende aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen sei, habe er zudem ihre Mutter bedroht, als diese die Herausgabe der angeschafften Bitcoin-Geräte forderte.

Michael Reichelt war von dieser Schilderung nicht überzeugt. Mit zahlreichen Fragen gelang es ihm, der Frau zu entlocken, dass sie bei dem Kauf von gemeinsamem Eigentum ausging. Die Bitcoin-Erträge seien zudem auf ihrem Konto gelandet, sie war also nach Darstellung des Verteidigers mitnichten das ahnungslose Opfer einer Betrugsmasche, sondern letztlich mitbeteiligt. Die Beleidigung gegenüber der Mutter sei in einem Telefongespräch gefallen, welches ohne das Wissen seines Mandanten aufgezeichnet wurde und daher vor Gericht nicht zulässig sei.

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Freispruch für Angeklagten gefordert

Er plädierte auf einen Freispruch für seinen Mandanten. Insbesondere die zweite Ex-Partnerin habe das Gericht „an der Nase herumführen und seinem Mandanten eines reinwürgen“ wollen, man habe gemeinsam gewirtschaftet. Auch die erste Geschädigte sei nicht im juristischen Sinne betrogen worden. „Ich verstehe, dass sie sich betrogen fühlt, aber es liegt hier kein Betrug im rechtlichen Sinne vor. Es wurden keine genauen Rückzahlungsmodalitäten vereinbart und man kann ihm keine Täuschungsabsicht unterstellen“, ist der Verteidiger überzeugt. Die von der ersten Zeugin geschilderten Zweifel würden belegen, dass sie nicht getäuscht wurde. Dass sie einen Kredit in fünfstelliger Höhe aufnahm, ohne von den zuvor verliehenen 10 000 Euro auch nur einen Cent wiederbekommen zu haben, ist für ihn ebenfalls ein Indiz, dass kein Betrug vorliegen könne.

Die Staatsanwaltschaft hatte für die beiden Betrugsvorgänge gegenüber der ersten Zeugin eine Freiheitsstrafe von elf Monaten gefordert. Von den Vorwürfen im Zusammenhang mit der zweiten Ex-Freundin sei er freizusprechen.

Urteil liegt über Forderung der Staatsanwaltschaft

Richterin Susanne Friedl lag mit ihrem Urteil noch über der Forderung der Staatsanwaltschaft, ein eher seltener Vorgang. Ein Jahr und zwei Monate soll der 30-Jährige für zweifachen Betrug in Haft. Beim ersten Opfer liege aufgrund der wiederholt versprochenen Rückzahlung eine Täuschung und damit Betrug vor.

Eines stößt ihr sauer auf: „Noch während Sie wegen anderer Taten auf Bewährung sind, begehen Sie erneut Straftaten. Bei der Zeugin sind so erhebliche Schäden entstanden.“ Aufgrund zahlreicher Vorstrafen sieht sie keine Gründe für eine erneute Aussetzung der Strafe zur Bewährung, zumal der Niederstettener bislang nur „vordergründig kooperativ“ gewesen sei. „Sie müssen jetzt endlich mal anfangen, zu arbeiten und ihr Geld zu verdienen“, fand sie deutliche Worte für den Angeklagten. Hier hatte sie auch die Tochter des Angeklagten im Blick, für die er derzeit keinen Unterhalt zahlt. Inwiefern hier ein möglicher Unterhaltsbetrug vorliegt, müsse ebenso separat geprüft werden wie die zahlreichen weiteren Vorwürfe gegen den Verurteilten, die bereits zu einer großen Hausdurchsuchung in seinem Wohnort Ebertsbronn geführt hatten.

Redaktion

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