Im Niederstettener Gemeinderat wurde aktuell heftige Kritik an Landrat und Landratsamt laut. Tenor: Mangelnde Unterstützung nach der Suspendierung von Heike Naber. Die FN-Redaktion hat das Amt um eine Stellungnahme gebeten.
Niederstetten. Im Grunde erwarten die Niederstettener Gemeinderäte eine aktiv-unterstützende Haltung durch das Landratsamt und die dortige Kommunalaufsicht. Verwaltungschefin Heike Naber ist nach der vorläufigen Enthebung seit vielen Monaten nicht mehr im Amt – Stadträte und Bürgermeisterstellvertreter sehen hier auch die Aufsichtsbehörden in der Pflicht, um das Rathaus ordentlich führen zu können. Und: Den Ehrenamtlichen geht langsam die Luft aus, weil sie selbst berufstätig sind. Sie wollen einen Verwaltungsprofi an der Rathausspitze sehen.
Hilfe aus Tauberbischofsheim – Fehlanzeige, so kann man das Empfinden der Niederstettener zusammenfassen. Mehr noch: In Sachen Ehrenamtshonorar und dessen Versteuerung fühlt man sich sogar komplett fehlinfomiert. Landrat Christoph Schauder persönlich habe die vollständige Rückzahlung der erhaltenen Entschädigungen gefordert – was auch erfolgt sei.
Die Antwort der Behörde
Wie sieht nun das Landratsamt den Sachverhalt? Pressesprecher Markus Moll nimmt nachfolgend für die Behörde Stellung:
„Die Ausführungen der Herren Roth und Lahr in der Gemeinderatssitzung sind nicht belastbar und halten bereits einem einfachen Faktencheck nicht Stand.“
Im Sommer 2021 habe das Landratsamt „dazu geraten, die Amtsverweser-Thematik sauber dadurch zu lösen, dass ein solcher bestellt wird. Die Bürgermeisterstellvertreter haben sich aber für einen anderen Weg entschieden, nämlich den Weg über eine externe Beratungsunterstützung“, heißt es schriftlich aus dem Landratsamt.
Nachdem das Verwaltungsgericht Stuttgart „dann aber entschieden hatte, dass die durch das Landratsamt verfügte, vorläufige Dienstenthebung der Bürgermeisterin nicht rechtmäßig gewesen sei, empfahl die Kreisverwaltung, von der Bestellung eines Amtsverwesers abzusehen und stattdessen die Zulassung der Berufung bzw. danach den Ausgang des Berufungsverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim abzuwarten.“
Ende Mai 2022 habe die Kreisverwaltung zuletzt ein mehrstündiges Beratungsgespräch mit den Bürgermeisterstellvertretern geführt und darin auch die Optionen zur Gestaltung der Vertretungsregelung aufgezeigt.
„Auch wenn die Kreisverwaltung nicht zur Bestellung des Amtsverwesers geraten hat, ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass die Kommune – nun, nachdem sie sich für diesen Weg entschieden hat – für die Suche nach einer geeigneten Person eine Anzeige im Staatsanzeiger gewählt hat und somit auf die bestmögliche Resonanz hoffen kann“, so Markus Moll.
Gleichwohl „sollte es mit vier ehrenamtlichen Bürgermeisterstellvertretern und der Verwaltung als Unterbau möglich sein, die Stadt zu führen bzw. zeigen vergleichbare Fälle, dass dies gelingen kann. In diesem Kontext hat das Landratsamt insbesondere auch dazu ausführlich beraten, wie die Kommunikation zwischen den vier Bürgermeister-Stellvertretern, aber auch zwischen Bürgermeister-Stellvertretern und Verwaltung optimiert und verbessert werden kann.“
„Strikt neutral verhalten“
Es sei jedenfalls „definitiv nicht Aufgabe des Landratsamtes, der Kommune geeignete Personen, beispielsweise aus den eigenen Reihen, für die Position eines Amtsverwesers zu benennen“. Dies sei „originäre Aufgabe der Kommune bzw. des Gemeinderates“. Vor dem Hintergrund des laufenden Verfahrens gegen die Bürgermeisterin „wäre es problematisch, wenn das Landratsamt eine konkrete Person benennen würde. Das Landratsamt ist bestrebt, sich hier – auch in der Wahrnehmung nach außen – strikt neutral zu verhalten.“
Zusammenfassend erhelle es sich der Behörde nicht, wie man auch nur ansatzweise zu der Aussage gelangen könne, vom Landratsamt „im Regen stehen gelassen“ zu werden: „Zum Wesen einer Beratung gehört, dass man Ratschläge auch annimmt.“
Regelungen nicht beachtet
Die bisherige Ausgestaltung bei der Aufwandsentschädigung (für die ehrenamtlichen Bürgermeisterstellvertreter, Anm. d. Red.) war „evident rechtswidrig, da insbesondere die Regelungen der Entschädigungssatzung der Stadt Niederstetten nicht beachtet wurden. Zudem wurden die Entscheidungen über die bisher geleisteten Zahlungen im unzuständigen Ausschuss statt im Gemeinderat und unter Verletzung von grundlegenden Befangenheitsvorschriften getroffen.“
Deshalb habe das Landratsamt die Bürgermeisterstellvertreter aufgefordert, schnellstmöglich rechtskonforme Zustände herzustellen. Dies „beinhaltet die Aufhebung der rechtswidrig gefassten Beschlüsse und die Rückzahlung der auf dieser Grundlage erhaltenen Geldbeträge an die Stadt Niederstetten.“ Es sei auch zu bedenken, dass hier mit dem Geld der Steuerzahler operiert werde, so „dass Transparenz das oberste Gebot der Stunde ist.“
Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Fragen seien „ausdrücklich nicht Gegenstand unserer kommunalrechtlichen Prüfung und Beratung. Die diesbezüglichen Ausführungen der beiden Bürgermeisterstellvertreter sind schlichtweg grotesk.“
Diese Fragen müssten von diesen selbst und von der Stadt Niederstetten mit der Finanzverwaltung bzw. den Sozialversicherungsträgern geklärt werden. „Hier werden unsinnigerweise nicht zusammengehörige Sachverhalte miteinander vermischt“, heißt es in der Stellungnahme abschließend.
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