Igersheim. Auch der Igersheimer Gemeinderat hatte sich in seiner donnerstäglichen Sitzung mit dem Erlass einer Hebesatzung mit Festlegung der neuen Grundsteuerhebesätze zum 1. Januar 2025 aufgrund der Reform zu befassen – die Mitglieder des Bürgerparlaments waren „not amused“ ob der Tatsache, dass hiervon manche Bürger profitierten, anderen das Geld geradezu aus der Tasche gezogen werde, weil sie deutlich mehr zahlen müssen. Thomas Landwehr nahm kein Blatt vor dem Mund und machte seinem Ärger Luft: „Jenem, dem wir das zu verdanken haben und der gegen die vorherige Variante geklagt hat, gehört der Ranzen verschlagen . . .“ Mit diesen Worten traf er den Nagel auf den Kopf, was die Stimmung der Gremiumsmitglieder angeht. Doch allen war auch klar, dass „uns hier die Hände gebunden sind“, wie es Bürgermeister Frank Menikheim formulierte – und man als Kommune nur das umsetze, was jene in Berlin Stuttgart ausbaldowert hätten.
Für verfassungswidrig erklärt
Zur Vorgeschichte: Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschluss vom 10. April 2018 die Bewertungsvorschriften für die Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Die Entscheidung hatte die Behörde damit begründet, dass das Festhalten des Gesetzgebers am Hauptfeststellungszeitpunkt 1964 zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen führe, wofür es keine ausreichende Rechtfertigung gebe.
Mit dem Beschluss wurde gleichzeitig bestimmt, dass der Gesetzgeber bis 31. Dezember 2019 eine gesetzliche Neuregelung zu treffen habe. Diese Verpflichtung wurde durch die Verkündigung des Grundsteuerreformpakets des Bundes im November/Dezember 2019 erfüllt. Damit durften und dürfen die bisherigen Bewertungsregeln noch für eine Übergangszeit bis 31. Dezember 2024 angewandt werden.
Bei der Grundsteuer B (bebaute und unbebaute Grundstücke, sofern nicht land- und forstwirtschaftlich zuzurechnen) wird im Land das modifizierte Bodenwertmodell angewendet. Hierbei wird die Grundstücksfläche mit dem Bodenrichtwert multipliziert. Das Resultat wird dann noch mit einer festgelegten Steuermesszahl vervielfacht, was unterm Strich den Messbetrag ergibt. Selbiger wird im Anschluss noch mit der von der Kommune festgelegten Hebesatz multipliziert.
Die Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) wird hingegen in Anlehnung an die Bundesregelung im Ertragswertverfahren erstellt, war zu erfahren.
Im zu Ende gehenden Jahr habe die Gemeinde Igersheim bisher insgesamt 1,043 Millionen Euro aus den Grundsteuern A und B verbucht, führte Rathaus-Chef Frank Menikheim aus, wovon etwa 972 000 Euro auf die Grundsteuer B entfallen seien. In der mittelfristigen Finanzplanung für 2025 bei der Grundsteuer B werde mit Einnahmen in Höhe von 970 000 Euro kalkuliert.
Bestreben der Kommune sei, Aufkommensneutralität zu erzielen. Deswegen gaben die Räte, wenn auch mit Zähneknirschen, grünes Licht dafür, den Hebesatz bei der Grundsteuer B von 400 v. H. auf 680 v. H. festzulegen, bei der Grundsteuer A steigt der Wert von 350 v. H. auf 600 v. H. Der Hebesatz bei der Gewerbesteuer verbleibt hingegen unverändert bei 360 v. H.
Es sei „kein Traumjob für uns Räte“, über solch eine Thematik entscheiden zu müssen, meinte Josef Gabel. Doch die Einnahmen aus der Grundsteuer seien „essenziell für die Handlungsfähigkeit einer Kommune“ – auch wegen zahlreicher neu hinzugekommener Aufgaben. Gabel monierte die Ungleichbehandlung der Bürger und begrüßte es, dass die die Gemeinde „nicht bereichert“. Man tue es „schweren Herzens“, aber es gebe keine andere Chance, als so zu reagieren.
Als „skandalös, ungerecht und verfassungswidrig“ bezeichnete Michael Pfleger die Vorgaben der „großen Politik“ aus Bund und Land. Aus seiner Sicht werde „der kleine Bürger geschröpft“. Und das sei nicht hinnehmbar. Seine große Hoffnung sei, dass diese Regelung vom Bundesverfassungsgericht wieder gekippt werde – vor dem Hintergrund, dass es ohnehin unzählige Einsprüche gebe.
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