Balsbach. Vor 100 Jahren fand de Fahnenweihe des Gesangvereins „Liederkranz“ Balsbach statt. Ein Rückblick aus dem Protokollbuch und der Zeitung von 1923.
Am Dienstag, 12. Juni 1923, berichtet das Mosbacher Volksblatt mit dem Hinweis „Unlieb verspätet“ über die Fahnenweihe des 1921 als Männergesangverein gegründeten „Liederkranz“ Balsbach. Diese hatte bereits am Pfingstmontag, 21. Mai 1923, stattgefunden. Laut Protokollbuch nahmen 13 Vereine am Festakt teil, unter anderem der Männergesangverein Mosbach, der nach einer Anzeige im Mosbacher Volksblatt und in der Badischen Neckarzeitung (Samstag, 19. Mai 1923) das Ganze mit einem Familienausflug für aktive und passive Mitglieder nebst Angehörigen verband, mit der Nebenbahn um 8.16 Uhr nach Robern fuhr, wo ihn die Kapelle Herkert empfing und anschließend nach Balsbach wanderte.
Die Beschaffung
Im Inflationsjahr 1923 kaufte die Vereinsführung die Fahne des Militärvereins Krumbach für 48 000 Mark (3. Februar 1923). Vorsitzender, Schriftführer und die Nähschwester Reinelda tauschten sie bei der Fahnenfabrik Ernst in Heidelberg gegen einen Aufpreis von 250 000 Mark gegen eine neue Fahne ein. Die Finanzierung erfolgte durch 30 000 Mark vom Kassenbuch in Limbach, Spenden von aktiven und passiven Mitgliedern, Holzverkauf der Waldbesitzer, 250 Eiern und sechs Pfund Speck. Dirigent Lehrer Karl Frank hielt unentgeltlich Gesangsstunden ab und besorgte auf eigene Kosten die Prologe zur Fahnenweihe. So konnte am 24. Februar 1923 die Fahne vollständig bezahlt werden.
Die Festtage
Am Pfingstsonntag (20. Mai 1923) marschierte der Verein um 21 Uhr im Fackelzug mit der neuen Fahne vom Gasthaus „Löwen“ durch das festlich geschmückte Dorf zum Festplatz auf der Wiese von Bürgermeister Karl Schwing (1901 bis 1933) zur Generalprobe, wo unter anderem der Schwiegervater von Lehrer Truckenbrod, Postmeister Müller aus Lichtenau, in Balsbacher Mundart das Gedicht „D´Vorbereitung zum Fescht“ vortrug. Danach war Tanz im Gasthaus „Engel“.
Böllerschüsse (5 Uhr) und Blasmusik (6 Uhr) kündigten am Pfingstmontag (21. Mai 1923) das große Ereignis an. Um 7 Uhr holten Musikkapelle, Festreiter und Festdamen den Patenverein Robern am Dorfeingang ab. Die Musikkapelle Schefflenz und der Festverein gestalteten den Gottesdienst (8 Uhr) in der Pfarrkirche Wagenschwend.
Der Ortsgeistliche Pfarrkurat Fettig (1921 bis 1925) legte in der Predigt die Bedeutung der Fahne und ihrer Bedeutung dar. Über Mittag trafen die Gastvereine ein. Ab halb zwei Uhr zog der Festzug unter Musikbegleitung (Kapellen aus Schefflenz, Mosbach, und Schloßau) zum Festplatz. Nachdem alle durch die engen Pforten durchgelassen waren und ihre „Einlassmoneten“ bezahlt hatten, bestieg der Festredner des Tages, der Hauptlehrer Truckenbrod, die Rednerbühne und feierte in teils hochpoetischen Stellen die Bedeutung der Fahnenweihe“.
Weihelied
Es folgte das Weihelied, die Übergabe der Fahne durch Fahnenjungfer Monika Heck an den Fähnrich Albert Hönig und die Überreichung der von den Festdamen gestifteten Schleife durch Lioba Kraus. Nach dem auf die Fahne gestickten Sängerwahlspruch und dem Badischen Sängergruß übermittelte Gaupräsident Großkinsky aus Mosbach die Glückwünsche des Sängergaues. Das Freundschaftssingen schloss sich danach an.
Von 17 Uhr bis 20 Uhr war Tanz auf dem Festplatz, danach bis morgens früh um 2 Uhr im Gasthaus „Engel“. Dazu bemerkt der Schreiber des Zeitungsberichts: „Sonst ist schön Ordnung gehalten worden. So war dafür gesorgt, daß keine Christenlehrpfichtigen zum Tanze zugelassen wurden und wurde so der Wunsch des Erzbischofs in seinem letzten Hirtenschreiben strikte durchgeführt“.
Nach einem verregneten Morgen fand am Dienstagnachmittag „Volksbelustigung und Tanz bis abends um 7 Uhr“ statt, danach war Tanz im Gasthaus „Engel“.
Die Vereinsführung 1923
Robert Klotz (Vorsitzender von 1921 bis 1954), Ludwig Roos (2. Vorsitzender von 1921 bis 1955), Albert Hönig (Schriftführer von 1922 bis 1974), Oskar Schwing (2. Schriftführer), Leo Bauer (Rechner von 1923 bis 1936), Karl Müller (2. Rechner), Verwaltungsräte, Lehrer Karl Frank (Dirigent von 1921 bis 1924 und von 1927 bis 1965), Lehrer Truckenbrod (Dirigent von 1924 bis 1927).
Erste Einsätze der Fahne
Wenige Tage nach der Fahnenweihe begleitete der Verein mit der neuen Fahne die Amerikaauswanderer Oskar Brech und Valentin Hönig zum Bahnhof nach Krumbach. Von einem bemerkenswerten Vorfall berichtet das Protokollbuch am 5. August 1923 nach der Fahnenweihe in Trienz:
„In Krumbach kehrten wir im ,Engel’ ein wenig ein und erlebten, als wir den Heimweg antreten wollten, ein kleines Abenteuer. Einigen jungen Burschen aus Krumbach, welche aus Neid über unsere neue Fahne sticheln wollten, wurde schnell der Frack verklopft, und dann ging’s mit Sang nach Hause. nsch
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