Fränkischer Abend

Spezieller Blick in die Heimatgeschichte

Hubert Segeritz referierte in der historischen Pfarrscheune über „Steinernen Zeugen der Erdgeschichte und Geologie in und um Lauda“

Von 
Herbert Bickel
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Die Tradition bleibt gewahrt: Bekannte Umstände bedingten zuletzt gar eine zweimalige Absage, doch jetzt zog er wieder wie gewohnt die Besucher in seinen Bann – der „Fränkische Abend“ des Laudaer Heimat- und Kulturvereines (HKV).

Lauda. „Ich verspreche einen informativen, spannenden und interessanten Vortrag, der in zeitliche Sphären entführt, die unserer Vorstellung entgleiten.“ Mit diesen Worten machte Werner Hellinger die knapp 100 Zuhörer im Saal der Historischen Pfarrscheune in Lauda auf ein diesmal völlig anderes Umfeld aufmerksam. Nach zuletzt Beiträgen von Dr. Robert Meier zu Fürstbischof Julius Echter (2018) und Dr. Katharina Kemmer zum Deutschen Orden (2019) gehe die 2022er-Thematik „gewissermaßen in die Tiefe“, so der Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereines, der damit gleichzeitig den Blick auf die aktuelle Titulierung „Steinerne Zeugen der Erdgeschichte und Geologie in und um Lauda“ lenkte.

Bei wohltönender Umrahmung durch Interpreten der Schule für Musik und Tanz im Mittleren Taubertal unter Leitung von Stefanie Helmer richtete der HKV-Vorsitzende nach der ausgiebigen Begrüßung zuerst das Augenmerk auf den Hauptakteur des „Fränkischen Abends“, Hubert Segeritz. Gleich in dreifacher Funktion vor Ort, nämlich als Stellvertreter des Bürgermeisters, Kassierer der Heimatfreunde und in diesem Fall vor allem als Referent, nahm Hellinger diese „gehäufte Präsenz“ zum Anlass, näher und intensiver auf den „profunden Kenner der zu behandelnden Materie“ einzugehen.

Der Referent

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Geboren in Bad Mergentheim und aufgewachsen in Grünsfeld, habe der längst „echte Laudemer“ nach dem Abitur 1970 am Matthias-Grünewald-Gymnasium in Tauberbischofsheim und zwei Jahren bei der Bundeswehr ein Studium der Mathematik und Geografie mit dem Spezialgebiet Geologie in Heidelberg abgeschlossen, um im Anschluss an die Phase als Referendar zunächst erst einmal Südamerika per Rucksack zu erkunden.

Nach einer Anstellung 1980 an einem Mannheimer Gymnasium zog es Hubert Segeritz dann 1993 samt Familie für sechs Jahre in den Auslands-Schuldienst nach Spanien, ehe er nach seiner Rückkehr schließlich am Martin-Schleyer-Gymnasium in Lauda die Fächer Mathematik, Geografie, Geologie und Wirtschaft unterrichtete.

Inzwischen im wohlverdienten Ruhestand mischt der pensionierte Pädagoge dafür kommunalpolitisch im Gemeinderat der Stadt Lauda-Königshofen und im Kreistag des Main-Tauber-Kreises mit, singt im Katholischen Kirchenchor von St. Jakobus, kümmert sich im HKV um die Finanzen und amtiert als Vorsitzender des Paimarer Schachclubs, während er sich auf privater Ebene als Hobby noch gerne seinen Obstbäumen widmet.

In diesem Bereich konzentriert sich jedoch auf die Erdgeschichte und Geologie das größte Interesse, einst geweckt vom Vater, der als Steinmetz dem Sohn als Abfallprodukt seiner Arbeit gelegentlich Fossilien mitbrachte, die den Junior sichtlich faszinierten.

Kein Wunder daher, dass sich heute im Haus und Garten von Hubert Segeritz zahlreiche seltene Steine und Versteinerungen von Ammoniten finden, etliche davon drapiert im Raum der Pfarrscheune, auf die der 71-Jährige hinwies, als er per Leinwand in das mehr als zwei Stunden fesselnde abendliche Thema „Steinerne Zeugen der Erdgeschichte und Geologie in und um Lauda“ einstieg.

Zunächst zeigte der Referent dazu Beispiele von Gesteinen aus der näheren Umgebung und erklärte deren Entstehung: Muschelkalk und Buntsandstein am Oberlaudaer Mühlrad, am Rathausplatz in Lauda und der evangelischen Kirche sowie Kalktuffe an der Mariengrotte direkt neben dem katholischen Gotteshaus. Im zweiten Teil seines Vortrags beschrieb Segeritz dann den Verlauf der Erdgeschichte und ging außerdem der Frage nach, welchen Einfluss man den Einschlägen von Meteoriten und der Verschiebung der Erdkrustenplatten auf das Klima und die Entwicklung von Lebewesen zurechne.

Die wichtigsten Phasen in der über vier Milliarden langen Erdgeschichte veranschaulichte dabei der ehemalige Lehrer einprägend anhand eines 200-Zentimeter-Maßstabs: Erst etwa 180 Zentimeter nach der „Geburt“ des Planeten habe sich dort das Leben in größerer Fülle entwickelt, und erst bei um die 190 Zentimetern datiere man die Entstehung des 200 Millionen Jahre alten Muschelkalks der hiesigen Gegend. Aufgetaucht seien die ersten Menschen vor rund zwei Millionen Jahren, weshalb ihre Zeit auf dem Zwei-Meter-Maßstab somit lediglich den letzten Millimeter einnehme. Für den Beginn der Zeitrechnung mit Christi Geburt bis heute müsste man von diesem letzten Millimeter noch einmal das letzte Tausendstel abschneiden.

Wie Hubert Segeritz im Anschluss erläuterte, hätten die Geologen mindestens fünf Ereignisse nachgewiesen, die ein Massenaussterben von Pflanzen und Tieren auslösten, letztmals durch einen Meteoriteneinschlag in der Karibik. „Dieser vernichtete etwa 90 Prozent aller Lebewesen, insbesondere die Saurier, und ermöglichte somit den Aufstieg der heutigen Säugetierarten“, ergänzte der Redner, der es verstand, den Zuhörern damit den extrem winzigen Platz der Menschheit in der langen Erdgeschichte eindrucksvoll darzustellen.

Im weiteren Teil ging der Referent anhand von Gesteinsbeispielen auf das wüstenhafte Klima der Buntsandsteinzeit vor 250 Millionen Jahren und die nachfolgenden Meereseinbrüche ein, die unter anderem die Ablagerungen von Kalkschlamm, Muscheln, Ammoniten und Salzen nach sich zogen.

Entstehung der Schichtstufen

Über die Entstehung der Schichtstufen in Süddeutschland und den Alpen führte die Reise danach weiter über das Klima in den Eis- und Warmzeiten bis zur heutigen Situation, wobei ein Schaubild zum Temperaturverlauf der letzten 500 Millionen Jahre das „Fieberthermometer“ des blauen Planeten aufzeigte.

Den abschließenden Ausblick auf die Zukunft nutzte der frühere Lehrer dazu, vor kurzsichtigen Prognosen zu warnen, verbunden mit dem Rat zu insgesamt mehr Demut. Letztlich bestehe die Gefahr, durch eine in der Natur nirgends vorhandene Wachstumsideologie und Verschwendung der Ressourcen die eigenen Lebensgrundlagen zu zerstören, so Segeritz:

„Das Leben auf der Erde hat sich in der Vergangenheit aber immer wieder von allen Katastrophen erholt, allerdings mit dann anderen und besser angepassten Bewohnern.“

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