Lauda-Königshofen. Der 50. Geburtstag wird gefeiert – meist mit viel Pomp. Seit fünf Jahrzehnten gehören Lauda und Königshofen sowie zehn kleinere Orte nun zusammen. Nach der Gemeindereform Anfang der 1970er Jahre entstand die Doppelstadt Lauda-Königshofen – die einzige im gesamten Kreis. Eine „Liebesheirat“, wie Herbert Bieber für die FBL im Newsletter der Stadt schreibt, war es nicht.
Drei Stadträte, die seit der letzten Kommunalwahl im Sommer 2024 die Geschicke der Stadt mitbestimmen, kennen die Stadt nur so. Sie wurden viele Jahre nach der Reform – in den 1980ern – geboren. Die Drei gehen gerne laufen und mit Begeisterung für die Stadt an den Start. Wie sehen Eva-Maria Fürst (FBL), Sarah Müller (SPD/FB) und Thorsten Haas (CDU) das Zusammenwachsen der einzelnen Stadtteile?
Die Drei fühlen sich als Lauda-Königshöfer Bürgerinnen und Bürger. „Wir kennen es nicht anders“, betonen sie. „Auch wenn es den Ausdruck ’Ich bin eine Lauda-Königshöferin’ gar nicht gibt“, wie die Königshöferin Sarah Müller deutlich macht.
Eva-Maria Fürst wohnt in Marbach. „Wenn man es genau nimmt, ist Marbach die Mitte des Stadtgebiets“, scherzt sie. „Die kleinen Orte mussten sich schon immer zu den größeren hin orientieren, sonst gehen sie unter.“ Und die Enkelin eines ehemaligen Ortsvorstehers von Marbach ist überzeugt: „Ich profitiere von Lauda-Königshofen.“
Der Laudaer Thorsten Haas ist im Ramstal aufgewachsen. „Nach dem Studium bin ich wieder zurückgekommen.“ Das haben die Drei übrigens gemeinsam: Sie waren alle einige Jahre ausgeschwärmt und sind wieder ins Taubertal zurückgekehrt. „Wenn ich das Ortsschild von Lauda und Oberlauda gesehen habe, hatte ich die Heimat erreicht“, blickt Thorsten Haas auf die Studienzeit zurück.
Lauda-Königshofen ist zusammengewachsen. So sehen es die Drei. Ein schönes Beispiel ist für sie dabei der jüngste Adventszauber auf dem Marktplatz in Lauda. „Da haben viele mitgemacht und zusammen geholfen, damit dieses Event auf die Beine gestellt werden konnte. Ein Ortsteil allein tut sich viel schwerer“, sagen sie.
Synergieen besser nutzen
Was sie am großen Verbund schätzen? „Die Synergien können besser genutzt werden.“ Wären Lauda und Königshofen mit einigen kleinen Orten allein geblieben, würde das nur zu mehr Problemen und höheren Kosten führen. Nicht nur Thorsten Haas ist überzeugt, dass sich jeder Teil anderes entwickelt hätte – aber wohl nicht so positiv wie gemeinsam.
„Lauda-Königshofen ist die drittgrößte Stadt im Kreis, einzeln hätte man das nicht erreicht“, so Haas. Schule, Bildung, Infrastruktur und Wirtschaft: Gemeinsam habe man einen einheitlichen Ansatz entwickeln können, von dem die komplette Stadt profitiere. Sie verweisen auf Gewerbeansiedlungen oder auch die Wasserversorgung, was für kleinere Kommunen schwieriger zu stemmen sei. Die drei jungen Kommunalpolitiker sind sich einig: Ohne einen größeren Zusammenschluss würde es gar nicht gehen. „Man muss sich nur mal den Verwaltungsaufwand vorstellen: Zwei Rathäuser mit Personal, zwei Bürgermeister, zwei Gemeinderatsgremien, zwei Bauhöfe, und was sonst noch alles an einer Verwaltung hängt.“
Die Chronik
Vor 50 Jahren, am 1. Januar 1975, fand die Gemeindereform in Baden-Württemberg ihren Abschluss. Das Vorhaben reduzierte die Zahl der Gemeinden von 3379 auf 1100. Die wohl schwierigste „Geburt“ im neuen Main-Tauber-Kreis war die Bildung der Stadt Lauda-Königshofen, schreibt Dr. Dieter Thoma auf der Internetseite der Stadt. Erster Bürgermeister war Jürgen Ansel.
Zunächst waren im Altkreis Tauberbischofsheim acht Zentren vorgesehen, darunter Lauda und Königshofen. Am 23. Dezember 1971 wird Oberlauda Stadtteil von Lauda, am 1. Januar 1972 werden Deubach, Messelhausen und Sachsenflur Stadtteile von Königshofen. Die Unterbalbacher sprechen sich im November 1971 für Königshofen aus, die Gemeinderäte wollen eine Eingemeindung nach Lauda.
Ende Februar 1972 kommt die „Wende“ in Stuttgart und Tauberbischofsheim zugunsten eines Großraums „Mittleres Taubertal“. Am 26. März 1972 sprechen sich 87 Prozent der Königshöfer gegen eine Vereinigung Königshofen-Lauda aus. Unterbalbach setzt auf die Eingemeindung nach Lauda. Der Vertrag darüber wird von Stuttgart nicht genehmigt, 1973 vom Regierungspräsidium erlaubt, nach Königshöfer Klage ausgesetzt. Gegen den Laudaer Beschluss, die Großgemeinde solle „Lauda“ heißen, gab es Proteste in Königshofen.
Im Januar 1974 stimmt die Mehrheit der Königshöfer gegen eine Großgemeinde. Im Februar 1974 spricht sich die Landesregierung für die Großraum-Lösung mit dem Doppelnamen Lauda-Königshofen aus – es gibt Proteste und Demonstrationen in Königshofen.
Das „Besondere Gemeindereformgesetz“ (9. Juli 1974) bestimmt die Vereinigung zur neuen Stadt Lauda-Königshofen mit Wirkung zum 1. Januar 1975. Dagegen klagt Königshofen (Normenkontrollverfahren) und verliert im Juli 1974.
Januar 1975: Beckstein, Gerlachsheim, Heckfeld, Marbach, Oberbalbach und Unterbalbach werden Stadtteile von Lauda-Königshofen, ebenso Lauda mit Oberlauda, sowie Königshofen mit Deubach, Messelhausen und Sachsenflur.
Deshalb war für sie die Abschaffung der unechten Teilortswahl durch den Gemeinderat kein Nachteil für die kleinen Orte. „Wir sind alle für Lauda-Königshofen gewählt. Alle Themen werden gleich behandelt, egal ob es Lauda oder Königshofen oder die einzelnen Stadtteile betrifft. Was ansteht, soll auch gemacht werden“, sagt Haas. Oft gehe es nicht ohne Kompromisslösungen. „Es scheitert meist am Geld, nicht an Lauda oder Königshofen“, pflichten die Frauen bei.
Gemeinsamkeiten sehen
Diese Argumentation, dass man nach fünf Jahrzehnten mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes hat, wurde auch von Bürgermeister Dr. Lukas Braun verfolgt. Er hatte sich 2022 gegen die unechte Teilortswahl und für mehr Rechtssicherheit bei der Kommunalwahl ausgesprochen. Die Mehrheit des Gemeinderats war ihm gefolgt.
Natürlich sind sie, Sarah Müller, Eva-Maria Fürst und Thorsten Haas, mit der Geschichte der Stadt groß geworden: Dass es Kritik am Zusammenschluss gab bis hin zu einem Prozess mit dem Ziel, die Eigenständigkeit Königshofens wieder herzustellen. Dass es lange Zeit Mitbürger gegeben hat, die das neue Konstrukt kategorisch abgelehnt haben und mit Vehemenz für die Rückabwicklung gekämpft haben. „Über die Brücke nach Lauda gehen wir nicht“, war dabei so ein geflügeltes Wort in Königshofen. Und über allem hing sogar die Angst, die Messe an die Eisenbahnerstadt zu verlieren.
Es ging nicht um Sachargumente, sondern um Emotionen. Die kochten bei vielen Königshöfern beim Verlust der Eigenständigkeit hoch. „Das war immer mal wieder Thema, aber so bierernst wurde es bei uns in der Familie nicht gesehen“, sagt Sarah Müller. Und das sei auch ganz gut gewesen. So kennen das auch die beiden anderen. Offen wurden sie erzogen, mit Blick auf Zusammenhalt und eine gemeinsame Zukunft, nicht im Festhalten an der Vergangenheit. Der Zwist nach der Reform ist in den Augen der Kommunalpolitiker aber kein rein „Lauda-Königshöfer Phänomen“. „Diese Unzufriedenheit gab es in vielen Kommunen, die zusammengelegt worden sind“, betonen sie.
Vereine leben es vor
„Veränderungen sind am Anfang immer schwierig. Für uns ist die Stadt Lauda-Königshofen ganz normal, wir denken nicht in diesen getrennten Kategorien“, so Eva-Maria Fürst. Nachdem in Königshofen die Hauptschule geschlossen wurde, gehen die meisten Schülerinnen und Schüler aus dem Stadtgebiet in Lauda auf die weiterführenden Schulen. In den Vereinen, allen voran in den Jugendmannschaften der Sportvereine, mischen sich die Stadtteile. „Sonst geht es nicht mehr.“ Ein gesundes Konkurrenzdenken – das darf es beim Sport gerne geben. Aber sonst hat Rivalität im Alltag nichts verloren.
Wir-Gefühl statt Neid
„Das Wir-Gefühl untereinander ist vorhanden. Der Neid auf den anderen hört auf“, sagt die Königshöferin Sarah Müller. Man sei viel unbefangener. Für sie hängt das auch mit der gestiegenen Mobilität zusammen. Man geht nicht mehr nur im eigenen Ort einkaufen oder zur Arbeit, sondern über die Orts- und auch die Stadtgrenzen hinaus. Die Hauptstraße in Königshofen sehen sie als interessantes Beispiel. Geschäfte ohne Parkplätze vor der Tür seien nicht so gut frequentiert. „Das war damals vielleicht richtig, heute funktioniert das nicht mehr“, meint Thorsten Haas. Auch die Einkaufssituation sei kein lokales Problem, sondern hänge vom Verhalten der Menschen ab.
Kleine Orte werden beachtet
Zusammenwachsen und dabei die Identität des eigenen Ortsteils nicht vergessen: Für die drei Kommunalpolitiker ist dies in der Stadt gelungen. „Der Zusammenhalt in den einzelnen Ortsteilen ist da, sie werden gesehen“, wissen die Drei. Jeder Ortsteil hat einiges zu bieten, was ihn ausmacht: Lauda hat das Weinfest, Königshofen die Messe, Oberlauda das Nachtfußballschießen, Gerlachsheim den Weihnachtsmarkt im Kloster oder Beckstein die Brenner. Und natürlich gibt es die lebendige Fasnacht und ein reiches Vereinsleben. Die Dorfgemeinschaften stellen viel auf die Beine.
„Lauda-Königshofen ist unsere Heimat. Wir wollen hier bleiben und die Stadt positiv weiter entwickeln“, sagt Sarah Müller. Thorsten Haas und Eva-Maria Fürst nicken zustimmend.
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