Sanierung von Bahngleisen

Gleisarbeiten in Königshofen: Millimeterarbeit an den Schienen

Die Firma Strabag Rail hat ein Teilstück des eigenen Gleises erneut. Die Stopfmaschine verdichtet den Schotter, damit  die Gleise den Kräften aus dem Betrieb und den witterungsbedingten Temperaturschwankungen standhalten können.

Von 
Diana Seufert
Lesedauer: 
Vollgepackt mit moderner Technik: Der Bedienplatz für das Stopfaggregat. Andreas Kube weiß genau, wo er die Stopfpickel ansetzen muss. © Diana Seufert

Königshofen. Wenn die Stopfmaschine kommt, wird es laut. Danach liegen die erneuerten Gleise von Strabag Rail exakt auf den Millimeter genau im Bett.

An der Wartungshalle herrscht geschäftiges Treiben. Drinnen sind die Gleise leer. Die sechswöchige Revision der Stopfmaschine ist abgeschlossen. Zum ersten Probelauf nach der TÜV-Abnahme kommt sie auf dem firmeneigenen Gelände von Strabag Rail am Bahnhof in Königshofen zum Einsatz.

Bei Maschinenführer Matthias Kiesel im Vorwagen der Stopfmaschine laufen alle Daten zur Gleislage zusammen. © Diana Seufert

„Wir versuchen, unseren Gleisanschluss auf dem Stand der Technik zu halten“, macht Thorsten Haaß, Technischer Leiter der Niederlassung Süd von Strabag Rail mit Sitz im i-Park in Lauda-Königshofen, klar. Der Anschluss solle so in Schuss gehalten werden, dass ihn auch längere Züge künftig nutzen und in die Werkshalle einfahren können.

Mehr zum Thema

Tierisches im Freibad

Lauda: Stockenten-Paar schwimmt mit den Badegästen

Veröffentlicht
Von
Diana Seufert
Mehr erfahren
Straßenbau

Lauda: Becksteiner Straße ist wieder für den Verkehr offen

Veröffentlicht
Von
Diana Seufert
Mehr erfahren
Schienenverkehr

Gerlachsheim: Neuer Bahnhaltepunkt ist in Betrieb

Veröffentlicht
Von
Diana Seufert
Mehr erfahren

Deshalb hatte er jüngst die Gelegenheit genutzt, einige der insgesamt 720 Meter Anschlussbahn-Länge zu erneuern. Ausgetauscht wurden Holzschwellen und auch Schienen, von denen manche noch aus der Zeit stammen, als die Großherzoglich Badische Staatseisenbahn die Odenwaldbahn eröffnet hatte. Im hinteren, nicht mehr befahrenen Teil der Anlage liegen Exemplare des Stahlwerkes Krupp aus dem Jahr 1886, wie auf dem Walzzeichen am Schienensteg zu lesen ist.

Entscheidung über Güterterminal im Herbst

Die Strabag-Gleisanlage könnte als Anschluss an die Bahn auch für andere Firmen interessant sein. Denn es gibt Überlegungen für ein Terminal dort, um mehr Güter auf die Schiene zu verlagern. Eine im letzten Jahr durchgeführte Umfrage sollte aufzeigen, wie eine mögliche Nutzung durch die Unternehmen aussehen könnte. Wann und wie es dort weitergehen kann, ist noch unklar. Bürgermeister Dr. Lukas Braun geht von einer Entscheidung im Herbst aus.

Der gelbe Kraftprotz stopft den Schotter mit angehobenem Gleis. © Diana Seufert

Für die Erneuerung wurden die alten Schienen zum Verschrotten herausgeschnitten und durch neue ersetzt, die maroden Holzschwellen ausgebaut und gegen Betonschwellen getauscht. Der vorhandene Schotter wurde gesiebt und gereinigt, um dann wieder als Gleisbett eingebaut zu werden. „Insgesamt haben wir 500 Tonnen Schotter durchgejagt und fast 400 Schwellen gewechselt“, beschreibt Haaß den Aufwand.

Jetzt liegt das neue Gleis zwar in Reih und Glied, aber irgendwie zu tief, wenig vertrauenerweckend gerade und halb verdeckt unter dem Schotter. Das hat aber alles seinen Sinn, denn jetzt folgt die Millimeterarbeit und dabei wird nichts dem Zufall überlassen: Nun kommt der gelbe Maschinenkomplex zum Einsatz, zu dem neben der Stopfmaschine auch der Schotterpflug gehört.

Erst messen, dann stopfen

Vorne im sogenannten Vorwagen der Stopfmaschine sitzt Matthias Kiesel. Der Schachtmeister hat jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit den schweren Geräten. Mit einer Messfahrt lässt er die Gleislage aufnehmen und auf dem Bildschirm anzeigen, um anschließend die gewünschten Korrekturen in den Präzisionsrechner einzugeben. Weil es ab jetzt auf den Millimeter genau sein soll, dauert es bis zum Stopfbeginn etwas.

Maßarbeit: Gleich tauchen die 16 Stopfpickel neben den Schienen und Schwellen in den Schotter ein. © Diana Seufert

„Nur Geduld, erst muss die Geometrie stimmen, dann wird es hübsch“, scherzt Kiesel. Er orientiert sich an kleinen roten Holzpflöcken, die in sicherem Abstand zum Gleis vom Vermesser gesetzt wurden und die die wichtigen Hauptpunkte der Bögen, Geraden und Längsneigungen markieren.

„Es kann losgehen“, informiert Kiesel per Funk seinen Kollegen Andreas Kube, der in der Stopfkabine im mittleren Maschinenteil sitzt. Dieser startet das Aggregat. Was aus der bequemen klimatisierten und schallisolierten Kabine heraus so einfach aussieht, zeigt sich draußen als die pure Kraft des gelben Kolosses: Die 120 Tonnen schwere Maschine schafft es, das Gleis, auf dem sie steht und das selbst noch einmal bis zu zehn Tonnen wiegt, unter sich zwischen ihren Achsen wie Spielzeug anzuheben. Dann sausen 16 riesige stählerne Pickel bedrohlich nahe an den Schienen vorbei und vibrierend nach unten in den Schotter. Sie stopfen – daher der Name der Maschine – diesen mit waagrechten Bewegungen unter die angehobenen Schwellen. Gleichzeitig werde das Gleis mit der Richtfunktion seitlich verschoben und damit in die exakte Solllage gebracht, erklärt Haaß. Dieser Vorgang wiederholt sich in kontinuierlicher Arbeitsgeschwindigkeit an jeder Schwelle. Bis zu drei Gleiskilometer schaffen Kiesel und seine Kollegen in einer Schicht, ein reiner „Stopfexpress“ sogar locker das Dreifache.

Stopfpickel einzeln steuerbar

Im Königshöfer Gleis kommt die Maschine jetzt an die Weiche, die zu den Hallengleisen führt. Hier steht nicht mehr die Geschwindigkeit an erster Stelle, sondern die volle Konzentration der Besatzung: Jeder der 16 Stopfpickel wird nun einzeln gesteuert, damit sie nicht auf die abzweigenden Schienen oder die hier enger liegenden Schwellen treffen. Ein Treffer würde unweigerlich zu einer unreparierbaren Zerstörung führen. Aber Kube weiß genau, wie und wo er die Pickel ansetzen muss.

Dass bei den Arbeiten der grobkörnige Schotter auch auf den Schwellen landet, ist kein Problem: Wenige Meter hinter dem Koloss arbeitet der zweite Teil des Maschinenkomplexes, die Planiermaschine, auch Schotterpflug genannt. Sie „kehrt“ den Gleisrost sauber und füllt die Räume zwischen und außen vor den Schwellen wieder mit Schotter auf, damit das fertige Gleis später den Kräften aus dem Betrieb und den witterungsbedingten Temperaturschwankungen standhalten kann. Danach setzen die Maschinen zurück, die Gleislage wird erneut aufgemessen und sofort starten Kiesel und Kube zum nächsten Durchgang. Insgesamt dreimal wird gestopft, bevor der Drucker das Ergebnis als maßstäblichen Messschrieb in bunten Farben mit verwirrend vielen Linien und Punkten auswirft. Mittels Schablone wird nun geprüft, ob alle Werte innerhalb der strengen Toleranzen liegen. Erst dann dürfen die Züge wieder rollen.

Die Probefahrt nach der Revision war erfolgreich, die Maschine ist fit für den nächsten großen Einsatz. Der steht bereits an: Der Zug wird in Berlin erwartet.

Einmal jährlich steht für solche Maschinen die Revision an. Dann wird in Königshofen wochenlang geprüft, repariert, ausgetauscht und erprobt, bevor der Zug wieder an die Arbeit gehen darf. Insgesamt hat Strabag Rail sieben dieser Schwergeräte, von denen einige europaweit zum Einsatz kommen. Auch auf Kiesels Maschine prangen TÜV-Plaketten in tschechischer und schwedischer Sprache.

Weiterer Austausch geplant

Wie geht es auf der Anschlussbahn weiter? „Die Stahlschwellen im Einfahrgleis werden demnächst 100 Jahre alt – bei guter Pflege eigentlich kein Alter für diesen Schwellentyp, aber der Schotter darunter ist mittlerweile doch sehr verschmutzt und verkrautet. Er sollte erneuert werden. Nachdem bereits im vergangenen Jahr an der Einfahrweiche, die die Hauptstrecke mit dem Firmengleis verbindet, der Schwellensatz getauscht wurde, müssen noch einige marode Lang-Schwellen der Schutzweiche dahinter ersetzt werden. Weil die aber im Gefahrenbereich des Hauptgleises liegen, können wir die Arbeiten nur angehen, wenn dieses gesperrt ist“, erläutert Haaß. Damit hätte er die nächste „Baustelle“ für die Maschinen.

Redaktion Hauptsächlich für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim im Einsatz

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke