Jahrespressekonferenz

Krautheim: Rüdinger sieht Elektro-Lkw als „großes Testfeld“

Krautheimer Spediteur verzeichnet trotz globaler Probleme Umsatzwachstum in 2023. „Starker Standort in Bad Mergentheim“ und vier weitere E-Lastwagen für Regionalverkehr geplant.

Von 
Simon Retzbach
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Noch wird am neuen Rüdinger-Standort in Bad Mergentheim gebaut. Der Spediteur will hier einen „starken Standort“ entstehen lassen, wie Geschäftsführer Roland Rüdinger im Rahmen der Jahrespressekonferenz erklärte. © Simon Retzbach

Krautheim. Die wirtschaftlichen Krisen der jüngeren Vergangenheit sind auch an der Spedition Rüdinger nicht spurlos vorübergegangen. „Die Zeiten sind schwieriger geworden“, blickt Geschäftsführer Roland Rüdinger auf das Jahr 2023 zurück. Einem ordentlichen ersten Halbjahr folgte eine „gebremste“ zweite Jahreshälfte. „Das Schicksal eines Logistikers“ nannte Rüdinger diese Entwicklung: Wenn es in der Industrie bergab geht, spürt das auch der Spediteur.

Insgesamt schlägt mit einem Gesamtumsatz von rund 80 Millionen Euro 2023 dennoch ein deutliches Plus von sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu Buche. Diese Steigerung entspricht zudem einer Verdopplung des Umsatzes in den vergangenen sieben Jahren (von 38,7 Millionen auf 78,7 Millionen Euro).

Neben den klassischen Geschäftsfeldern wie Teil- oder Komplettladungen oder dem Maschinentransport, die sich beide im Vorjahr stark entwickelten, ist vor allem die Lagerlogistik ein wichtiges Geschäftsfeld der Spedition Rüdinger. Mit einem Plus von 22 Prozent macht dieser Bereich mittlerweile knapp ein Fünftel des Gesamtumsatzes aus.

120 000 Quadratmeter Lagerfläche kann der Spediteur insgesamt an seinen Standorten vorweisen, 2023 wurden in Boxberg drei Lagerhallen mit 6500 Quadratmetern in Betrieb genommen und im September erfolgte der Spatenstich für einen Logistik- und Solarpark im Bad Mergentheimer Industriegebiet „Braunstall“ (Richtung Dainbach). Diese Kapazität dürfte jedoch vorerst nicht weiter wachsen. „Wir gehen von einem Peak bei der Lagerfläche aus“, erklärt Rüdinger, bereits vermietete Flächen würden aktuell wieder frei, so dass keine weiteren Bauten in naher Zukunft mehr geplant sind.

Zu dem geplanten Projekt bei Krautheim-Neunstetten, über das es bereits Diskussionen aufgrund der Nähe zu einem Naturschutzgebiet gab (wir berichteten), gab er auf Nachfrage nur bekannt, dass eine Suche nach Alternativstandorten abgeschlossen und der Standort bei Neunstetten sei. Einen konkreten Zeitplan für das Vorhaben gibt es jedoch noch nicht.

Investitionen gibt es dennoch in Millionenhöhe. 15,2 Millionen Euro investierte das Familienunternehmen im vergangenen Jahr und auch für 2024 sind Investitionen in dieser Größenordnung vorgesehen. Schwerpunkte sind dabei die Gebäude sowie die Fahrzeugflotte, die aus derzeit 220 Lkw besteht.

Elektrifizierung große Aufgabe

Ein weiterer Posten sind Investitionen in die CO2-Neutralität. Hier wird man mit 3,5 Millionen Euro mehr als doppelt so viel Geld in die Hand nehmen wie im Vorjahr. Allein 800 000 Euro werden dabei am Standort in Bad Mergentheim investiert, um auf dem Hallendach mittels einer Photovoltaikanlage Strom für die Fahrzeugflotte produzieren zu können. Die Elektrifizierung der Flotte ist eine große Aufgabe, das wird aus den Erklärungen von Roland Rüdinger mehr als deutlich. „Die Elektrifizierung des Gütertransports stellt uns vor Herausforderungen, für die wir noch keine Lösungen in der Schublade liegen haben. Wir wollen hier vorweggehen, stoßen aber an Grenzen“, beschreibt er. So würde der selbst produzierte Strom nicht für die komplette Lkw-Flotte in ihrer jetzigen Größe reichen, so dass eine Umstrukturierung der Fahrzeugflotte notwendig würde. „Die Fahrzeuge müssen dann dahin, wo es Strom gibt. Es wäre also auch ein Fahrzeugdepot am neuen Standort in Bad Mergentheim denkbar“, prognostiziert der Geschäftsführer. Mit drei Hallen und einer Lagerfläche von 6000 Quadratmetern wird es einen „starken Standort in Bad Mergentheim“ geben.

Rüdinger spart in seinen Ausführungen nicht mit deutlicher Kritik an der Landes- und Bundespolitik. So geht er aufgrund unzureichender Pläne der Politik fest von „längeren Stromausfällen“ aus und investiert dementsprechend in eine Notstromversorgung. Landesverkehrsminister Winfried Hermann bezeichnete er mit Blick auf dessen Politik als „Totalausfall“.

„Scheitern an grüner Dogmatik“

Fehlende Zulassungen für Lang-Lkw hätten eine Anschaffung spezieller Auflieger mit einem Gesamtvolumen von einer halben Million Euro zur Fehlinvestition gemacht. „Das ist die Wirkung einer zerstrittenen Regierung“, kritisiert der erfahrene Unternehmer die Bundesregierung. „Zum Schutz der Bahn“ würden Lang-Lkw politisch blockiert, ein Technikwechsel zu besserer Effizienz durch größere Fahrzeuge sieht er an „grüner Dogmatik scheitern“.

Für das laufende Jahr identifiziert Rüdinger vor allem das Austesten eines wirtschaftlichen Betriebs von E-Lkw als Hauptaufgabe und „großes Testfeld“. Zu bisher vier elektrisch betriebenen Fahrzeugen werden zeitnah vier weitere kommen, die dann im Regionalverkehr zum Einsatz kommen sollen.

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Um diese kostenneutral im vergleich zu herkömmlichen Verbrennern nutzen zu können, müsse jedoch die eigene Stromversorgung gegeben sein, Ladestellen unterwegs hätten deutlich zu hohe Preise. Da zudem die Reichweite der Fahrzeuge begrenzt ist, sieht er die Einsatzmöglichkeiten im kürzeren Regionalverkehr, so dass am Abend wieder auf dem Hof geladen werden könne.

In einem „herausfordernden Umfeld“ aus technischen Schwierigkeiten und stets neuen Vorgaben aus der Politik geht es laut Rüdinger darum, die Spedition weiterzuentwickeln. Für 2023 sieht er dieses Ziel erreicht.

Redaktion

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