Igersheim. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim vom 19. Juli zur Wahlanfechtung der letzten Gemeinderatswahl in Tauberbischofsheim macht auch in Igersheim eine Überprüfung der Sitzverteilung vor der nächsten Kommunalwahl 2024 erforderlich, heißt es in einer Pressemitteilung der Verwaltung.
In Bernsfelden, Harthausen, Neuses und Simmringen haben in der ersten November-Hälfte hierzu jeweils öffentliche Ortschaftsratssitzungen stattgefunden. Alle Ortschaftsräte haben sich mehrheitlich für die Abschaffung der Unechten Teilortswahl ausgesprochen. In den Beratungen wurde deutlich, dass die Gemeinde 50 Jahre nach der Gemeindereform zusammengewachsen ist und der Gemeinderat das Gesamtwohl aller Ortschaften und Ortsteile im Blick hat.
Den Sitzungen der Ortschaftsräte ging eine nicht-öffentliche Vorberatung des Gemeinderates im September voraus. Nach gründlicher Abwägung des Für und Wider hatte sich dieser ebenfalls für die Abschaffung der Unechten Teilortswahl ausgesprochen. Vor einem endgültigen Beschluss über die Änderung der Hauptsatzung war es dem Gemeinderat und Bürgermeister Frank Menikheim jedoch wichtig, alle Ortschaftsräte anzuhören.
Bei der Gemeinde Igersheim kommt die Unechte Teilortswahl seit der Eingemeindung 1972 zur Anwendung. Die Hauptsatzung regelt die Anwendung der Unechten Teilortswahl. Hier sind auch die jeweiligen Garantiesitze für die einzelnen Wohnbezirke festgelegt. So hat der Wohnbezirk Igersheim mit Holzbronn und Reisfeld bisher 14 Sitze, Harthausen mit Neubronn und Reckerstal zwei Sitze, Bernsfelden mit Hagenhof und Bowiesen einen Sitz, Neuses einen Sitz und Simmringen einen Sitz.
Überrepräsentation
Bei der derzeitigen Regelung herrscht hinsichtlich des Wohnbezirkes Simmringen eine starke Überrepräsentation im Gemeinderat. So ist Simmringen im Vergleich zur Einwohnerzahl zu 77 Prozent im Gremium überrepräsentiert.
Auch der Wohnbezirk Harthausen ist zu 18 Prozent, Bernsfelden zu 14 Prozent und Neuses zu vier Prozent überrepräsentiert. Gleichzeitig ist Igersheim zu neun Prozent unterrepräsentiert. Nach Paragraf 27, Absatz 2, Satz 4 der Gemeindeordnung sind bei der Verteilung der Sitze die örtlichen Verhältnisse und der Bevölkerungsanteil zu berücksichtigen.
Im Falle einer Wahlanfechtung wäre damit zu rechnen, dass die Wahl bei Beibehaltung der jetzigen Regelung rechtswidrig ist und wiederholt werden müsste. Die Verwaltung hat dem Gemeinderat daher in nicht öffentlicher Sitzung am 29. September die aktuelle Regelung sowie vier verschiedene, rechnerisch mögliche Alternativen dargestellt. Eine Alternative wäre beispielsweise die Zusammenlegung der Wohnbezirke Bernsfelden und Simmringen, so dass beide Ortschaften zusammen einen gemeinsamen Garantiesitz hätten und gleichzeitig die Zuordnung eines weiteren Sitzes für den bisher unterrespäsentierten Hauptort Igersheim. Aber auch bei dieser Variante würde eine Überrepräsentation des Wohnbezirks Harthausen von 18 Prozent und eine Unterrepräsentation des dann neuen Wohnbezirks Bernsfelden/Simmringen von neun Prozent bestehen bleiben.
Zudem wurde dargestellt, wie sich eine Zusammenlegung der Ortschaften Harthausen, Bernsfelden und Simmringen zu einem gemeinsamen Wohnbezirk auswirken würde. Auch die Zusammenlegung aller Ortschaften zu einem Wohnbezirk mit vier Garantiesitzen wurde diskutiert. Die am weitestgehende Alternative war die Abschaffung der Unechten Teilortswahl.
Für die Abschaffung sprechen neben der Rechtssicherheit auch die hohe Anzahl an ungültigen Stimmen und Stimmzetteln, die auf das komplizierte Wahlsystem zurückzuführen sind. Bei der Kommunalwahl 2019 gab es in Igersheim 20,3 Prozent ungültige Stimmen. Häufig werden gerade in den Ortschaften zu viele Bewerber gewählt, womit die Stimmabgabe für den gesamten Wohnbezirk ungültig wird. Der Wähler erreicht dann genau das Gegenteil dessen, was seine eigentliche Absicht war.
Entscheidendes Argument
Entscheidendes Argument für die Abschaffung der Unechten Teilortswahl war auch, dass die Gemeinde 50 Jahre nach der Gemeindereform - zusammengewachsen ist. Erfahrungsgemäß hat der Gemeinderat das Gesamtwohl aller Ortschaften und Ortsteile im Blick und achtet auf Ausgewogenheit und auf gute Lebensverhältnisse in allen Ortsteilen. Dies ist auch daran abzulesen, dass sich die Ortschaften ebenfalls sehr positiv entwickelt haben und auch dort viele Maßnahmen, gerade auch in den vergangenen Jahren, umgesetzt wurden. All diese Beschlüsse zur Umsetzung der Maßnahmen wurden in der aktuellen Wahlperiode von 14 Gemeinderäten aus Igersheim und fünf Gemeinderäten aus den Ortschaften herbeigeführt. Es kommt also nicht auf das Wahlsystem an, sondern darauf, wie die Gewählten ihr Mandat verstehen und ausüben, so die Überzeugung der Verwaltung.
Auch nach Aufhebung der Unechten Teilortswahl sind die Ortsvorsteher weiterhin im Gremium mit beratender Stimme vertreten und können die Ortskenntnis und die Kenntnis der Bedürfnisse der Bürger einbringen. Auch auf die Ortschaftsräte hat die Abschaffung der Unechten Teilortswahl keinerlei Auswirkungen.
Der Gemeinderat hat sich aufgrund der vorstehenden Argumente in der vorberatenden Diskussion für die Abschaffung der Unechten Teilortswahl ausgesprochen, wollte aber vor einem Beschluss zur Änderung der Hauptsatzung zunächst die Ortschaftsräte anhören. Neben Bürgermeister Menikheim waren jeweils auch eine stattliche Anzahl an Gemeinderäten und interessierten Zuhörern anwesend.
In allen Sitzungen wurde lebhaft und sachlich diskutiert. Auch Zuhörerfragen und Wortbeiträge wurden zugelassen. Zudem erläuterten einzelne Gemeinderäte, welche Gründe ihrer Meinung nach für die Abschaffung der Unechten Teilortswahl sprächen.
Die Ortschaftsräte Bernsfelden, Simmringen, Neuses und Harthausen sprachen sich letzten Endes alle mehrheitlich für die Abschaffung aus.
„Dieses eindeutige Votum der Ortschaften freut mich besonders, da es bestätigt, dass der Gemeinderat stets die Belange aller Bürger, gleich ob im Kernort oder den Ortschaften, bei seinen Entscheidungen im Blick hat und stets auf gleichwertige und ausgewogene Lebensverhältnisse achtet.“, so Bürgermeister Menikheim.
In der Gemeinderatssitzung am 24. November hat sich der Gemeinderat zu den Beschlüssen der Ortschaftsräte ausgetauscht und daraufhin auch in Bezug auf die künftige Sitzzahl des Gremiums eine Richtung vorgegeben. Nach Paragraf 25, Absatz 2, Gemeinde-Ordnung, wäre für Igersheim eine Zahl von 18 oder 14 Gemeinderäten möglich. Der Gemeinderat hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, die Sitzzahl für die kommende Kommunalwahl auf 18 Gemeinderäte festzulegen. Der Rat erhofft sich hierdurch für Kandidaten aus den Ortschaften höhere Chancen ins Gremium einzuziehen. 2026 soll erneut beraten werden, ob ggf. eine Absenkung auf 14 Sitze erfolgen soll.
Beschluss wird gefasst
Einer endgültigen Beschlussfassung zur Abschaffung der Unechten Teilortswahl und Änderung der Hauptsatzung steht nun nichts mehr entgegen. Diese soll am 15. Dezember in öffentlicher Sitzung im Sitzungssaal des Igersheimer Rathauses erfolgen. Die Bevölkerung ist hierzu willkommen. pm
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