Neckar-Odenwald-Kreis. Ein Aufruf des Landratsamtes in den vergangenen Tagen erinnerte daran, dass es neben Corona auch noch andere drängende Probleme gibt: Infolge der Krisen in aller Welt steigt die Zahl der Asylbewerber wieder – auch im Neckar-Odenwald-Kreis.
Der Appell des Landratsamtes: Bürger sollen freie Mietwohnungen oder zu mietende Häuser melden und so die Behörde bei der Suche nach geeigneten Objekten für die Unterbringung der geflüchteten Menschen unterstützen.
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Der Hintergrund: Verzeichnete das baden-württembergische Justizministerium, das auch für Migration zuständig ist, im ersten Corona-Jahr 2020 insgesamt rund 7000 Asylbewerber, so waren es 2021 bis November schon fast 13 000, mit einem steilen Anstieg seit dem Sommer. Entsprechend steigen auch die Zuweisungen in die Landkreise.
Diese haben die Aufgabe, die Asylsuchenden auf Gemeinschaftsunterkünfte zu verteilen. Wie stark ist der Zustrom aktuell, womit ist zu rechnen? Diese und andere Fragen beantwortete Jan Egenberger, Pressesprecher im Landratsamt des Neckar-Odenwald-Kreises, auf Anfrage der FN.
Wie viele Asylbewerber werden dem Landkreis aktuell zugewiesen, wie viele sind schon da?
„Nach vielen Monaten mit relativ geringen Zugangszahlen schlagen sich die weltweiten Krisen und die sich daraus ergebenden hohen Flüchtlingszugänge nach Deutschland nun auch im Neckar-Odenwald-Kreis nieder“, so Egenberger. Hatte der Kreis beispielsweise im Januar 2021 noch eine monatliche Aufnahmeverpflichtung nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz von acht Personen pro Monat, waren es im Dezember 2021 38 Personen pro Monat. Aktuell sind es 34 pro Monat.
Freie Wohnungen und Häuser melden – so geht es
Gesucht sind insbesondere bereits bestehende Immobilien mit einer Mindestwohnfläche von insgesamt etwa 150 Quadratmeter.
Eine Anmietung von mindestens 24 Monaten sollte möglich sein. Zudem sollten ein Wasser- und Abwasseranschluss, eine Wärme- und Stromversorgung sowie sanitäre Anlagen vorhanden sein. Das Objekt sollte bezugsfertig sein.
Eine Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr ist wünschenswert.
Wer ein Mietobjekt anbieten kann, soll sich im Landratsamt unter Telefon 06261/841875 oder per E-Mail an gebaeudemanagement@neckar-odenwald-kreis.de melden. Auf den Internetseiten des Landratsamtes gibt es ein Formular, das man online nutzen kann (https://www.neckar-odenwald-kreis.de/Landratsamt/Immobiliensuche.html). Dort kann man auch seine Vorstellungen zum Mietpreis sowie Angaben zum Zustand formulieren.
Auch im benachbarten Main-Tauber-Kreis reagiert man auf zunehmende Zuweisungen von Asylbewerbern. Wie Markus Moll, der Pressesprecher der Kreisbehörde in Tauberbischofsheim, berichtet, mussten im zweiten Halbjahr durchschnittlich 23 Personen pro Monat untergebracht werden.
Seit dem vierten Quartal betrage die Zuweisungszahl teils deutlich über 30 Menschen. Man gehe von bis zu 35 Personen auch in den nächsten Monaten aus.
Bis November vergangenen Jahres waren laut Moll die bekannten vier Gemeinschaftsunterkünfte an den Standorten Külsheim, Tauberbischofsheim und Bad Mergentheim mit einer Gesamtkapazität von etwa 250 Plätzen im Betrieb . Diese waren Anfang Dezember zu 98 Prozent , also fast vollständig belegt.
Mitte Dezember wurde eine weitere Unterkunft in einem kreiseigenen Gebäude in Tauberbischofsheim für die vorläufige Unterbringung mit 46 Plätzen freigegeben. Aktuell sind von den insgesamt 299 Plätzen bereits wieder 87 Prozent belegt, so Moll. Deshalb sei ein weiterer Suchlauf nötig. sab/sabix
Woher kommen die Menschen?
Die Asylsuchenden kommen aktuell insbesondere aus Afghanistan, Syrien und dem Irak sowie aus Nigeria und dem nördlichen Afrika.
Wie viele freie Unterkünfte haben wir aktuell noch?
Die Unterkünfte für Asylsuchende des Landkreises in Hardheim und Auerbach mit einer Gesamtkapazität von 258 Plätzen sind aktuell fast vollständig belegt.
Wie viele Wohnungen braucht das Landratsamt, um die Neuankömmlinge unterzubringen?
In den Immobilien sollen Gemeinschaftsunterkünfte entstehen. Das Gesetz schreibt sieben Quadratmeter Wohn- und Schlaffläche pro Person vor. Der zu erwartende Bedarf ist entsprechend groß.
Sind Containerunterkünfte wie in Walldürn vor einigen Jahren oder gar Bauten wie in Buchen geplant?
In erster Linie sucht der Kreis weitgehend bezugsfertige Bestandsimmobilien. Containerunterkünfte wären nur eine Option, falls die Suche danach nicht ausreichend Objekte ergeben sollte.
Welche Rolle spielt Corona in dieser Situation?
Die Pandemie hat die Arbeit in den Gemeinschaftsunterkünften natürlich nicht erleichtert. Ehrenamtliche Angebote konnten zum Teil nicht fortgeführt werden. Deshalb wirbt der Landkreis offensiv für Impfungen in den Unterkünften, um Ausbrüche zu verhindern.
Wer finanziert die Unterbringung?
Die Unterbringung von Asylsuchenden finanziert das Land, wobei der Kreis in Vorleistung geht.
Erwartet der Landkreis eine neue „Flüchtlingswelle“?
„Es gibt Hinweise auf erhöhte Zugänge“, so Egenberger. Der Grund liege in den weltweiten Krisen wie beispielsweise in Afghanistan. Daraus resultierten hohe Flüchtlingszugänge nach Deutschland und Baden-Württemberg. Und für jeden Landkreis wiederum ergebe sich eine höhere Aufnahmeverpflichtung, so auch für den Neckar-Odenwald-Kreis.
In diesem Kontext werde beispielsweise auch noch einmal die friedenssichernde Leistung der Bundeswehr in Afghanistan, an der ja auch Soldatinnen und Soldaten aus dem Kreis beteiligt waren, deutlich, so Jan Egenberger. „Die Bundeswehr hat viele Jahre lang in Afghanistan konkrete Fluchtursachen bekämpft.“
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