Jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten. Dass eine Behörde wie das Regierungspräsidium Karlsruhe, das landesweit für Abschiebungen zuständig ist, eine andere Meinung zur „asylbeendenden Maßnahme“ von David Keke hat als Freunde und Betreuer, ist klar. Keke sei bereits seit 2019 „vollziehbar ausreisepflichtig“ gewesen und habe die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nicht genutzt, so das RP auf Anfrage der Fränkischen Nachrichten.
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Warum das RP vor der Abschiebung keine Erkundigungen vor Ort eingeholt habe, inwieweit eine Integration gelungen und eine positive Sozialprognose gestellt werden könne, beantwortet die Behörde folgendermaßen: „Vor einer Abschiebung erkundigt sich das Regierungspräsidium Karlsruhe bei der zuständigen unteren Ausländerbehörde darüber, ob Bleibeperspektiven für die abzuschiebende Person (wie etwa die Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis) bestehen. Dies erfolgte auch im Falle des Betreffenden. Dieser hatte jedoch weder einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, noch auf Erteilung einer Beschäftigungsduldung. Eine Beschäftigung allein schützt nicht vor einer Abschiebung. Im Fall des Betreffenden lag wegen einer rechtskräftigen Verurteilung aus dem Jahr 2019 ein Ausschlussgrund für die Erteilung einer Beschäftigungsduldung vor.“
Zum Hintergrund: 2017 war David Keke in eine Schlägerei vor einer Würzburger Disco geraten, zwei Türsteher sagten gegen ihn aus, so dass er zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, die beglichen ist. Die Verjährung und damit der Grund zur Versagung einer Beschäftigungsduldung, dürfte in diesem Jahr auslaufen. Seit diesem Vorfall habe sich David Keke nichts mehr zuschulden kommen lassen, so sein Betreuer Hans-Jürgen Reusch.
Ob David Keke seine Abschiebung hätte verhindern können, wenn er bei der Passbeschaffung nicht so kooperativ gewesen wäre, wollten die FN wissen. „Vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer sind gesetzlich dazu verpflichtet, den zuständigen Ausländerbehörden gültige Reisedokumente vorzulegen“, so die Antwort. Außerdem hätte David Keke ohne Pass nicht arbeiten können. Zudem werde bei Nichtmitwirkung bei der Passbeschaffung eine zwangsweise Passbeschaffung eingeleitet, deren Ziel es sei, ein für die Abschiebung erforderliches Heimreisedokument bei dem jeweiligen Herkunftsland zu erhalten (Passersatzpapier). Bei Nigeria erfordere die Ausstellung eines Passersatzpapieres eine persönliche Anhörung durch nigerianische Botschaftsvertreter. „Es kann davon ausgegangen werden, dass die Identität des Betreffenden feststellbar gewesen wäre“, so das RP.
Im vergangenen Jahr wurden laut Flüchtlingsrat Baden-Württemberg 1328 aus dem Ländle abgeschoben. Die meisten von ihnen – 139 – nach Italien, 47 nach Nigeria. In den ersten drei Quartalen 2021 reisten 528 Personen freiwillig aus. hvb
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