Großrinderfeld. Der Bau der Stromtrasse SuedLink schreitet voran. Das braune Band ist in der Region deutlich zu erkennen. Während bisher alle „Hindernisse“ wie Straßen oder Biotope unterirdisch passiert wurden, könnte sich das in Zukunft ändern. Die L 578 könnte in „offener Bauweise“ gequert werden. Für die Verkehrsteilnehmer bedeutet dies eine großräumige Umleitung.
Was bei der Sitzung des Großrinderfelder Gemeinderats in der vergangenen Woche zur Sprache kam, löste bei den Kommunalpolitikern Verwirrung aus. Es war die Rede davon, dass die Firma Transnet BW, die für den Bau der SuedLink-Trasse in Baden-Württemberg verantwortlich ist, die Überlegung hat, mit der K 2882 und der L 578 gleich zwei Straßen in der Gemeinde für die Trasse offen zu queren. Darüber wurde die Kommune informiert. Bürgermeister Johannes Leibold erklärte, dass dieses Vorgehen gerade abgestimmt werde. Ausgang offen.
Antrag auf Änderung soll gestellt werden
Die Fränkischen Nachrichten fragten bei Transnet BW nach. „Unsere Baufirmen sind dazu angehalten, Optimierungsvorschläge für den Bauablauf bei uns einzubringen. In diesem Zuge wurde nun eine Optimierung der K2882 sowie die L578 als offene Bauweise durch Leonhard Weiss eingereicht“, teilt Projektsprecherin Helene Dann mit.
Für die Querung der L 578 und K 2882 wurde ursprünglich eine geschlossene Bauweise im Planfeststellungsbeschluss vorgesehen, bestätigt die Projektsprecherin. Allerdings werde man den Bauweisen-Wechsel als Planänderungsverfahren bei der Bundesnetzagentur einreichen. Die Straßen seien bereits im Vorfeld mit dem Landratsamt abgestimmt worden. „Sollte eine offene Bauweise umgesetzt werden, wird die Straße nach Abschluss der Arbeiten selbstverständlich wiederhergestellt“, betont sie.
Im Los 9, das von der bayerischen Landesgrenze bei Gerchsheim bis nach Osterburken rund 40 Kilometer umfasst, sind nach Angaben von Transnet BW „nur diese beiden Straßen als Optimierung in Form einer offenen Bauweise eingereicht worden“.
Dieses Vorgehen sorgt bei so manchem Bürger für Verwunderung. Schließlich hatten die Fränkischen Nachrichten in den vergangenen Wochen mehrfach darüber berichtet, dass Gewässer, Straßen und Eisenbahnlinien in geschlossener Bauweise gequert werden. Zudem gibt es „Raumwiderstände, wie Biotope oder andere geschützte Flächen“, die erhalten bleiben und nicht zerstört werden. Auch hier wird in einer geschlossenen Bauweise vorgegangen, Hecken und Bäume bleiben stehen. Das geschieht mittels Horizontal Directional Drilling (HDD), Pressungen und Microtunneling. Für die L 578 bei Gerchsheim ist bisher ein Microtunneling im Planfeststellungsverfahren genehmigt.
Keine Schutzgüter betroffen
Dass man für die beiden Straßen in der Gemeinde Großrinderfeld einen anderen Weg gehen will, erläutert Helene Dann so: „Grundsätzlich setzen wir geschlossene Bauweisen wie das Horizontalspülbohrverfahren (HDD) gezielt dort ein, wo besondere Schutzgüter betroffen sind, beispielsweise bei der Querung von Gewässern, Forst- und Naturschutzgebieten oder sensiblen Biotopen. Das ermöglicht es uns, Eingriffe in die Umwelt zu minimieren und beispielsweise den Oberboden sowie bestehende Vegetation weitestgehend zu erhalten. Gleichzeitig gilt jedoch, dass geschlossene Bauweisen kein Standardverfahren sind, sondern nur in Ausnahmefällen angewendet werden.“
Mit Blick auf die beiden betroffenen Straßen fügt sie an: „Durch den Baustart und im Baugeschehen hat sich nun durch den Optimierungsvorschlag von Leonhard Weiss die Möglichkeit eröffnet, diese Straßenabschnitte offen zu queren. Hier sind keine Biotope betroffen.“ Bei der L 578 wolle man diesen Vorschlag annehmen. Für die K 2882 sei man derzeit noch in der Prüfung. „Die endgültige Entscheidung liegt bei der Bundesnetzagentur, die über die Genehmigung einer entsprechenden Planänderung entscheidet.“
Die hat „Kenntnis darüber, dass TransnetBW in diesem Bereich einen Planänderungsantrag für den Wechsel der Bauweise einreichen möchte“, teilt eine Sprecherin auf FN-Anfrage mit. Eingegangen sei der Antrag jedoch noch nicht. „Die inhaltlichen Anforderungen an Planänderungen entsprechen denen, die an eine Planfeststellung zu stellen sind“, verweist sie ganz allgemein.
Warum umgeplant wird
Welche Gründe stecken hinter dieser „Umplanung“? Helene Dann teilt mit: „Die Entscheidung für eine offene Bauweise erfolgt nicht nur aus reinen Kostengründen, sondern basiert auf einer technischen und logistischen Abwägung. Hierbei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, darunter die geologischen Gegebenheiten, die bautechnische Umsetzbarkeit und inwiefern Schutzgüter in dem jeweiligen Bereich betroffen sind. Geschlossene Querungen nehmen mehr Bauzeit in Anspruch. Das bedeutet auch, dass die Zufahrtsstraßen, über die die Maßnahmen angefahren werden, längere Zeit beansprucht werden müssen.“ Bei TransnetBW rechnet man „nach aktuellem Stand mit einer Genehmigung im Sommer dieses Jahres“ durch die Bundesnetzagentur.
Landratsamt und Kommune informiert
Beim Landratsamt Main-Tauber-Kreis kennt man das Ansinnen, wie Pressesprecher Markus Moll bestätigt. „Bezüglich der Querung der L 578 Gerchsheim – Großrinderfeld für den Bau des SuedLinks laufen derzeit Abstimmungsgespräche zwischen dem Bauherrn TransnetBW und dem Landratsamt. Eine Entscheidung gibt es noch nicht“, teilt er mit. Grundsätzlich fügt er an, „dass das Kreis-Straßenbauamt bei der Querung von Straßen im Rahmen von Leitungsbauprojekten – beim SuedLink, aber auch bei allen anderen Antragstellern – eine offene Bauweise auf Antrag dort genehmigt, wo die Straßendecken ohnehin ihr Lebensalter erreicht haben und eine Deckenmaßnahme ansteht. In diesem Fall muss der Bauherr die Kosten für die Wiederherstellung der Straßendecke tragen, sodass der Straßenbaulastträger die Mittel für die ohnehin anstehende Deckenmaßnahme an dieser Stelle spart oder an anderer Stelle einsetzen kann.“ Gleichzeitig sei eine offene Bauweise mit Sperrungen und Umleitungen verbunden. „Deshalb muss hier seitens der Verwaltung stets sorgfältig abgewogen werden, was wir auch tun.“
Die Gemeinde Großrinderfeld wurde von dem Vorhaben in Kenntnis gesetzt, wie Bürgermeister Johannes Leibold auf Nachfrage erklärt. Einer Anfrage zur Straßensperrung habe man zugestimmt. Als Begründung für dieses Vorgehen seien „eine wirtschaftlichere Bauweise und Kostenersparnis“ genannt worden. Glücklich wirkt Leibold mit der angestrebten Planänderung nicht. „Die Straßensperrung stellt eine Behinderung dar – hoffentlich nicht zu lange“, kommentiert er.
„Wir verstehen, dass Bauarbeiten, insbesondere an Straßen, zu Beeinträchtigungen für die Anwohner führen können. Daher bemühen wir uns, die Bauzeiten so effizient wie möglich zu gestalten und die Auswirkungen auf den Verkehr so gering wie möglich zu halten“, so Helene Dann abschließend.
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