Finsterlohr. Rund um die Uhr einkaufen – das kann man ab kommenden Frühjahr im Oberländer Dorfladen in Finsterlohr. Die Gesellschafter der Oberländer Dorfladen GbR machten dafür in einer außerordentlichen Versammlung den Weg frei. Betrieben wird der Laden künftig von der Familie Schleburg, die in Finsterlohr ihren Zweitwohnsitz hat und dort bereits ein Ferienhaus führt.
Das Interesse der Gesellschafter war groß, was man am guten Besuch der jüngsten Versammlung im Dorfgemeinschaftshaus ablesen konnte. Der Vorstand hatte in der Einladung die Lage des Dorfladens im Creglinger Stadtteil Finsterlohr nicht schön geredet. Im Gegenteil: Man stellte in Aussicht, dass die Einrichtung im kommenden Jahr womöglich abgewickelt werden müsse, weil das Defizit noch weiter gestiegen sei. Das allein wäre keine wirkliche Neuigkeit gewesen, denn der Oberländer Dorfladen verbucht seit Jahren Verluste, die aber bisher durch die Einnahmen aus der PV-Anlage ausgeglichen werden können.
24/7 Hybrid-Modell
Neu aber war die Alternative, die sich plötzlich auftat: Familie Schleburg, in Finsterlohr mit Zweitwohnsitz ansässig und Betreiber eines Ferienhauses in einem liebevoll restaurierten Bauernhaus in der Ortsmitte, war auf den Vorstand zugekommen mit einer unkonventionellen Idee: der Eröffnung eines 24/7-hybrid-Modells als Nachfolgelösung. Will heißen: Der Laden ist zu bestimmten Zeiten mit Personal besetzt, darüber hinaus aber rund um die Uhr geöffnet.
GbR-Vorsitzender Fritz Danner machte keinen Hehl daraus, dass es um die Zukunft des Dorfladens schlecht bestellt sei. Aufgrund des weiter gestiegenen Defizits könne es der Vorstand gegenüber den Gesellschaftern nicht mehr verantworten, den Laden in der bisherigen Form weiter zu betreiben. Das Defizit im Jahr 2022 habe rund 8.400 Euro betragen. Diese Summe habe die GbR an die BAG Creglingen bezahlt, die den Dorfladen bisher betreibt. Das Geld stammt aus den Erträgen, die die PV-Anlage auf dem Dach des Gebäudes liefert.
Das Konzept ist "keine Utopie"
2023 habe es aufgrund eines durch Krankheit hervorgerufenen Personalengpasses und damit einher gehenden reduzierten Öffnungszeiten einen Umsatzeinbruch gegeben. „Trotz allen Engagements der Mitarbeiterinnen kommen wir nicht auf eine schwarze Null“, stellte Danner fest. Für 2023 drohe rein rechnerisch ein Minus von rund 11.000 Euro. Fritz Danner würdigte die gute Zusammenarbeit mit der BAG Creglingen, deren Geschäftsführer Wilfried Kleinschrodt dem Dorfladen gegenüber immer Entgegenkommen gezeigt habe. Dafür gebühre ihm großer Dank, betonte der GbR-Vorsitzende.
Wilfried Kleinschrodt, der an der Versammlung teilnahm, sprach von einer „guten Zeit“, auch wenn es nicht immer ganz einfach gewesen sei. Dem Betreiberwechsel stehe man positiv gegenüber. „Es wäre ein Glücksfall für Finsterlohr, wenn Familie Schleburg ihr Konzept umsetzen könnte“, unterstrich der BAG-Geschäftsführer. Das Konzept sei keine Utopie, und er könne den Gesellschaftern nur empfehlen, diesen Weg einzuschlagen, um den Dorfladen zu erhalten.
Marie und Jörg Schleburg, aus einer oberbayerischen Gemeinde stammend, haben vor rund zweieinhalb Jahren in Finsterlohr ein altes Bauernhaus gekauft und es zu einem Ferienhaus – den „Abendscheins Hof“ – umgebaut. „Wir fühlen uns in Finsterlohr sehr wohl und wurden herzlich aufgenommen“, sagte die Architektin. Die Infrastruktur in Finsterlohr mit Dorfladen, Bäcker, Volksbankfiliale oder auch neuem Spielplatz sei etwas ganz Besonderes.
Bezahlung per EC-Karte
Sie hätten sich intensiv mit der Frage beschäftigt, wie der Dorfladen erhalten werden könne und seien dabei auf das 24/7-Hybrid-Modell gestoßen. Dieses Modell ermögliche es, rund um die Uhr einzukaufen. So gebe es längere Öffnungszeiten bei sinkenden Lohnkosten, weil das Personal nicht mehr im bisherigen Umfang benötigt werde, wie Marie Schleburg erläuterte. Sabine Gehringer-Wehner solle weiter beschäftigt werden und zirka 45 Stunden im Monat vor Ort sein.
Bezahlt wird mit EC-Karte, eine weitere Karte etwa in Form einer Mitgliedskarte ist nicht erforderlich. „Wir wollen den Radius des Kundenkreises erweitern“, so Marie Schleburg. Im Umkreis von rund 20 Kilometern sei man der einzige 24/7-Laden, was, so die Hoffnung der künftigen Betreiber, auch Kunden aus der Nachbarschaft anlocke.
Beliefert werden soll der Markt von dem Anbieter „Mein Markt 24“, der sich auf Dorfläden spezialisiert hat. Die Firma habe rund 8.000 verschiedene Artikel täglich verfügbar, führte Marie Schleburg aus. Es gebe nationale und internationale Markenprodukte, außerdem Rewe-Bio-Eigenmarken. Darüber hinaus sei es ihnen wichtig, auch regionale Erzeuger mit im Boot zu haben, so, wie dies auch bisher der Fall sei. Dieses Angebot wolle man möglichst noch ausbauen, so die künftige Betreiberin. Ausgebaut werden soll auch das Cafe.
Die zeitweilige Besetzung des Ladens mit Personal sei vor allem für ältere Kundinnen und Kunden wichtig, hob Marie Schleburg hervor. Bezahlt werden kann allerdings nur mit EC-Karte. Man prüfe derzeit aber, ob es eventuell für Menschen über einem bestimmten Alter oder für Kinder eine alternative Bezahlmöglichkeit geben könne, führte Marie Schleburg weiter aus.
Auf Unterstützung angewiesen
Alkohol werde aus Jugendschutzgründen im übrigen nur in der Zeit verkauft, in der der Laden besetzt sei, betonte Marie Schleburg. Der Laden werde aus Sicherheitsgründen videoüberwacht, allerdings habe man keinen Zugriff auf die dabei erhobenen Daten. Nur im Falle eines Diebstahls erhalte die Polizei Einblick in die Aufnahmen.
„Wir versprechen uns von dem Laden keinen großen Gewinn und gehen auch ein gewisses Risiko ein“, räumte die Architektin ein. „Das alles geht nur, wenn wir zusammenhalten“, wandte sie sich an die Gesellschafter. Das Ehepaar Schleburg hofft auf geringe monatliche Mietkosten und auf Unterstützung bei Events oder auch Kuchenspenden für das Cafe. Die Gesellschafter signalisierten bei den Mietkosten Entgegenkommen, wie dies auch bei der BAG schon der Fall war. Auch auf Hilfe beim Umbau, der mit dem Betreiberwechsel einher geht, hofft das Ehepaar Schleburg. Und, was ebenfalls auf ihrer Wunschliste steht: „Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem“.
Wann genau der Betreiberwechsel über die Bühne gehen soll, das steht noch nicht exakt fest. Allerdings soll nicht mehr allzu viel Zeit ins Land ziehen bis zur Übergabe. Den Umbau, so die Hoffnung, kann man auf eine Dauer von vielleicht drei, vier Wochen begrenzen. Im April 2024 spätestens soll er dann möglich sein: der Rund-um-die-Uhr-Einkaufsgenuss.
Der Dorfladen veranstaltet am Samstag, 9. Dezember, und Sonntag, 10. Dezember, einen Weihnachtsmarkt, wie Sabine Gehringer-Wehner bei der Gesellschafterversammlung bekannt gab. Beginn ist am Samstag um 16.30 Uhr, am Sonntag um 12.30 Uhr. Am Samstag spielt um 18 Uhr der Posaunenchor Finsterlohr.
Verschiedene regionale Kunsthandwerker und Produzenten sind mit ihren Produkten vertreten, außerdem ist für das leibliche Wohl gesorgt.
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