Creglingen. Er war von 2003 bis 2008 Pfarrer von Creglingen und Standorf, jetzt ist Christof Messerschmidt Dekan in Schwäbisch Hall. Mit seiner Kurzgeschichtensammlung „Sarg und Sense“ kommt er für eine Lesung zurück an die Tauber ins Romschlössle – am Freitag, 25. Oktober um 19 Uhr. Veranstalterin ist die Creglinger Bücherei. Der Eintritt ist frei.
„Immer schon läuft bei dem Haller Dekan ein kreatives Projekt nebenher. Und immer hat es mit Schreiben zu tun. Er textet Lieder für Kindermusicals, Messen oder Oratorien. Und nun hat er ein Buch veröffentlicht“, das hatte die FN-Redaktion bereits im Sommer berichtet. In seiner Geschichtensammlung „Sarg und Sense“ hat Messerschmidt 26 Kurzepisoden aus dem Leben zusammengetragen, in denen es vor allem um den Tod geht.
Das Ableben, es beschäftigt den 53-Jährigen schon seit seiner Jugend. Auch Messerschmidt hat Menschen verloren: Freunde durch Motorradunfälle, die Mutter eines Freundes durch plötzlichen Hirntod. „Natürlich haben wir in den kirchlichen Gruppen, in denen ich damals schon war, angefangen, uns Fragen zu stellen: Wie kann das sein? Und wo sind die Verstorbenen jetzt?“ Heute beschäftigt ihn vor allem die Frage: „Wie sollten wir leben mit dem Bewusstsein, dass der Tod zum Leben gehört?“
Um dieses Thema mehr in den Alltag zu holen, sind die Kurzgeschichten entstanden. Sie erzählen von Menschen, die gestorben sind und von den Menschen, die bleiben. Sie holen Eigenarten, gerne auch die schrullig-skurrilen, hervor, die im Leben passieren und im Sterben überdeutlich werden.
Mutter ist weg – und doch noch da
Da ist beispielsweise der Wochen-Speiseplan, den die Mutter immer auf dem Rand der abgerissenen Tageszeitung notierte: Ihre Handschrift hat in den letzten Jahren an Sorgfalt verloren, aber er kann sie immer noch gut lesen: „Mo: Pfnkuchn + Apfelbrei. Di: Kartoffelsuppe. Mi: Reste. Do: Ofenschlupfer. Fr: Bubenspitzle und Kraut. Sa: w.i. So: Besuch bei Herta.“ Und im Buch heißt es später weiter: „Jetzt ist die Mutter weg und doch noch da. Nie mehr würde jemand ihren Kartoffelsalat machen oder den Apfelkuchen. Mit ihr war auch ihr Essen aus der Welt verschwunden.“
Christof Messerschmidt ist Pfarrer. Und deshalb spricht er regelmäßig mit Hinterbliebenen über den Tod und das Leben, das davor war. Oder mit Menschen, die kurz vor dem Sterben sind. Ein kleiner Teil dieses erzählten Reichtums stecken in „Sarg und Sense“, so der Titel des 122 Seiten umfassenden Taschenbuchs. Er stelle immer wieder fest, dass die Menschen unvorbereitet auf den Tod ihrer Verwandten sind. Das Thema werde vermieden. Es liegt dem Theologen und Autor daran, Familien zum Reden zu bringen über das, was passiert, wenn ein Familienmitglied stirbt. Den Tod nicht ausklammern, auch nicht für das eigene gelebte Dasein. „Beim Sterben geht es ums Leben. Was will ich noch vom Leben?“.
Er kennt solche Geschichten: Ein Mann stirbt schon drei Wochen nach dem ersehnten Ruhestand. Das Wohnmobil für die lange geplante Europareise bleibt unbenutzt. Dieses Leben, so schön und auch so unerklärlich traurig, steckt in den rund fünf Seiten kurzen Geschichten, die aus guter, menschenfreundlicher und auch humorvoller Beobachtung entstanden sind. Und: Auch das Ungesagte steht darin.
Im Vorwort schreibt er: „Wenigstens hat mir die Begegnung mit Menschen am Ende ihres Lebens oder mit Trauernden gezeigt, wie reich das Leben sein kann – auch, wenn es endlich ist“.
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