Buchen/Hettigenbeuern. Wer das Bild betrachtet, der kann es sich nur sehr schwer vorstellen, an dieser Stelle im Sommer ein erfrischendes Bad zu nehmen. Es ist davon auszugehen, dass die Morre hier nicht immer so aussah, denn an diesem Ort, am „grundlosen Gumpen“ zwischen Buchen und Hettigenbeuern, etwa zwei Kilometer vom Ortsschild des „Götzianer-Dorfs“ entfernt, nahm früher schon so mancher Einheimische ein Bad. Viele Buchener und Hettigenbeuerer erinnern sich heute noch daran.
Kurt Henn (85 Jahre alt) aus Buchen ist einer von ihnen: „Wir sind als Jungen hierher gelaufen oder mit dem Fahrrad gefahren, um schwimmen zu gehen.“ Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg war der „grundlosen Gumpen“ quasi das inoffizielle Freibad der Buchener, denn die amerikanischen Besatzungssoldaten hatten das richtige Freibad für ihre Zwecke in Beschlag genommen und ließen zunächst einmal keine Einheimischen dort hinein. Also mussten sich die Buchener anders behelfen. Man traf sich daher am „grundlosen Gumpen“.
Mit dem "grundlosen Gumpen" kann fast jeder etwas anfangen
Egal mit wem man spricht: Irgendwie kann fast jeder alteingesessene Buchener und Hettigenbeuerer mit dem „grundlosen Gumpen“ etwas anfangen, und jeder war auch schon mal irgendwann dort – auch wenn es nur zum Ostereiersuchen war. Fast jeder kennt auch eine Geschichte oder ein Geschichtchen rund um den Gumpen; aber hinführen zum sagenumwobenen Ort an der Morre (siehe Text unten) – das kann kaum jemand. Die Erinnerungen sind meist verschwommen oder die Älteren nicht mehr so gut zu Fuß.
Doch der rüstige Kurt Henn („Ich war der das letzte Mal vor etwa 30 Jahren dort“) nimmt sich Zeit, um mit den FN den Gumpen zu finden. Zunächst stapfen wir an der Morretalstraße in Richtung Buchen entlang. Kurt Henn schaut immer wieder nach rechts in Richtung des Bachs, doch Bäume und Gestrüpp verhindern den Blick zur Morre. Der Gumpen lässt sich nicht ausmachen. Ein Gang den steilen Hang hinab durch dichte Odenwald-Wildnis? Nein, das wagen wir dann doch nicht. Wir versuchen es von der anderen Seite, laufen von der Kapelle aus unterhalb der Kreisstraße 3915 durch die Au und nähern uns so der Morre. Doch keine Spur vom „grundlosen Gumpen“. Es ist alles zugewuchert. Man kommt nicht ran an die Morre. Ein weiterer Versuch, vom Feld- und Waldweg aus, der Buchen und Hettigenbeuern verbindet, den Gumpen zu finden, scheitert auch. Kurt Henn ist enttäuscht und will es nicht wahrhaben.
Wurden in den "grundlosen Gumpen" bei Hettigenbeuern Waffen hineingeworfen?
Bei all der Sucherei bleibt aber genügend Gelegenheit, Geschichten und Geschichtchen über den „grundlosen Gumpen“ zu erzählen. So sollen junge Männer vor dem Zweiten Weltkrieg die Untiefe des Gumpens erkundet haben. Sie sollen einen Stein an einem Seil befestigt und diesen dann in die Tiefe abgelassen haben. Erst bei 47 Meter (!) sei der Stein auf Grund gestoßen. Stimmte diese Story, dann wäre das Attribut „grundlos“ mehr als angebracht. Eine weitere Erzählung besagt, dass dort ganz am Ende des Zweiten Weltkrieges Deutsche ihre Waffen hineingeworfen haben sollen, um sich ihrer Gewehre und Pistolen zu entledigen, bevor die amerikanischen Soldaten eintrafen. Später soll man nach den Waffen gebuddelt haben – hat aber keine gefunden.
Unterschiedliche Darstellungen gibt es auch darüber, ob die Stadt vor vielen Jahren dort einmal Schutt hineingekippt haben soll. Das behauptet manch Angler. Seitens der Stadt wird das nicht bestätigt. Eine Frau, die wir treffen, erzählt, dass ihnen als Kind mit einem erfundenen Hund „mit Feuer in den Augen“, der sich zwischen Kapelle und Gumpen herumtrieb, Angst gemacht wurde.
Ein roter Stickel weist den Weg zum "grundlosen Gumpen"
Im zweiten Versuch haben wir den „grundlosen Gumpen“ zusammen mit dem Ehepaar Mössinger dann wie folgt gefunden: Von der Kapelle aus liefen wir etwa 650 Meter die Straße entlang Richtung Buchen bis zu einem roten Stickel am Straßenrand. Von dort geht man den Hang hinunter, biegt nach links ab, immer den Seitenarm der Morre entlang in Richtung Buchen. Nach 300 bis 400 Metern muss man das Rinnsal überqueren. Man gelangt nun zu einem großen Feld mit mannshohem Amerikanischen Springkraut. Links davon befindet sich der Gumpen. Wenn die Niederschläge wieder etwas zunehmen und das Wasser an dieser Stelle dadurch wieder mehr und schneller fließt, dann wird auch das Grün an der Wasseroberfläche wieder verschwinden…
Bleibt die Frage: Was ist ein Gumpen? Da geht es beim Begriff schon los. Hochdeutsch heißt es nämlich „Gumpe“ und nicht wie im Süddeutschen „Gumpen“. Wikipedia erklärt: Als Gumpen werden überwiegend beckenartige Strudeltöpfe bezeichnet, die von Sturzbächen in den felsigen Untergrund eines Bachbetts erodiert werden. In Teilen Süddeutschlands werden auch Gewässermulden als Gumpen bezeichnet. Von Bergwanderern werden Gumpen gern als natürliche „Badewannen“ genutzt. Beim Stichpunkt „Sturzbäche“ sei noch angemerkt, dass der Gumpen sich in der Nähe des Taubenklingengrabens, der Wasser aus Richtung Stürzenhardt hinab in die Morre trägt, befindet. Deshalb heißt der Gumpen in Hettigenbeuern auch „Sterzter Gumpen“.
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