Morre-Serie, Folge 4

Warum die Wasserqualität der Morre in Buchen nur „mäßig“ ist

Munter plätschert die Morre durch Hettingen, Buchen und Hettigenbeuern. Der Bach ist allerdings nicht so sauber, wie er zu sein scheint. Die Stadt hat deshalb ein Fachgutachten in Auftrag gegeben. Denn das Fließgewässer soll sauberer werden.

Von 
Martin Bernhard
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Technischer Dezernent Hubert Kieser (vorn) und Abwassermeister Marc Müller am Becken der alten Kläranlage. Dieses dient als Regenüberlaufbecken. Es fasst rund 3700 Kubikmeter und damit 3,7 Millionen Liter Wasser. © Martin Bernhard

Buchen.  „Wir bezweifeln, dass das Wasser gut ist“, sagt Ute Mössinger, Vorsitzende der Ortsgruppe Buchen des „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland“ (BUND). Sie ist häufig bei Hettigenbeuern an der Morre unterwegs, setzt sich für den Amphibienschutz im Morretal ein und fotografiert Vögel im Bereich des Fließgewässers. Man sehe in dem Bach fast keine kleinen Fische mehr. Der Untergrund sei nahezu pflanzenlos, der Flutende Hahnenfuß, ein Sauerstofflieferant für den Bach, sei verschwunden. Stattdessen hätten sich in der Morre Braunalgen ausgebreitet.

Das Landratsamt lässt durch seine Sprecherin Ines Braach mitteilen: „Während die Lebensgemeinschaften der Wasserkleinlebewesen, der Fische und Aufwuchsalgen in der Morre mit ,gut’ zu bewerten sind, wird über die Wasserpflanzen ein erhöhter Nährstoffeintrag, vermutlich über Siedlungswassereinleitungen, nachgewiesen (Zustand ,mäßig’).“ Um einen guten ökologischen Zustand zu erreichen, müsse man handeln. Die Stadt Buchen, Eigentümerin der Morre auf ihrem Stadtgebiet, habe daher eine gewässerökologische Untersuchung in Auftrag gegeben, um die Ursachen einzugrenzen. Anschließend werde man Maßnahmen ergreifen, um die Wasserqualität zu verbessern.

„Die Morre ist nicht überall spitze“, bestätigt Technischer Dezernent Hubert Kieser von der Stadtverwaltung. „Woher die erhöhten stofflichen Belastungen kommen, muss man untersuchen.“ Man habe in den vergangenen Jahren festgestellt, dass aus dem Entwässerungsnetz der Kommunen bei Niederschlägen über die Regenwasserbehandlungsanlagen mehr Schmutzfracht in die Gewässer gelange als früher.

Fachgutachten beauftragt

Deshalb habe die Stadt ein Fachbüro mit einem Gewässerökologischen Gutachten beauftragt. Ingenieure suchen dabei nach Auffälligkeiten an Einleitstellen in die Morre. Das sind im Stadtgebiet vor allem die 28 Regenüberläufe und die 24 unterirdischen Regenüberlaufbecken. Diese verfügen über ein Gesamtvolumen von 15 800 Kubikmetern, was einem Fassungsvermögen von 15,8 Millionen Litern entspricht. Becken und Überläufe sorgen dafür, dass bei Starkregen nicht zuviel Wasser in die Kläranlage fließt. Nach Angaben von Abwassermeister Marc Müller kann die Kläranlage im Buchener Mühltal höchstens 208 Liter pro Sekunde aufnehmen – das entspricht rund 750 000 Liter in der Stunde. Laufen die Regenüberlaufbecken über, gelangt das durch Regenwasser stark verdünnte Abwasser in die Gewässer, unter anderem in die Morre.

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Außerdem könnten „diffuse Einleitungen bei Niederschlägen“ oder Wasser von landwirtschaftlich genutzten Flächen die Wasserqualität des Bachs beeinflussen, ergänzt Kieser. Die Kläranlage dürfte bei der Verunreinigung des Fließgewässers keine Rolle spielen, da das Wasser, das diese an die Morre abgibt, regelmäßig überprüft werde.

Wasserstandsmesser installiert

Der Technische Dezernent weist darauf hin, dass man bereits vor einigen Jahren im Zuge von Hochwasserschutzmaßnahmen an der Morre zwei Wasserstandsmesser installiert habe. Diese schicken ihre Daten automatisch an die Stadtverwaltung. Dabei interessiere besonders, wie sich Starkregen auf die Morre auswirke. Doch man müsse mindestens zehn Jahre lang messen, um fundierte Aussagen treffen zu können.

Jürgen Hallgardt, Vorstandsmitglied des BUND-Regionalverbands Heilbronn-Franken, befasst sich seit Jahren mit Gewässerschutz und Wasserqualität. Er weist darauf hin, dass die Europäische Wasserrahmenrichtlinie nicht für Gewässer zweiter Ordnung, zu der die Morre gehört, gelte. Deshalb würden auch keine Daten zur Wasserqualität solcher Bäche erhoben.

Er lobt die Stadt Buchen dafür, ein Gewässerökologisches Gutachten in Auftrag gegeben zu haben. Um dies zu erstellen, würde ein Fachingenieur die Morre alle 100 Meter begutachten und zum Beispiel ermitteln, welche Kleinlebewesen in welcher Menge vorhanden seien. So mag zum Beispiel die Köcherfliegenlarve keine chemischen Verunreinigungen. Außerdem braucht sie genügend Sauerstoff. Das Vorkommen des Fisches „Mühlkoppe“ ist ebenfalls ein Indiz für sauberes Gewässer. Das zwölf bis 16 Zentimeter lange Tier benötigt eine hohe Sauerstoffkonzentration im Wasser.

Dagegen bezeichnet Jürgen Hallgardt die Zuckmückenlarven als „Dreckbären“. Denn diese komme in sauerstoffarmen Gewässern mit viel Faulschlamm vor. Dieser verschließt kleinere Lücken im Gestein und Gehölz, in denen kleinere Tiere Unterschlupf suchen.

Damit ein Bach möglichst sauber bleibt, müssen nach den Worten von Hallgardt vor allem folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Es darf nur wenig Schmutz eingeleitet werden. Er muss gut mit Sauerstoff versorgt sein und er sollte nicht zu starker Sonneneinstrahlung ausgesetzt sein. Denn diese fördert das Algenwachstum und den Eintrag organischer Stoffe. Die Folge davon ist unter anderem, dass der Sauerstoffgehalt im Wasser abnimmt.

Hallgardt bezeichnet die Einführung der Mischkanalisation als „historischen Fehler“. Hier werden Regen- und Abwasser in einem gemeinsamen Leitungssystem entsorgt. Die in den 1980-er Jahren gebauten Regenüberlaufbecken seien häufig zu klein. Das Wasser laufe rasch über und werde in den Bach geleitet. „Man riecht es, wenn es stark geregnet hat“, sagt er. „Der Bach muss dann ein paar Tage als Kläranlage arbeiten. Anspruchsvolle Lebewesen können dann nicht überleben.“

Zuviel Fremdwasser

Hubert Kieser weiß um diese Problematik. „Wir haben zuviel Fremdwasser in der Kanalisation, zum Beispiel aus Drainagen.“ Allerdings werde die Einleitung von Wasser aus Regenwasserbehandlungsanlagen für 25 bis 30 Jahre genehmigt. Anschließend müsse man eine neue Erlaubnis einholen.

Um diese zu erhalten, werde seit einigen Jahren auch die Qualität des Gewässers berücksichtigt, in die das Überlaufwasser eingeleitet werden soll. Seit einigen Jahren ist bei der Ausweisung neuer Baugebiete nur das Trennsystem erlaubt. Regen- und Abwasser werden hierbei separat abgeleitet.

Redaktion

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