Gesundheitsversorgung

Neckar-Odenwald-Kliniken: Deshalb droht ein zweistelliges Millionen-Defezit

Obwohl die Neckar-Odenwald-Kliniken das beste Ergebnis seit zwölf Jahren erzielt haben, sieht der Blick in die Zukunft düster aus. Warum das so ist, wurde im Kreistag des Neckar-odenwald-Kreises erläutert.

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Michael Fürst
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Dunkle Wolken ziehen nicht nur über dem Standort Buchen auf: Den Neckar-Odenwald-Kliniken droht 2024 ein massives Minus. © Michael Fürst

Buchen.. Auch wenn es der erste Blick auf die Zahlen nicht zeigt: Die Neckar-Odenwald-Kliniken bereiten Sorge. Bei der Sitzung des Kreistags wurden die Zahlen vorgestellt und darüber gesprochen. Die Aussichten sind düster.

Buchen/Neckar-Odenwald-Kreis. So ein wenig war man an einen alten Seefahrer-Film erinnert, als man am Mittwochnachmittag der Kreistagssitzung des Neckar-Odenwald-Kreises in der Buchener Stadthalle beiwohnte. Die Kreistags-Crew war am Abend vor dem Auslaufen noch gut gelaunt und voller Freude – wohlwissend, dass bei der Fahrt aufs Meer hinaus Ungemach droht. Konkret: Als Frank Hehn, zusammen mit Harald Löffler Geschäftsführer der Neckar-Odenwald-Kliniken, die Zahlen für den Jahresabschluss 2023 vorstelle, wurde deutlich: Statt des kalkulierten Fünf-Millionen-Euro-Defizits haben die Kliniken an den Standorten Buchen und Mosbach „nur“ 2,7 Millionen Euro Miese gemacht. Es ist das beste Ergebnis seit zwölf Jahren. „Eigentlich müsste man die Sektkorken knallen lassen“, sagte Rainer Houck, Obmann der CDU-Fraktion für die Kliniken.

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Doch der Applaus nach Hehns Vortrag war verhalten. Nein, nicht weil er inhaltlich nicht überzeugte, sondern weil der Geschäftsführer zwei große Schlucken Wasser in den Wein der Freude goss. Schluck eins: „Die Zahlen spiegeln nicht die tatsächliche wirtschaftliche Situation der Kliniken wider.“ Dem ist so, weil dieses Ergebnis nur deshalb besser als erwartet ist, weil man sich über einmalige Ausgleichszahlungen von Bund und Land freuen durfte. Schluck zwei: Das Defizit für 2024 wird zwischen 12 und 13 Millionen Euro erwartet. Rumms. Die See des Gesundheitswesens ist rau, sehr rau. Und der große Brecher türmt sich wahrscheinlich schon auf: Die Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Vor ihr fürchten sich die Verantwortlichen für die Kliniken – nicht nur im hieisgien Kreis.

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Allen voran der Kapitän der Kreistags-Crew: Landrat Dr. Achim Brötel. Er schaute beim Vortrag von Frank Hehn zwischenzeitlich sehr ernst – und das freilich nicht, weil er die Zahlen zum ersten Mal hörte, sondern weil auch er momentan kaum einen Ausweg sieht, wie er das Schiff der Neckar-Odenwald-Kliniken sicher durch die sich auftürmenden Wellen steuern soll. Da er aber erst einmal artikulierte, dass man mit dem Ergebnis 2023 sehr zufrieden sein könne, stimmten auch alle Fraktionen dem Jahresabschluss ohne Wenn und Aber zu.

Alle Stellungnahmen aus den Kreistags-Fraktionen von Rainer Houck (CDU), Volker Rohm (Freie Wähler), Dr. Valentin Hoß (SPD), Simone Heitz (Bündnis 90/Die Grünen), Tobias Eckert (AfD) und Achim Walter (FDP) waren dann übereinstimmend von der Sorge getragen, die medizinische Versorgung im Ländlichen Raum – wie es der Neckar-Odenwald-Kreis eben ist – weiter in diesem Umfang aufrecht erhalten zu können.

Mahnung an die Bürger

In diesem Zusammenhang mahnte Rainer Houck aber auch an: „Den Mitbürgerinnen und Mitbürgern müssen wir weiter ganz deutlich sagen: Wenn sie weiterhin eine gute, qualifizierte stationäre Versorgung vor Ort genießen wollen, müssen sie diese auch in deren Leistungsumfang bei Bedarf nutzen.“

Interessant war es aber auch zu hören, welche Ideen in dem Raum gestellt wurden, um das „Schiff Kliniken“ vor dem Kentern zu bewahren. Hier schlugen konkret SPD und Grüne „lokale Lösungen“ vor. „Stetige Weckrufe nach umfangreichen Reformen und mehr Geld von Bund und Land sind richtig und wichtig“, sagte Dr. Hoß und fügte an: „Wir brauchen meines Erachtens auch einen Plan B und dazu gehört, dass wir auch auf lokaler Ebene aktiv werden, um eine langfristige Stabilisierung zu erreichen.“ Dies will er unter anderem mit besserer Betten-Belegung, Optimierung des Verwaltungsbereichs, vermehrter Ambulantisierung und einer besseren Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten erreichen.

Simone Heitz zielte mit ihrem Vorschlag konkret auf die Tatsache ab, dass die Standorte in Buchen und Mosbach nie komplett ausgelastet seien: „Es bleiben hohe Fixkosten bei zum Teil sogar geschlossenen Abteilungen. Hier stellt sich die Frage, ob wir nicht weitere Medizindienstleistungen Dritter mit in unsere Standorte integrieren können, die uns dabei helfen, die Attraktivität der Kliniken für die Nutzenden zu steigern und die Fixkosten gemeinschaftlich zu tragen.“

Und offensichtlich fühlte sich Simone Hirtz an jenem Nachmittag tatsächlich als Seefahrerin, weil sie abschließend sagte: „Im Moment können wir uns gerade noch über Wasser halten.“ Doch lange ginge das nicht mehr gut. . .

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Kreistag in Kürze



Gute Wünsche: Die Vorsitzenden aller im Kreistag vertretenen Fraktionen traten zu Beginn der Kreistagssitzung am Mittwoch in Buchen hervor und beglückwünschten Landrat Dr. Achim Brötel zu dessen Wahl zum Präsidenten des Deutschen Landkreistags (wir berichteten). „Es ist im Interesse aller Landkreise, dass du uns gut vertrittst. Viel Erfolg dabei“, sagte Dr. Norbert Rippberger und überreichte einen kleinen Geschenkkorb mit „stärkenden Nahrungsmitteln“. Brötel antwortete gewitzt: „Ich bis jetzt 22 Tage im Amt, und es macht immer noch Spaß.“

Gut gearbeitet: Wilfried Weißbrot war 18 Jahre lang Personalratsvorsitzender im Landratsamt. Nun ist er im Ruhestand. „Sie waren nicht immer ein pflegeleichter, aber immer ein fairer Verhandlungspartner. Sie waren ein Kämpfer für Ihre Kollegen und haben immer Verantwortung übernommen“, lobte Landrat Brötel.

Gutes Ergebnis: Einstimmig verabschiedet wurde auch der Jahresabschluss der Dienstleistungsgesellschaft des Neckar-Odenwald-Kreises (Digeno). Sie hat einen Jahresüberschuss von 63 500 Euro erwirtschaftet. Die „Digeno“ qualifiziert Menschen, um sie besser an den Arbeitsmarkt heranführen zu können. mf

Ressortleitung Reporterchef und Leiter der Sportredaktion

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