Einige Verhandlungen am Landgericht

Kinderpornografie: Das geht durch alle sozialen Schichten

Die Fälle in den Regionen Odenwald und Tauber haben zugenommen. Der in den USA Inhaftierte aus dem Neckar-Odenwald-Kreis hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe offensichtlich eingeräumt

Von 
Michael Fürst
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13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ermittlungsgruppe „Hydra“ haben sich dem Kampf gegen Kinder- und Jugendpornografie verschrieben. Auch in den Regionen Odenwald und Tauber haben die Fälle weiter zugenommen. © imago

Odenwald-Tauber.. Das Landgericht in Mosbach muss immer mehr Fälle verhandeln, in denen Menschen aus den Regionen Odenwald und Tauber Handel und Verbreitung kinderpornografischen Materials zur Last gelegt wird.

Es war der Montag, 3. April, als am Landgericht Mosbach gleich zwei Verhandlungen gegen Männer „aus dem Raum Adelsheim/Osterburken“ stattfanden, die angeklagt waren, kinderpornografisches Bild- und Videomaterial besessen und verbreitet zu haben. Bedenkt man nun noch, dass ein weiterer Mann aus dem Neckar-Odenwald-Kreis wegen des gleichen Deliktes in den USA in Haft sitzt (wir berichteten mehrfach), dann könnte man vorschnell zu dem Schluss kommen, dass sich in der Gegend so eine Art „Hotspot“ gebildet hat, was den Besitz und die Weitergabe von kinderpornografischem Material betrifft. Weitere Ermittlungserfolge in dieser Region scheinen diese These zu bestätigen

„Nein, dem ist nicht so“, sagt Michael Kraft. Der Kriminaldirektor ist Leiter der Kriminalinspektion 1 beim Polizeipräsidium Heilbronn, in dessen Verantwortungsbereich die 2021 eingerichtete Ermittlungsgruppe „Hydra“ fällt. Seit gut zwei Jahren hat sie den Kampf gegen Kinder- und Jugendpornografie aufgenommen und ist dabei auch zuständig für den Neckar-Odenwald- und Main-Tauber-Kreis. „Es gab zuletzt tatsächlich eine Kumulierung von verhandelnden Fällen am Landgericht, Mosbach“, so Kraft weiter; deshalb allerdings von einem Hotspot im Bereich „Odenwald-Tauber“ zu sprechen, sei unangebracht.

50 und 47 Fälle

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Aber auch in den beiden nördlichsten Kreisen von Baden-Württemberg sind die ermittelnden Fälle in besagtem Segment stets gestiegen. Im Neckar-Odenwald-Kreis wurden im vergangenen Jahr 50, im Main-Tauber-Kreis 47 Fälle illegalen Besitzes und Verbreitens kinderpornografischen Materials ermittelt. Im gesamten Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Heilbronn, zu dem noch der Hohenlohekreis (37 Fälle) sowie der Stadt- (40) und Landkreis Heilbronn (110) gehören, waren es 284. „Die Zahlen stehen damit im Verhältnis zur Bevölkerungsdichte“, erklärt Michael Kraft.

Aber warum sinkt die Hemmschwelle der Menschen offensichtlich immer weiter? Warum wird die Lust nach sexueller Gewalt und Perversion immer größer? Warum steigen die Kinderporno-Fälle seit Jahren dauernd an? Die Motive seien, so Kraft, äußerst vielfältig. Unter anderem sei die Befriedigung der Täter auf krankhafte Störungen zurückzuführen. Ganz banal ließen sich die steigenden Zahlen auch durch den immer leichteren Zugang zum Internet erklären. Dazu würden die Verbindungen stets schneller und Speichermedien immer günstiger. „Ein Jugend- und Kinderschutz im Internet existiert nicht. Kinder sind vielem schutzlos ausgeliefert“, sagt der Kriminaldirektor. Deshalb sei es im Elternhaus, aber auch in der Schule elementar, die Medienkompetenz der Kinder zu schärfen. Geschehe das nicht, würden Täter diese Inkompetenz gnadenlos ausnutzen. Kontakt zu ahnungslosen Kindern sei im Internet problemlos herzustellen.

Höchste Priorität bei den Ermittlungen habe die Suche nach den Tätern, die tatsächlich solch kinderpornografisches Material selbst herstellen. Erschwerend wirkt sich hierbei aus, dass es kein klares Täterprofil gebe, so Kraft. Menschen, die kinderpornografische Verbrechen verübten, fände man in allen sozialen Schichten und in allen Altersklassen der Gesellschaft. Der jüngste überführte Straftäter im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Heilbronn war gerade einmal fünf Jahre alt, der älteste 78. Überwiegend seien es aber männliche Täter.

Seit neuestem nutzen die „Hydra“-Mitarbeiter auch künstliche Intelligenz (KI) zur Auswertung von Bildern. Kraft erklärt, warum: „Wenn man sich heute ein beschlagnahmtes elektronisches Speichermedium, wie Handy, Tablet oder Laptop, anschaut, dann findet man da nicht nur kinderpornografische Daten, sondern unter Umständen auch tausende Urlaubsbilder. Die KI hilft uns dabei, die Alltagsbilder auszusortieren. Das funktioniert schon sehr gut. Die KI lernt, wird dadurch immer besser und die Fehlerquote ist sehr gering.“ Seit dem Start von „Hydra“ gehören der Ermittlungsgruppe 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (siehe nebenstehenden Artikel) an. Derzeit wird geprüft, ob diese Anzahl nicht erhöht werden muss.

An Kindern vergangen?

Im Falle des in den USA in Haft sitzenden Familienvaters aus dem Neckar-Odenwald-Kreis gibt es Neuigkeiten: „Nach unserem Kenntnisstand endet seine Haft im Oktober“, informierte Florian Sommer, Erster Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Mosbach, die FN auf Nachfrage. Er wird dann nach Deutschland überführt. Da für ihn ein internationaler Haftbefehl gilt, klicken bei der Einreise nach Deutschland die Handschellen, und dann werde es auch hier sehr wahrscheinlich zu einer Anklage kommen, so Sommer, der weiter sagt: „Der Mann hat alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe eingeräumt.“ Damit hat er offensichtlich auch zugegeben, dass er nicht nur kinderpornografisches Bild- und Videomaterial besaß, sondern sich zudem auch an Kindern vergangen hat – so lauteten nämlich die jüngsten Vorwürfe gegen ihn. Entsprechendes Material wird derzeit von der Ermittlungsgruppe „Hydra“ ausgewertet. Michael Kraft äußert sich dazu allerdings nicht: „Laufendes Verfahren“, führt er als Begründung an.

Ressortleitung Reporterchef und Leiter der Sportredaktion

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