Vierter Verhandlungstag am Landgericht

Verurteilter Reichsbürger erneut vor Gericht: Das sagt Ingo K. zu den Waffenfunden

Im Prozess gegen fünf Angeklagte aus Boxberg-Bobstadt äußert sich jetzt auch Ingo K.. Gehörten alle Waffen ihm?

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Simon Retzbach
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Ingo K. auf dem Weg zu seinem eigenen Prozess vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. Im Prozess gegen seine Vermieterfamilie sagte er nun aus - ebenfalls schwer bewacht. © picture alliance/dpa

Bobstadt/Mosbach. Um 12.10 Uhr ist es soweit. Man hört das Rasseln der schweren Fußfesseln schon, bevor Ingo K. den Sitzungssaal 6 des Landgerichts Mosbach betritt. Begleitet wird er von vier schwerbewaffneten Wachtmeistern, die ihn an der eng gefassten Handfessel zum Zeugenstand führen.

Sie lassen den Mann, der wegen mehrfachen versuchten Mordes in Haft sitzt, keinen Moment aus den Augen. Doch auch das Publikum, zuvor bereits am Einlass gründlich von Wachtmeistern durchsucht, behalten die vier Männer genau im Blick. Höchste Sicherheitsstufe und besondere Umstände für ein Gericht, das eigentlich routinemäßig mit Schwerverbrechern zu tun hat.

Umso unspektakulärer wirkt dagegen die Aussage des Reichsbürgers, der früher auf dem Anwesen der Familie A. wohnte. Mit leiser Stimme und oft einsilbig antwortet er auf Fragen. Die demonstrative Nüchternheit wirkt fast wie Langeweile.

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Wo er die Waffen gelagert habe, will Richterin Barbara Scheuble wissen. Denn in den vorherigen Verhandlungstagen hatte insbesondere der Anwalt des angeklagten Familienvaters immer wieder aufgebracht, auch die zweite Waffenkammer und weitere Waffen seien eigentlich Ingo K. zuzuordnen. Doch Ingo K. widerspricht dem: „Ich habe die Waffen bei mir in der Wohnung aufbewahrt.“ Ob es noch einen anderen Aufbewahrungsort gegeben habe? „Ne“, kommt es da kurz und knapp zurück. Er kannte die zweite Waffenkammer zwar, habe dort aber selbst keine Schusswaffen eingelagert.

Auch in dem Büro, wo eine Pistole in einer Schreibtischschublade gefunden wurde, will er nie alleine gewesen sein. Von einer quasi gleichberechtigten Mitbenutzung des Raums auch durch ihn, wie von Rechtsanwalt Meisenbach vorgebracht, kann demnach keine Rede sein. Bezeichnenderweise stellt besagter Anwalt keine Fragen an Ingo K., auch sein Mandant nimmt das ganze äußerlich ungerührt zur Kenntnis.

Aussage des Reichsbürger mit gewissen Widersprüchen

So richtig plausibel wirkt die Aussage des verurteilten Reichsbürgers nicht. So gibt er einerseits an, „keine Kenntnisse“ über den Umgang mit Waffen durch die angeklagte Familie zu haben. Andererseits habe man ihm die zweite Waffenkammer einmal gezeigt, sodass er demnach zumindest von Waffenbesitz durch die Familie Kenntnis gehabt haben muss. Auch daran, ob vielleicht ein Sohn der Familie am Tag des großen Polizeieinsatzes im April 2022 ebenfalls auf Polizisten geschossen haben könnte, will sich der Reichsbürger nicht erinnern können.

Er bestätigt allerdings auf Nachfrage des Gerichts die Feststellungen des Oberlandesgerichts Stuttgart zu den Waffenzuordnungen. Bedeutet konkret: Die Waffen, die ihm das Gericht damals zuschrieb, sind auch seine gewesen. Andere nicht. Letztlich ein klarer Widerspruch zu den Angaben, die der angeklagte Familienvater über seinen Anwalt vorbrachte.

Befragt zur politischen Gesinnung der Familie wird er wieder einsilbig. „Da weiß ich zu wenig drüber“, hält er seine Antwort kurz. Doch der Staatsanwalt lässt nicht locker, hakt weiter nach und verweist auf die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage. „Die haben ihre eigenen Ansichten“, schiebt er dann zögerlich hinterher. Sie seien eben „nicht mit allem einverstanden“ und kritisch gewesen, aber von möglicherweise rechtsextremen Tendenzen will er nichts mitbekommen haben.

Ermittler berichtet von eindeutigen Bildern

Auch eine Abschottung der Familie gab es Ingo K. zufolge nicht, der Zaun um das Anwesen sei lediglich wegen der Hunde angebracht worden. Als „freundschaftlich, aber distanziert“ beschreibt er das Verhältnis zu der Familie, mit der er auf dem Selbstversorgerhof lebte und mit der er gemeinsam Arbeiten dort ausführte.

Mehr zur politischen Gesinnung weiß ein Ermittler. Er berichtet von Bildern, die einen Sohn der Familie (dem auch der Kriegswaffenbesitz vorgeworfen wird) unter anderem beim Posieren mit der NSDAP-Flagge oder beim Wandern mit der „Jungen Revolution“, einer rechtsextremen Gruppierung mit Verbindung zu den Jungen Nationalisten, die wiederum der rechtsextremen Partei „Die Heimat“ (früher NPD) zugeordnet werden. Auch sei dieser bereits drei Mal wegen Körperverletzung verurteilt worden.

Mit der Aussage von Ingo K. ist die Beweisaufnahme weitgehend abgeschlossen. Plädoyers und ein Urteil sind für Freitag, 8. August, zu erwarten.

Redaktion

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