Landgericht Mosbach

Boxberg: Waffensammler müssen auch nach Prozessauftakt in Haft bleiben

Ausnahmesituation am Landgericht Mosbach: Unter besonderen Bedingungen startete der Prozess gegen fünf Angeklagte aus Boxberg.

Von 
Simon Retzbach
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Unter Leitung von Dr. Barbara Scheuble (Dritte von rechts) begann am Montag der Strafprozess gegen fünf Angeklagte aus Bobstadt. Ihnen wird unter anderem verbotener Waffenbesitz vorgeworfen. © Retzbach

Boxberg-Bobstadt. „Die werden da vorgeführt wie die Schwerverbrecher“, beklagte sich eine Zuschauerin, als am Montagmorgen die fünf Angeklagten in den Saal gebracht werden. Und tatsächlich konnte man dem Eindruck nicht gänzlich widersprechen. Von zahlreichen Wachtmeistern wurden die Angeklagten mit Fußfesseln zur Anklagebank gebracht, zugleich noch am Arm geführt. Auch während des Prozesses ließen die Wachtmeister sie nicht aus den Augen. Selbst eine kurze Begrüßung durch Angehörige im Zuschauerraum unterbanden sie sofort.

Was allerdings auch zur Wahrheit gehört: Dass die fünf Angeklagten, drei Männer und zwei Frauen, derart aufwendig aus der Untersuchungshaft in den Gerichtssaal gebracht werden mussten, haben sie sich selbst zu verdanken. Denn anfangs war der Sachverhalt keine Haftsache, die Gruppe hätte also selbst zum Gericht kommen können. Das tat sie Anfang Mai allerdings nicht. Die Erste Große Strafkammer unter Leitung von Dr. Barbara Scheuble musste damals unverrichteter Dinge wieder unterbrechen. Es gebe nun allerdings Möglichkeiten, ein Erscheinen der Angeklagten zu einem neuen Termin sicherzustellen, erklärte Pressesprecherin Katja Heim damals.

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Wie diese „Möglichkeiten“ genau aussahen, erfuhr die Öffentlichkeit erst vor Kurzem. Mit rund 100 Einsatzkräften vollstreckte die Polizei Anfang Juli einen zwischenzeitlich ausgestellten Haftbefehl gegen die Angeklagten, die dann in Untersuchungshaft auf Prozessbeginn warten mussten.

Nun also der Beginn des Prozesses. Der Gruppe wird vorgeworfen, auf ihrem Anwesen in Bobstadt unerlaubt „teilweise einzeln, teilweise zu mehreren [...] die Gewalt über erlaubnispflichtige Waffen und Munition ausgeübt“ zu haben. Acht Schusswaffen, zwei sogenannte Würgehölzer und knapp 8.000 Schuss Munition ordnen die Ermittler den Angeklagten zu. Gefunden wurden diese im Rahmen der großen Durchsuchung des Anwesens im April 2022, als Ingo K. die Schüsse auf Polizisten abgab. Den nun Angeklagten gehört das Anwesen, auf dem Reichsbürger Ingo K. bis zu seiner Verhaftung gewohnt hatte. Zusätzlich zu den Waffenfunden fanden die Sicherheitskräfte auch eine Cannabisplantage mit 38 Pflanzen, sodass auch ein Betäubungsmitteldelikt im Raum steht.

Immer wieder gab es Momente, die die Schwere der Vorwürfe vergessen ließ

Eine der gefundenen Schusswaffen, „eine Langwaffe mit Laserzielaufsatz“, fällt sogar unter das Kriegswaffenkontrollgesetz. Der Strafrahmen ist hier höher als beim ‚normalen‘ unerlaubten Waffenbesitz. In der Auftaktsitzung machten die Angeklagten zu den Tatvorwürfen selbst keine Angaben, äußerten sich lediglich zu Personalien. Seit 2018 lebten sie gemeinsam als Selbstversorger auf einem Hof in Boxberg-Bobstadt, den sie von den Eltern eines Angeklagten übernommen hatten. Später zog auch Ingo K. auf dieses Anwesen und unterstützte die Familie bei den täglichen Arbeiten.

Immer wieder hatte die Sitzung auch Momente, die einen fast vergessen ließen, dass es sich um durchaus schwere Vorwürfe gegen die Angeklagten handelt. Als einer der Angeklagten erzählte, dass er kürzlich Vater geworden sei, während er wegen besagtem Haftbefehl hinter Gittern saß, ließ es sich Scheuble nicht nehmen, ihm zu gratulieren. Auf die Frage der Staatsanwaltschaft, ob einer der Angeklagten ein Drogenproblem habe, verneinte dieser. Um dann auf entsprechende Nachfrage zu äußern, dass er Marihuana gegen chronische Schmerzen nehme. „Das ist das, was der Staatsanwalt mit einem Drogenproblem meinte“, erklärte die Richterin. „Ich finde nicht, dass das ein Problem ist“, gab der Mittzwanziger trocken zurück. Da konnte sich selbst die Vizepräsidentin des Landgerichts ein Lächeln nicht verkneifen.

Doch direkt danach wurde es wieder ernst. Rechtsanwalt Werner Meisenbach beantragte, den Haftbefehl seines Mandanten aufzuheben, sodass dieser aus der Untersuchungshaft freikomme. Nach rekordverdächtig kurzer Beratung lehnte die Kammer den Antrag ab. Der Haftbefehl bleibe in Vollzug. So ist nach Ansicht des Gerichts sichergestellt, dass die Angeklagten auch zur Fortsetzung am Donnerstag, 31. Juli, wieder vor Gericht erscheinen.

Redaktion

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