Odenwald-Tauber. Die Bürgerinitiative „Frankenbahn für alle“ wird an diesem Montagmittag in Stuttgart mehr als 5000 Unterschriften an Verkehrsminister Winfried Herrmann übergeben. Damit will sie die Forderung mit Nachdruck unterstreichen, dass der Stundentakt auf dem Abschnitt zwischen Osterburken und Lauda von einem Probe- in einen Dauerbetrieb überführt wird. Bei einem Treffen mit Landtagsvizepräsident Dr. Wolfgang Reinhart sagte dieser der BI – Manfred Silberzahn, Roland Englert, Dr. Dieter Thomas, Dietmar Hofmann, Volker Weber und Herbert Sohns – seine vollste Unterstützung in deren Bestreben zu und versprach, Herrmann in einem Schreiben nochmals an das zu erinnern, was im Koalitionsvertrag zur Mobilitätswende steht. Er wolle ihm klarmachen, dass sich der Verkehrsminister daran zu halten habe.
Bedeutung hervorgehoben
Im Gespräch mit den BI-Vertretern kritisierte Reinhart, dass der Verkehrsminister seiner Verantwortung scheinbar nicht gerecht werde, die Entscheidung über die Zukunft des Frankenbahn-Abschnitts auf die lange Bank schiebe und sich nicht darüber im Klaren zu sein scheint, welche Bedeutung eine infrastrukturell gute ausgebaute Bahnstrecke für einen funktionierenden ÖPNV auf dem ländlichen Raum habe.
„In dieser Hinsicht ziehen die beiden Landkreise, die BI und ich an einem Strang“, so der Abgeordnete, der mehrfach betonte, dass er sich dafür mit Nachdruck einsetze, die Kuh ein für alle Mal vom Eis zu holen.
Wolfgang Reinhart unterstützt den Wunsch der BI sowie zahlreicher potenzieller Bahnkunden entlang der Strecke mit einem Schreiben an Minister Winfried Herrmann, das er noch vor Übergabe der über 5000 Unterschriften per Mail erhalten werde.
„Seit Dezember 2019 wird auf der Linie der Frankenbahn zwischen Lauda und Osterburken mit Unterstützung des Ministeriums ein Regionalbahn-Probebetrieb im Stundentakt durchgeführt. Die Verstetigung des Stundentaktes ist sämtlichen Kommunen im Umkreis der Bahntrasse, den beiden Landkreisen sowie auch mir als Abgeordneter des Wahlkreises Main-Tauber ein sehr wichtiges Anliegen“, heißt es in dem Schreiben, das den Fränkischen Nachrichten vorliegt. „Die gesamte Probephase wurde durch massive Unterstützungs- und Werbemaßnahmen der beiden Landkreise sowie der Bürgerinitiative ,Frankenbahn für alle’ flankiert, auch vor dem Hintergrund, dass 500 Fahrgäste pro Streckenkilometer je Fahrtag erreicht werden müssen.“
Er sei überzeugt, so der Landtagsvize, dass wirtschaftliche Vorgaben hinsichtlich der Personenkilometer nicht nur erreicht würden, sondern auch übertroffen werden könnten, wenn die Betriebsqualität weiter gesteigert werde. „Neben den Auswirkungen der Pandemie sind hier auch zahlreiche Zugausfälle, Verspätungen und Schienenersatzverkehre als Ursachen zu nennen, unter denen die Verlässlichkeit des Stundentaktes bislang litt und was damit zwangsläufig höhere Fahrgastzahlen bisher erschwerte.“ Ferner bleibe momentan auch aus infrastrukturellen Gründen noch ganz erhebliches Fahrgastpotenzial sprichwörtlich „auf der Strecke liegen“, etwa mit Blick auf Königshofen und den über 2500 Einwohnern, für die derzeit kein Einstieg in beide Fahrtrichtungen möglich sei. Obwohl Züge dort verkehrten, könnten diese zur Zeit nicht optimal ausgelastet werden.
Schließlich sei der Probebetrieb auch stark beeinträchtigt durch personalbedingte Engpässe, besonders bei den Lokführern, sowie durch infrastrukturelle Defizite – nicht nur an der Frankenbahn selbst, sondern auch im Bereich des Zuleitungsverkehrs zum Bahnknoten Lauda entlang der Westfrankenbahn in Richtung Wertheim/Aschaffenburg und Bad Mergentheim/Crailsheim. „Dass trotz alledem der Stundentakt vergleichsweise gut genutzt wird und das Ziel der 500 Personenkilometer pro Fahrtag in Reichweite ist, belegt ein sehr positives Interesse der Bevölkerung im ländlichen Raum an umweltfreundlichen Mobilitätsangeboten im Schienenpersonennahverkehr“, ist dem Brief weiter zu entnehmen.
Er, Wolfgang Reinhart, sei der festen Überzeugung, dass bereits die bloße Verstetigung des Stundentakts noch weiteres Fahrgastpotenzial mit sich bringen würde. Denn so lange „nur“ ein Probetrieb angeboten werde, könnten die Pendler im ländlichen Raum gerade nicht dauerhaft auf ihr Auto verzichten. Das vor wenigen Tagen gestartete Jugendticket BW sowie das im Mai an den Start gehende 49-Euro-Ticket des Bundes würden die Fahrgastzahlen sicherlich noch weiter erhöhen – die Erfahrungen des 9-Euro-Tickets aus dem letzten Jahr hätten hier bereits einen positiven Vorgeschmack gegeben. „Hinzu kommt, dass der ländliche Raum derzeit – bedingt durch den Miet- und Immobilienmarkt in den Ballungszentren sowie durch die Veränderungen in der nun viel flexibleren neuen Arbeitswelt der postpandemischen Zeit – gerade einen Zuzug und Attraktivitätszuwachs erfährt, wie es ihn seit Jahrzehnten nicht mehr gab.“
Schließlich erfordere es auch „der Geist unseres gemeinsamen Koalitionsvertrags, sowohl mit Blick auf die Klimaziele als auch im Besonderen mit Blick auf die vereinbarte Mobilitätswende, jetzt nicht auf halber Strecke stehenzubleiben“, sondern diese positive Entwicklung, die vor allem erst nach Wegfall der meisten Pandemiebeschränkungen eingesetzt hat, fortzuführen.
Dringender Appell
„Vor diesem Hintergrund möchte ich dafür werben und an Sie dringend appellieren, diesen gemeinsamen Weg des Landes mit den Landkreisen nunmehr weiterzugehen. Ich plädiere daher dafür, nun zuvorderst die Weichen für eine Verstetigung des Stundentaktes zu stellen, um vom ungewissen Schwebezustand hin zum Sicherheitszustand zu gelangen. Sicherlich wird im Schulterschluss mit den Kreisen eine zukunftsgerichtete Lösung gefunden werden“, zeigt sich der Abgeordnete abschließend überzeugt.
Für die Mitglieder der BI war dieser Austausch direkt vor der Unterschriftenübergabe ein Mutmacher, wie sie alle bekundeten, obwohl ihr Optimismus nach den jüngsten Aussagen von Deutscher Bahn und Land arg ramponiert worden sei. Alle hoffen jetzt auf eine schnelle Entscheidung hin zu endgültiger Rechtssicherheit, auch vor dem Hintergrund, dass die Zugbestellungen für das kommende Jahr in den nächsten acht bis zehn Wochen voraussichtlich erfolge.
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